"Der Gewinn liegt im Einkauf." Das ist eine alte Kaufmannsregel, die theoretisch auch an der Börse ihre Gültigkeit hat. Denn wer Aktien günstig kauft, hat bessere Chancen auf ein besseres Endresultat in Sachen Performance als bei einem teuren Einstieg.

Eine der beliebtesten und auch gleichzeitig einfachsten Methoden zur Begutachtung, ob Aktien vorteilhaft oder unvorteilhaft bewertet sind, ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Diese Kennziffer errechnet sich aus dem Kurs einer Aktie geteilt durch das erzielte Ergebnis je Aktie. Je niedriger die Werte, umso günstiger ist ein Titel theoretisch und je höher, umso teurer.

Ganz so einfach, wie es sich zunächst anhört, ist der effektive Einsatz dieser Regel zwar nicht. Denn ein niedriges KGV kann auch darauf hindeuten, dass die Börse einem Unternehmen künftig nicht viel zutraut und die Höhe des KGVs ist deshalb auch immer in Relation zu den Gewinnaussichten zu sehen.

Das ändert aber nichts daran, dass theoretisch bei sonst gleichen Rahmendaten die Aktien von Unternehmen mit günstigen KGVs gegenüber jenen mit hohen KGVs zu bevorzugen sind. Nach etlichen Haussen-Jahren an den Aktienmärkten ist ein Problem allerdings, dass viele Werte optisch betrachtet nicht mehr unbedingt niedrig bewertet sind.

Das gilt auch für den deutschen Aktienmarkt und das nicht zuletzt auch für das Nebenwertesegment. Denn die Anteilsscheine von mittleren und kleineren Unternehmen sind im Schnitt in den vergangenen Jahren im Kurs noch besser gelaufen als die Standardwerte.

Das führt etwa dazu, dass die Commerzbank das KGV für den aus mittelgroßen deutschen Unternehmen bestehenden MDAX momentan auf rund 40 taxiert, während man jenes für den Standardwerteindex DAX auf gut 14 beziffert. Doch bei genauer Hinsicht finden sich selbst unter den 60 MDAX-Titeln einige Aktien, die optisch betrachtet noch richtig moderat bewertet sind.

Nachlesen lässt sich das zum Beispiel in unserer wöchentlich erscheinenden Publikation BÖRSE ONLINE EXPRESS. Zu finden sind darin auch beliebte Hitlisten mit ausgewählten Kurs- und Bewertungskennziffern von über 500 deutschen Aktien aus unserer Datenbank. Eine davon zeigt die KGV-Hits aus dem MDAX. Wie aus der nachfolgend abgebildeten Tabelle mit den Top-10 zu entnehmen ist, führen diese Rangliste Porsche, Hochtief und Rheinmetall an. Dieses Trio kommt basierend auf den Ergebnisschätzungen für 2022 jeweils auf einstellige KGVs.



Für sich alleine betrachtet können diese drei Aktien in Sachen Bewertung mit Blick auf die Bewertung somit Pulspunkte sammeln. Aber das KGV ist bei der Beurteilung von Aktien nicht alles. Deshalb werfen wir auch einen Blick auf die Charttechnik sowie die Aufstellung und die Strategie dieser Unternehmen. Das Bild rundet die aktuelle Meinung der BÖRSE ONLINE-Redaktion zu diesen Titeln ab. Nachfolgend lesen Sie, wie die Bestandsaufnahmen jeweils ausfallen.

Rheinmetall-Aktie



In unseren KGV-Hits aus dem MDAX belegt Rheinmetall derzeit Platz drei. Damit ist auf dem Podest ein Unternehmen zu finden, dessen Gründung bereits im Jahr 1889 als "Rheinische Metallwaaren- und Maschinenfabrik Aktiengesellschaft" erfolgte. Heute hat die Gesellschaft laut eigener Aussage eine weltweite Spitzenposition als Automobilzulieferer für Module und Systeme rund um den Motor inne. Zudem agiert der Konzern als europäisches Systemhaus für Verteidigungs- und Sicherheitstechnik.

