Grund ist eine schwächere Pkw-Nachfrage auf dem Heimatmarkt Japan und in Südostasien, wo Toyota ebenfalls besonders stark ist. Das Londoner Analysehaus Evercore ISI schätzt, dass VW seinen Absatz 2015 um fünf Prozent steigern wird. "Damit dürfte das Rennen schon im Januar zugunsten von Volkswagen entschieden sein", sagte Frank Schwope, Autoanalyst der NordLB.

VW selbst kündigte am Mittwoch noch kein Verkaufsziel für 2015 an. "Für uns gilt nach wie vor die Strategie 2018", sagte ein Sprecher. Genauere Angaben zum laufenden Jahr werde das Management um Vorstandschef Martin Winterkorn Mitte März bei der Präsentation der Bilanz für 2014 machen. Im vergangenen Jahr hatte der Wolfsburger Konzern mit Pkw-Marken wie VW, Audi, Skoda, und Seat und den beiden Lkw-Töchtern MAN und Scania rund um den Globus erstmals mehr als zehn Millionen Fahrzeuge verkauft. Damit knackte Volkswagen die Zehn-Millionen-Marke vier Jahre früher als ursprünglich geplant. Mit 10,14 Millionen Einheiten blieb allerdings noch ein Abstand zum Klassenprimus aus Japan, der auf 10,23 Millionen Wagen kam. Für 2015 rechnet Toyota-Chef Akio Toyoda mit 10,15 Millionen Einheiten. Einen Verkaufsrückgang hat Toyota schon seit einigen Jahren nicht mehr angekündigt.

Schwope hält dies allerdings für eine konservative Schätzung der Japaner. Er geht von einem Anstieg auf 10,3 Millionen Fahrzeuge aus und erwartet damit ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit General Motors um Platz zwei der Branche. Die Opel-Mutter kam zuletzt auf 9,9 Millionen Fahrzeuge. Volkswagen dürfte den Absatz in diesem Jahr auf 10,5 Millionen steigern, schätzt Schwope. Arndt Ellinghorst von Evercore ISI hält sogar 10,65 Millionen für möglich.

Den nötigen Schub für die Fahrt an die Weltmarktspitze hat VW nach Überzeugung von Analysten dank seiner Stärke in China. Dagegen ist Toyota in den USA präsenter. Um dort endlich aus der Nischenrolle herauszukommen, haben die Niedersachsen zahlreiche neue Modelle angekündigt, darunter mehrere sportliche Geländewagen. Allerdings kommen diese Fahrzeuge erst in einigen Jahren auf den Markt. Die Entscheidung im Rennen um die Pole-Position 2015 dürfte daher in China fallen, wo Volkswagen ein Drittel seiner Fahrzeuge ausliefert. Selbst wenn die Pkw-Nachfrage dort nur einstellig wachsen sollte, dürfte VW weltweit an Toyota vorbeiziehen.

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2016 WERDEN DIE KARTEN NEU GEMISCHT

Schon im nächsten Jahr könnten die Karten allerdings neu gemischt werden. Die Rangfolge an der Weltmarktspitze könnte sich wieder ändern, wenn die Pkw-Nachfrage in China schwächer ausfällt, als erwartet. VW-Chef Winterkorn hatte unlängst zudem auf die vielen Krisenherde in der Welt hingewiesen, die eine längerfristige Planung schwerer machten.

Deshalb rückt die Rangfolge an der Weltmarktspitze als alleiniger Maßstab für den Erfolg der Autokonzerne immer mehr in den Hintergrund. Toyota hat Pläne für den Neubau von Fabriken bereits zurückgestellt und legt schon länger mehr Gewicht auf Profitabilität. Dabei seien die Japaner VW "um Lichtjahre" voraus, sagt Ellinghorst. Während Toyota zehn Prozent operative Rendite liefere, komme VW gerade mal auf sechs Prozent. Winterkorn hat das erkannt. Er hat deshalb ein milliardenschweres Sparprogramm aufgelegt. Allerdings ist das nicht die einzige Baustelle von Volkwagen: Während Toyota sein Modellangebot bereits weitgehend auf Elektro- und Hybridantriebe umgestellt habe, stehe VW dies erst bevor, hebt Ellinghorst hervor. Das eigentliche Rennen sei also noch gar nicht entschieden, meinen viele Experten.

Reuters