An den europäischen Börsen waren zuletzt Korrekturtendenzen zu beobachten. Der Euro STOXX 50 Kursindex hat dabei sogar den seit Januar ausgebildeten steilen Aufwärtstrend verletzt. Charttechnisch gesehen ist das zumindest ein Warnsignal.



Verantwortlich gemacht für die Abwärtsbewegung wird von den meisten Marktbeobachtern die drohende Staatspleite Griechenlands. Möglicherweise ist das aber auch nur eine willkommene Entschuldigung für Gewinnmitnahmen. Schließlich hat sich nach den zuvor gesehenen starken Kursgewinnen auch viel Korrekturbedarf aufgestaut. Darauf deutete auch der entstandene deutliche Abstand zur 200-Tage-Durchschnittslinie auf, der noch immer nicht komplett abgebaut wurde.

Trotz der bereits starken Kurssteigerungen in den Vormonaten sowie den jetzt zu beobachtenden Korrekturtendenzen trauen führende Investmentbanken den europäischen Aktienmärkten mittelfristig weiterhin noch einiges zu. Zu den Optimisten zählen dabei unter anderem die UBS und Morgan Stanley. Besonders weit lehnt sich zudem die Citigroup aus dem Fenster. Lesen Sie auf den nachfolgenden Seiten garniert mit einigen interessanten Grafiken, wie diese Institute ihre Zuversicht begründen.

Auf Seite 2: Die Citigroup hält bis Ende 2016 Kursgewinne von rund 35 Prozent für möglich





Die Citigroup hält bis Ende 2016 Kursgewinne von rund 35 Prozent für möglich

Die Citigroup räumt zwar ein, dass europäische Aktien zwar absolut betrachtet bei einem KGV von rund 20 gemessen an den Ergebnissen der vergangenen zwölf Monate nicht mehr günstig sein. Doch das werde relativiert mit dem Vergleich mit den Anleihen. Auf dieser Basis seien europäische Aktien angesichts von Renditen von weniger als einem Prozent bei mehr als 80 Prozent der Euro-Anleihen so günstig wie schon seit mindestens sechzig Jahren nicht mehr.

Außerdem rechnet Europa-Volkswirt Guillaume Menuet mit seiner Prognose von plus 1,5 Prozent und plus 2,0 Prozent für 2015 und 2016 mit einem über dem Konsens liegende Wachstum in der Eurozone. Bedroht werde dieser Optimismus zwar auch durch Risiken wie etwa auf politischer Ebene. Doch Einflussfaktoren wie der schwache Europa, anziehende Exporte, ein anspringender Kreditzyklus, Geldmengenwachstum, fallende Arbeitslosenraten oder ein tiefer Ölpreis könnten auch zu einem Übertreffen dieser Vorhersage führen.

Auf Ebene der Einzelwerte dürften insbesondere renditestarke Aktien gefragt sein. Neben der Suche nach einer ansprechenden Rendite auf das eingesetzte Kapital in einem Niedrigzinsumfeld dürften die europäischen Börsen von einem sich bessernden volkswirtschaftlichen Umfeld profitieren. Außerdem setzt man auf positive Impulse durch steigende Unternehmensgewinne. Für die europäischen Firmen ohne Großbritannien wird von 2014 bis 2016 mit einer durchschnittlichen Gewinnwachstumsrate von 10 Prozent gerechnet.

Dank einer erwarteten Kombination aus Gewinn- und Dividendenwachstum (bis Ende 2016 wird bei den Dividenden je Aktie mit einer kumulierten Anhebung von 15 Prozent gerechnet) sowie einem laufenden Neubewertungsprozess verfügen europäische Aktien nach Ansicht der Citigroup gleich über zwei Antriebsmotoren. Der STOXX Europe 600 Kursindex wird vor diesem Hintergrund Ende 2015 bei 450 Punkten gesehen und Ende 2016 bei 550 Punkten. Gemessen an dem am Mittwochabend gültigen Indexstand von 408,99 Punkten ergibt sich daraus ein Aufwärtspotenzial von theoretisch 10,0 Prozent und 34,5 Prozent.

Europäische Aktien gegenüber Anleihen so günstig wie seit mehr als 60 Jahren nicht mehr



Auf Seite 3: Die UBS setzt auch die zunehmende Gewinndynamik





Die UBS setzt auch die zunehmende Gewinndynamik

Auch die UBS schöpft Hoffnung aus den Entwicklungen an der Ergebnisfront. Darauf mussten die Anleger in Europa aber auch sehr lange warten. Schließlich wurden 48 Monate in Folge die Gewinne nach unten korrigiert. Zu Jahresbeginn war man dabei jeweils mit der Erwartungshaltung auf Gewinnsteigerungen von zehn bis 15 Prozent gestartet, doch am Ende standen dann nur Ergebnisse in einer Bandbreite von plus einem Prozent bis minus sieben Prozent zu Buche. Diese Negativserie konnte zuletzt endlich durchbrochen werden. Während in der Schweiz und in Großbritannien die Gewinnschätzungen kollabierten, seien die Prognosen für die Eurozone zuletzt auf Monatsbasis erstmals wieder leicht gestiegen. Dadurch wird für das Gesamtjahr in der Region weiter mit einem Gewinnanstieg von gut 15 Prozent gerechnet.