Bewertung: Blickt man auf die durchschnittlichen Analystenschätzungen, dann sagen diese für Rheinmetall beim Umsatz vom Geschäftsjahr 2020 bis zum Geschäftsjahr 2024 einen Anstieg von 5,875 Milliarden Euro auf 7,408 Milliarden Euro voraus. Zudem gehen die Prognosen beim Gewinn je Aktie gleichzeitig von einer Verbesserung von -0,63 Euro auf 11,79 Euro aus.

Auf letztgenannter Basis errechnet sich somit ein geschätztes KGV von knapp sieben. Das ist ausgesprochen moderat und weil die Bewertung schon länger sehr niedrig ist, deutet das darauf hin, dass es am Aktienmarkt anscheinend gewisse Vorbehalte unter den Anlegern gegenüber diesem Titel gibt.

In Sachen Bewertung ist auch noch anzumerken, dass Analysten im Schnitt für die Jahre 2021 bis 2024 mit Dividendenzahlungen je Aktie rechnen, die auf Renditen in einer Spanne von 3,01 Prozent bis 4,99 Prozent hindeuten. Speziell im vorherrschenden Niedrigzinsumfeld sind das attraktive Werte.



Aufstellung/Strategie: Der Konzern sieht sich als ein integrierter internationaler Technologiekonzern für Mobilität und Sicherheit. Wie es von Seiten des Vorstands heißt, steht man für ein substanzstarkes Unternehmen mit breitem technologischem Know-how, hoher Innovationskraft und profitablem Wachstum.

Auf den für das Unternehmen zentralen Technologiefeldern, Automatisierung, Sensorik, Digitalisierung, E-Mobilität und künstliche Intelligenz verknüpft man das in den Unternehmensbereichen Automotive und Defence vorhandene Know-how und entwickelt weiter, um mit innovativen Produkten neue Geschäftspotenziale zu erschließen.

Dabei geht es laut den Verantwortlichen um die Entwicklung von Produkten zur Befriedigung zentraler Bedürfnisse des Menschen und Lösungen für weltumspannende Megatrends. So führe die fortschreitende Urbanisierung und Globalisierung unter den Bedingungen des Klimawandels zu einem wachsenden Bedarf an umweltgerechter Mobilität. Geostrategische Machtverschiebungen, sich verändernde Konfliktlagen und bisher unbekannte, neue Bedrohungen rückten zudem das Sicherheitsbedürfnis in vielen Nationen wieder deutlich in den Vordergrund.

Für die eigenen des eigenen Unternehmens führt der Vorstand sechs Kaufgründe an: Erstens wachse man an dynamisch und organisch, zweitens sei Rheinmetall international präsent und drittens setze man Markttrends. Zudem sei man viertens Technologieführer, fünftens wolle man Cash Flow und Profitabilität nachhaltig steigern und sechstens sei man ein nachhaltiges Investment

Die Berenberg Bank zeigte sich jüngst nach einem Treffen mit dem Rheinmetall-Finanzvorstand zuversichtlich, was die mittelfristigen Aussichten für das Unternehmen angeht. Grund dafür sei der doppelte Rückenwind durch die sich erholenden Automobilmärkte und der erwartete Wendepunkt im Verteidigungsbereich im Jahr 2022, wenn neue Programme anlaufen, unterstützt durch den rekordhohen Auftragsbestand (14 Milliarden Euro).

Diese Zuversicht spiegele sich in der Anhebung der Prognose zum freien Cashflow für das Geschäftsjahr 2021 wider sowie in der Wiederaufnahme von Aktienrückkäufen in das Instrumentarium der Kapitalrückführung an die Aktionäre. Trotzdem habe der Aktienkurs in diesem Jahr an Wert verloren und der Titel werde nun mit einem KGV gehandelt, was einem Abschlag von rund 35 Prozent gegenüber der Konkurrenz entspreche. Zu tun habe das wiederum vermutlich auch mit Sorgen um die Folgen des Ausgangs der anstehenden Bundestagswahlen und den damit verbundenen möglichen Folgen für das Rüstungsgeschäft sowie mit Halbleiter-Lieferproblemen.

