Den Laden betreten, die Einkaufsliste auf dem Handydisplay checken, dann Preise und Sonderangebote per Kunden-App vergleichen und schließlich den Einkauf mit einem kurzen Schwenk des Smartphones in Richtung Kassenterminal begleichen: Das bargeldlose Bezahlen mit mobilen Endgeräten ist auf dem Vormarsch. Und es beschert Firmen wie Wirecard dicke Gewinne.

Das im TecDAX gelistete Unternehmen aus Aschheim bei München bietet alle technischen und finanziellen Dienstleistungen dafür aus einer Hand. Mit Lösungen für den Einzelhandel wie der gerade eingeführten Entwicklungsplattform, die Apps für Gutscheine, Rabattangebote und Kundenbindungsprogramme miteinander verbindet und verwaltet. Oder vollautomatisierten Lösungen zur Online-Zahlungsabwicklung für kleine und mittlere Firmen, die derzeit eingeführt werden.

Als bislang einziger Zahlungsabwickler besitzt Wirecard eine eigene Bank. Geschäfts- und Privatkunden können hier ein Girokonto eröffnen, vor allem aber verdient Wirecard am Verkauf von Visa-Prepaid- Karten und an Mastercard-Kreditkarten kräftig mit. Als Vollmitglied von JCB International, der asienweit größten Kreditkartenorganisation, besitzt die Wirecard- Bank auch die Lizenz, in Japan Kreditkartenverträge abzuschließen. Mit dem Smart Band, einem intelligenten Armband, investiert die Firma daneben in neue Anwendungen: Nutzer müssen es nur ans Kassenterminal halten, um zu bezahlen. Das Display sowie eine App auf dem Smartphone zeigen sofort die Zahlung an.

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Alles für die Smartphone-Brieftasche



Gut im Geschäft wird Wirecard auch mit Apple sein, wenn der Technologiepionier in den kommenden Monaten sein Bezahlsystem ApplePay für das bargeldlose Bezahlen mit dem Smartphone in Europa einführt. Auch die mobilen Zahlungslösungen von T-Online und Vodafone laufen mit Wirecard-Technik. Zugleich wird sich die elektronische Geldbörse verbreiten - als multifunktionaler Alltagsplaner für das mobile Bezahlen, aber auch für die Verwaltung von Tickets, Coupons und Kundenkarten. Mit dem Vormarsch der Smartphone- Brieftasche werden sich auch die Online-Bezahlsysteme vervielfachen - und Nischenanbietern wie Wirecard in die Hände spielen. Das Gewinnwachstum der Bayern hatte sich bereits 2014 auf 39,5 Prozent beschleunigt.

Die Erfolgsstory kommt auch bei den Börsianern an. In den vergangenen fünf Jahren hat sich der Aktienkurs versechsfacht. Und mit einem Freefloat von 94 Prozent zählt Wirecard in Branchenkreisen zu den heißen Übernahmeobjekten für große Konzerne, die auf der Suche nach einem Zahlungsabwickler sind, der über ein komplettes Angebot an Technologie und Services verfügt. "Langfristig werden sich die Anbieter behaupten, die ausgereifte Anwendungen anbieten und zugleich für ein Höchstmaß an Datensicherheit sorgen", meint Nikolas Beutin, Experte für Marketing bei der Unternehmensberatung PwC. "Im Zuge der Konsolidierungswelle werden sich Start-ups mit großen Finanzdienstleistern, Telekomanbietern oder Internetkonzernen zusammenschließen."

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Was für Kaufkurse spricht



In den vergangenen Monaten war die Wirecard-Aktie dennoch unter Druck geraten, unter anderem durch Leerverkäufe eines kanadischen Hedgefonds. Seit Mitte Juni hat sich der Kurs allerdings stabilisiert. Vorstandschef Markus Braun nutzte die Schwächeperiode für den Kauf von Aktienpaketen: Über die MB Beteiligungsgesellschaft legte er sich in sieben Tranchen Aktien mit einem Volumen von 18,4 Millionen Euro ins Depot.

Noch immer Kaufkurse sehen derzeit die Finanzexperten: 18 Analysten raten zum Kauf der Aktie, vier plädieren für Halten, und nur ein Analyst spricht sich für einen Verkauf aus. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 23 auf Basis des für 2016 erwarteten Gewinns je Aktie ist Wirecard ambitioniert bewertet - und muss weiter liefern, um diesen Preis zu rechtfertigen.

Und das Unternehmen liefert: Das Zahlenwerk für das Auftaktquartal untermauert die anhaltend hohe Gewinndynamik. Während der Umsatz um 26 Prozent auf 159,1 Millionen Euro anzog, schnellte der operative Gewinn vor Abschreibungen und Wertberichtigungen (Ebitda) um 31 Prozent auf 46 Millionen Euro nach oben. Weil Wirecard hohe Summen in neue Produkte und die Erschließung neuer Märkt investiert, gibt die Firma auch ihre Prognosen stets auf Ebitda-Basis. Für das Gesamtjahr 2015 geht Konzernlenker Braun hier von einer Bandbreite zwischen 210 und 230 Millionen Euro aus - was einem Zuwachs von 25 bis 35 Prozent entsprechen würde.

Wegen der Investitionsausgaben, die höher ausfallen als die Abschreibungen, müssen Anleger bei Wirecard auch immer den Free Cashflow als Kennziffer im Auge haben. Der bereinigte operative Cashflow stieg im ersten Quartal gegenüber dem Vorjahreswert trotz der hohen Ausgaben, etwa in den Ausbau des Mitarbeiterbestands, um 85 Prozent auf 46,2 Millionen Euro. Durch die gute Skalierbarkeit des Geschäfts dürfte sich dieser Wert im Jahresverlauf weiter nach oben entwickeln. Gute Voraussetzungen also für eine Fortsetzung der Erfolgsstory.

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