Noch bewege sich die Anhebung der Gewinnprognosen im vernachlässigbaren Bereich, die UBS wertet das Ereignis nach der zuvor langen Durststrecke aber als eine Art Durchbruch. Als positiver Einflussfaktor erweist sich dabei der Euro, von dem über die Währungsschiene der größte Rückenwind seit fast 20 Jahren ausgehe. Der Währungseffekt ist auch mit der entscheidende Grund, warum die UBS die Eurozone gegenüber Großbritannien und der Schweiz favorisiert. Auf Branchenebene sind laut UBS Erhöhungen bei den Gewinnvorhersagen vor allem bei den Zyklikern zu registrieren. Das wiederum lasse sich erklären mit der sich etwas aufhellenden Konjunktur in Europa.

Trotz dieser positiven Entwicklung stelle sich natürlich die Frage, ob damit die derzeitigen Bewertungen zu rechtfertigen sind, die sich nach den zuletzt starken Kursgewinnen ergeben und die nach sieben Jahren hintereinander erstmals wieder eine bessere Entwicklung beim STOXX 600 Index als beim S&P 500 Index ermöglicht haben. Auf Basis der Gewinnschätzungen für die nächsten zwölf Monate bewege sich das KGV beim STOXX 600 Index mit 16,4 zwar über dem langfristigen Durchschnittswert von 14. Aber bei diesem Ergebnis seien auch die stark gedrückten Unternehmensergebnisse zu berücksichtige, die gerade dabei seien, wieder nach oben zu drehen.

Nach 48 Monaten in Folge mit Herabstufungen dreht die Gewinndynamik in der Eurozone ins Positive



Auf Seite 4: Morgan Stanley setzt auf den weiteren Zufluss von Anlagekapital nach Europa





Morgan Stanley setzt auf den weiteren Zufluss von Anlagekapital nach Europa

Auch die Analysten bei Morgan Stanley glauben unverändert an weiteres Kurspotenzial an den europäischen Börsen. Die zur Begründung angeführten Erklärungen lauten dabei teilweise ähnlich. Es wird ebenfalls mit einer sich bessernden Konjunktur in Europa gerechnet sowie mit steigenden Unternehmensgewinnen. Letztere hätten sich im Idealfall zwar ähnlich schnell erholen sollen wie das in Japan der Fall gewesen ist. Das habe sich zwar nicht eingestellt, aber mit einer zeitlichen Verzögerung könnte das noch kommen. Nach dem starken Ansturm dürften die Kursgewinne künftig zwar geringer ausfallen, grundsätzlich seien die Perspektiven aber weiterhin intakt.

Noch nicht aus ausgereizt werden dabei die Bewertungen eingestuft. Diese seien zwar gestiegen, bewegten sich auf angepasster normalisierter Gewinnbasis aber auf dem seit 1984 gültigen Durchschnittsniveau. Von einer Überhitzung auf der Bewertungsseite könne so gesehen noch keine Rede sein, obwohl aus einer starken Bewertungskontraktion inzwischen längst eine noch stärkere Bewertungsexpansion geworden sei.

Positiv hervorgehoben wird außerdem die drastisch veränderte Stimmung gegenüber Europa unter den Anlegern. Während noch vor wenigen Monaten sehr viel Pessimismus vorgeherrscht habe, hätte sich jüngst das Meinungsbild stark zum Positiven hin verändert. Ablesen lasse sich das auch daran, dass aus hohen Abflüssen bei den Aktienfonds hohe Zuflüsse geworden seien. Weil bei diesen zuletzt starken Zuflüssen auch die niedrige Ausgangsbasis zu berücksichtigen sei, setzten die Morgan Stanley-Analysten auf weiter anhaltende Mittelzuflüsse in die lokalen Aktienmärkte. Für diese Annahme spreche der Bedarf internationaler Anleger, ihre jahrelange Untergewichtung europäischer Aktien zu korrigieren und die die lokalen europäischen Investoren auf institutioneller als auch auf privater Seite stünde allgemein vor der Aufgabe, ihre noch relativ niedrigen Aktiengewichtungen anzuheben.

Auf normalisierter KGV-Basis bewegt sich die Bewertrung beim MSCI Europe Index auf dem historischen Durchschnittsniveau