Charttechnik: Das der Titel an der Börse seit einiger Zeit nicht gerade im Rampenlicht steht, zeigt auch das Chartbild. Denn dieses weist einen Kurs auf, der momentan nicht höher als bereits im April 2017 notiert. Selbst verglichen mit dem Stand im Mai 2007 sind kaum nennenswerte Kursgewinne zu vermelden.

Nimmt man das Rekordtief von 7,20 Euro vom November 2000, dann fällt die langfristige Performance-Bilanz trotzdem nicht schlecht aus. Aber insgesamt lässt die Charttechnik derzeit noch viele Wünsche offen. Ein erster Schritt nach vorne wäre es, wenn es gelingen sollte, das Jahreshoch von 92,66 Euro vom Januar zurückzuerobern. Denn das ist die Vorbedingung für einen Versuch, sich dem Schlussrekordhoch von 118,15 Euro vom April 2018 anzunähern.



BÖRSE-ONLINE-Einschätzung: Der zuletzt fehlende Kurselan führt dazu, dass die Rheinmetall-Aktien in der Printausgabe von BÖRSE ONLINE zuletzt kaum stattgefunden haben. Die Einschätzung lautet derzeit "beobachten".

Allerdings wiesen wir in Ausgabe 27-21 darauf hin, dass das Unternehmen unter seinem Potenzial gehandelt werden dürfte. Zumindest deuteten darauf Insiderkäufe hin. So habe Vorstandschef Armin Papperger im Mai Aktien für rund eine Million Euro erworben und im Juni habe er weitere zwei Millionen Euro nachgelegt.

Zudem ergänzten wir, dass es danach aussehe, als ob Rheinmetall 2021 die Trendwende schaffen werde und ein Rekordergebnis erreichen könne. Vorstellbar sei auch, dass sich diese Entwicklung mit zweistelligen Zuwachsraten fortsetzen könne. Dafür sei ein einstelliges Kurs-Gewinn-Verhältnis viel zu niedrig.

Hochtief-Aktie



Unter den KGV-Hits aus dem MDAX hat Hochtief momentan Platz zwei inne. Hinter diesem Namen steckt ein global agierender Hoch- und Infrastrukturbaukonzern, der Projekte in den Bereichen Verkehr, Energie, soziale und urbane Infrastruktur und Mining umsetzt.

Das Leistungsangebot umfasst unter anderem die Entwicklung, Finanzierung, den Bau und das Betreiben von Projekten (PPP). Hauptaktionäre sind ACS und Atlantia. Hochtief ist wiederum an der in Australien notierten Tochter CIMIC mit 78,6 Prozent beteiligt.

Bewertung: Geht es nach dem Analystenkonsens, dann es die Gesellschaft in der Lage, den Umsatz von 22.954 Milliarden Euro in 2020 bis 2024 auf 25,834 Milliarden Euro zu steigern. Gleichzeitig sehen die Schätzungen in dieser Zeit beim Ergebnis je Aktie eine Verbesserung von 6,16 Euro auf 8,49 Euro vor.

Auf letztgenannter Basis ergibt sich ein geschätztes KGV von8,13. Das ist sehr moderat und eröffnet für sich alleine betrachtet dem Kurs Aufwärtspotenzial, sofern die skizzierten Analystenprognosen aufgehen sollten. Hinzu kommt die Aussicht auf steigenden Dividendenausschüttungen, wobei sich bereits aus der für 2021 erwarteten Zahlung derzeit eine Rendite von 6,39 Prozent ergibt. Das ist ausgesprochen lukrativ



Aufstellung/Strategie: Geht es nach dem Vorstand, dann gibt es aber gleich sechs Gründe für ein Investment in diesen MDAX-Vertreter. So verfüge man erstens über breit und global aufgestellte Infrastruktur-Aktivitäten durch stark positionierte Konzerngesellschaften, zweitens betreibe man eine attraktive Aktionärsvergütung und drittens sei man ein Profiteur von globalen Megatrends mit ambitionierter Innovationsstrategie.

