"Die Strafzahlungen werden schmerzhaft sein", schreibt Analyst Tim Rokossa von der Deutschen Bank in einem Kommentar. Obwohl der Wolfsburger Autobauer Manipulationen eingeräumt habe, sei die bislang im Raum stehende Maximal-Summe von 18 Milliarden Dollar womöglich nicht das Ende der Fahnenstange. "Die Geschichte der Fahrzeug-Rückrufe lehrt uns, dass die erste 'Beichte' selten die letzte ist", betont Rokossa.

Sein Kollege Adam Hull von der Berenberg Bank warnt zusätzlich vor den langfristigen Folgen, wie einem geringeren Absatz. Außerdem müssten die Motoren voraussichtlich aufwendiger konstruiert werden, damit sie die Abgas-Grenzwerte auch im normalen Betrieb einhalten.

Vor diesem Hintergrund kürzte Deutsche Bank-Experte Rokassa seine VW-Ergebnisschätzungen für die Jahre 2015 bis 2017 um 35 Prozent. Dabei habe er neben der 6,5 Milliarden Euro schweren Rückstellung des Konzerns Strafzahlungen von vorerst nur fünf Milliarden Euro berücksichtigt. Er stufte die Aktie auf "Hold" von "Buy" zurück.

Analyst Jose Asumendi von der Bank JPMorgan bewertet die Titel nun mit "Neutral" statt "Overweight". Berenberg-Experte Hull, LBBW-Analyst Frank Biller und Michael Punzet von der DZ Bank kassierten ihre Empfehlungen komplett und wollen die weitere Entwicklung abwarten.

Nach Ansicht von Analystin Kristina Church von der Barclays Bank müssen aber auch die Konkurrenten mit zusätzlichen Belastungen rechnen. Die geplante Verschärfung der Emissions- und Test-Richtlinien könnte schneller umgesetzt werden als bislang geplant. Für Anlagestratege Roland Kaloyan von der Societe Generale (SocGen) ist eine deutliche Kurserholung bei BMW, Daimler & Co. aus einem weiteren Grund nicht in Sicht. Der Abgas-Skandal hänge auch über ihnen wie ein Damokles-Schwert. Anleger fragten sich, ob neben VW auch andere Autobauer die Tests manipuliert hätten.

Zulieferer wie Continental oder Valeo könnten langfristig aber von der VW-Affäre profitieren, betont Barclays-Analystin Church. Sollten Abgas-Richtlinien verschärft werden und die Zahl der verkauften Diesel-Motoren zugunsten von Turbo-Benzinern und Hybrid-Aggregaten zurückgehen, steige der von den Zulieferern stammende Anteil an den Antrieben.

Die VW-Aktie stabilisierte sich nach ihren zweitägigen Kurssturz am Mittwoch etwas. Sie fiel zwar zunächst um bis zu zehn Prozent auf ein Vier-Jahres-Tief von 95,51 Euro, holte die Verluste aber wieder auf und notierte zeitweise 5,1 Prozent im Plus. Damit kostete die VW-Aktie aber immer noch rund ein Drittel weniger als vor Bekanntwerden der Affäre. Der Index für die europäischen Autobauer und Zulieferer büßte im gleichen Zeitraum zeitweise 15 Prozent ein und notierte am Mittwoch 1,4 Prozent höher.