"Schätzungen, die von 18 Milliarden plus vier Milliarden ausgehen, sind zu hoch gegriffen", sagte eine mit der Sache vertraute Person gegenüber Reuters. Der Vergleich soll am Mittwoch (19.30 MEZ) in Washington bekannt gegeben, wie die US-Umweltbehörde EPA mitteilte. In Wolfsburg tagte zuvor der

Volkswagen-Aufsichtsrat, um die Vereinbarung mit dem US-Justizministerium und dem Zoll abzusegnen.

Volkswagen kommt damit in der finanziellen Bewältigung des Abgasskandals einen großen Schritt weiter, kann aber längst noch keinen Schlussstrich ziehen. Ingo Speich, Fondsmanager von Union Investment, sprach von einem Etappensieg: "VW ist auf keinen Fall komplett durch. Es bestehen noch immer erhebliche Rechtsrisiken, es gibt noch zahlreiche Klagen, die offen sind."

VW-AKTIE ERNEUT GEFRAGT



Dennoch sorgte die von VW angekündigte Einigung in den USA an der Börse für Erleichterung. Die VW-Aktie lag mehr als vier Prozent im Plus und war damit der größte Gewinner im Leitindex Dax.

Die gesamten Rückstellungen seit 2015 dürften eher unter 20 Milliarden liegen, erklärte der Insider. Von den 18,2 Milliarden Euro Rücklagen wurden 16,2 Milliarden Euro schon 2015 in der Bilanz verbucht. Diese Summe sei bisher nicht ausgeschöpft worden. "Wir rechnen mit einer Summe von 16 plus X. Das X dürfte bei zwei bis vier Milliarden Euro liegen", ergänzte er. Volkswagen wollte dazu keinen Kommentar abgeben.

PK DER US-JUSTIZMINISTERIN ANGEKÜNDIGT



Die Wolfsburger hatten am Dienstag von "fortgeschrittenen Gesprächen" mit dem US-Justizministerium berichtet, die eine Einigung auf zivil- und strafrechtliche Bußgelder und Strafzahlungen von insgesamt 4,3 Milliarden Dollar vorsehen. VW und Hauptaktionär Porsche SE warnten jedoch, dass dies die bisherigen Rückstellungen übersteige und die Ergebnisse belasten könnte. Die Höhe sei noch nicht bekannt.

Der Vergleich wird noch am Mittwoch erwartet. Stimmt der Aufsichtsrat zu, kann er von den US-Behörden abgesegnet werden. Die US-Umweltbehörde EPA, in deren Namen das Justizministerium VW auf Bußgeld verklagte, kündigte eine Pressekonferenz für 19.30 Uhr MEZ mit Behördenleiterin Gina McCarthy und US-Justizministerin Loretta Lynch in Washington an.

Das US-Justizministerium hatte die Niedersachsen vor fast genau einem Jahr verklagt. VW hatte im September 2015 die Abgas-Manipulation von weltweit elf Millionen Autos per Software zugegeben. Mit der Milliardenstrafe muss der Konzern dafür büßen, dass er mit der Manipulation von rund einer halben Million Dieselautos die Behörden in den USA getäuscht und gegen das Luftreinhaltegesetz verstoßen hat. Der Vergleich sieht nun vor, dass der Autobauer seine Schuld nach US-Strafrecht anerkennt. Dazu wird es eine Beschreibung der Fakten geben. VW muss außerdem sein internes Kontrollsystem zur Einhaltung von Vorschriften verbessern und sich einer unabhängigen Aufsicht unterwerfen.

Die Einigung soll jedoch nicht ausschließen, dass es gegen weitere Personen außer dem kürzlich wegen Betrugs angeklagten VW-Manager Oliver S. in den USA strafrechtliche Ermittlungen geben könne. In Europa könne Volkswagen nicht so zur Rechenschaft gezogen werden wie in den USA, erklärte Greg Archer von der Umweltlobby Transport and Environment in Brüssel. Daran ändere das Schuldanerkenntnis in den USA nichts. Die Schlupflöcher im EU-Recht verhinderten das.

rtr