Hinzu komme viertens eine starke Bilanz und ein gutes Kreditrating, die Verantwortlichen verweisen fünftens auf starke operative Gewinnsteigerungen in den vergangenen Jahren bei gleichzeitig hoher Cashflow-Generierung und sechstens gebe es eine werteorientierte Unternehmenskultur und daraus resultierend starke Ergebnisse in ESG-Umfragen.

Zur Ausrichtung heißt es allgemein, Hochtief sei ein technisch ausgerichteter und breit diversifizierter Infrastrukturkonzern mit Tätigkeitsschwerpunkten in Australien, Nordamerika und Europa. Das Geschäftsprofil sei dadurch einzigartig und gleichzeitig ausgewogen bezüglich Cashflow-Vorhersehbarkeit, Kapitalintensität und Margen.

Zur Strategie bzw. zur verfolgten Vision erklärt der Vorstand folgendes: "In unseren ausgesuchten internationalen Zielmärkten werden wir mit unserer Projektmanagement- und Ingenieurkompetenz eine führende Markt- und Technologieposition in den Geschäftsfeldern Bauen, Engineering, PPP sowie im Minengeschäft erreichen. Unser Denken und unser Handeln sind werteorientiert: Wir stehen für Integrität, Verlässlichkeit, Innovation, Ergebnisorientierung und Nachhaltigkeit."

Die Analysten von Independent Research sehen die Stärken von Hochtief in einem hohen Internationalisierungsgrad, in der Entwicklung zum Infrastrukturanbieter, einer soliden Bilanz mit vergleichsweise gutem Working-Capital-Management sowie in einer attraktiven Ausschüttungspolitik. Chancen böten ein hoher Auftragsbestand (Reichweite), eine hohe Ausschreibungspipeline in den Hochtief-Kernmärkten sowie weitere Effizienzsteigerungsmaßnahmen.

Als Schwächen bezeichnet man dagegen den eingeschränkten Zugriff (Liquidität) auf die australische Tochter CIMIC, dass die Streubesitz-Aktionäre kaum Einfluss haben (ACS, Atlantia haben quasi strategische Mehrheit auf der Hauptversammlung. Risiken stellten zudem ein volatiles und (konjunktur-)zyklisches Baugeschäft (Covid19-Pandemie) dar, wobei CIMIC außerdem auch noch als Bergbaudienstleister tätig sei. Darüber hinaus habe die Wechselkursentwicklung erheblichen Einfluss auf die Geschäftsentwicklung, es gebe Projektrisiken (Strafzahlungen etc.) und denkbar seien auch eine weitere Anteilsreduzierungen von Atlantia sowie ein Abstieg in den SDAX.

Charttechnik: Trotz der aufgezeigten Bewertungsvorteile steckt der Aktienkurs von Hochtief in einem Abwärtstrend. Dieser hat sich ausgehend von dem im Mai 2017 bei 172,209 Euro ausgebildeten Schlusskursrekordhoch von 172,20 Euro herauskristallisiert. Leider ist dieser nach wie vor als intakt einzustufen, so dass sich die Charttechnik ungünstig gestaltet und echte Besserung zeichnet sich im Chartbild derzeit ehrlich gesagt auch noch nicht ab.



BÖRSE-ONLINE-Einschätzung: Die BÖRSE ONLINE-Redaktion hat die Hochtief-Aktien in diesem Jahr nicht allzu prominent besprochen. Erwähnung fand der Titel aber ohne konkretes Anlageurteil und folglich auch ohne Kursziel und Stopp-Loss-Kurs zwei Mal in der Rubrik Börsen-Geflüster.

Zuletzt schrieben wir in Ausgabe 26-21 folgendes: "Die Aktie von Hochtief ist unter Druck. An den Zahlen scheint es nicht zu liegen. Der Auftragsbestand stieg im Jahresvergleich um gut sechs Prozent. Das Management will 2021 den Gewinn zweistellig steigern. Der Druck auf die Aktie kommt vielmehr aus dem Aktionärskreis. Der italienische Konzern Atlantia hat seinen Anteil zuletzt reduziert, hält aber noch 15,9 Prozent. Weil sich der Infrastrukturbetreiber nach dem Verkauf von Autostrade neu aufstellt, befürchten Investoren, dass er weitere Anteile verkaufen wird.

Auch Hochtief-Mehrheitsaktionär ACS stellt sich neu auf. Die Spanier haben gerade ihr Industriegeschäft abgegeben und könnten auch bei Hochtief reduzieren, wird befürchtet. Mittlerweile, sagen Analysten, sei der Boden erreicht. Die Bewertungsrelationen bei Hochtief seien nie so günstig gewesen. Schon der Nettowert der Beteiligung am spanischen Infrastrukturkonzern Abertis mache ein Fünftel des Börsenwertes aus. Wird das abgezogen, hat Hochtief ein einstelliges KGV."

Porsche-Aktie



Als absoluten Top-KGV-Hit aus dem MDAX weist unsere Datenbank derzeit die Vorzugsaktien von Porsche aus. Zur Porsche Automobil Holding SE muss man wissen, dass diese derzeit einen Anteil von 53,3 Prozent der Volkswagen Stammaktien (Kapitalanteil: 31,4 Prozent) und 100 Prozent an der PTV Planung Transport Verkehr AG hält.

Weitere kleinere Beteiligungen bestehen mit INRIX (11,7 Prozent), einstellige Anteile an den zwei US-¬Unternehmen Markforged und Seurat im Bereich 3D-Druck, Minderheitsbeteiligung am US¬-Unternehmen AEVA im Bereich laserbasierte Objekterkennung (LIDAR), am israelischen Unternehmen Aurora Labs im Bereich Softwaranalyse und an der deutschen Isar Aerospace Technologies GmbH.

Zu beachten ist, dass laut NordLB sowohl aus der Ära Wiedeking als auch aus dem Volkswagen-Diesel-Skandal noch Risiken auf der Porsche SE lasten, die sich in Summe auf Milliarden-Beträge belaufen, wenngleich der Großteil der Skandal-Kosten bereits beglichen sein dürfte. Die Porsche SE gilt ansonsten als recht sicherer Anwärter auf einen Platz im DAX im Rahmen der Erweiterung auf 40 Werte im September.

Bewertung: Fragt man Analysten, dann unterstellen diese bei Porsche von 2020 bis 2025 beim Umsatz eine Verbesserung von 107 Millionen Euro auf 170 Millionen Euro. In Sachen Ergebnis je Aktie ist es so, dass der Analystenkonsens von 2020 bis 2025 von einem Anstieg von 8,56 Euro auf 20,26 Euro ausgeht.

Auf letztgenannter Basis ergibt sich damit ein geschätztes KGV von 4,2. Das ist ein ausgesprochen niedriger Multiplikator. Hinzu kommen erwartete Dividendenzahlungen, die für die Geschäftsjahre 2021 bis 2025 auf Renditen in einer Spanne von 3,43 Prozent bis 6,20 Prozent hinauslaufen, was sich ebenfalls gut liest.



Aufstellung/Strategie: Die Porsche SE verfügt gegenwärtig über acht Beteiligungen, schreibt Independent Research in einer Studie. Das Unternehmen plane weitere strategische Beteiligungen zu erwerben. Vorrangige Investitionskriterien für künftige Beteiligungen seien den Unternehmensangaben zufolge der Bezug zur automobilen Wertschöpfungskette sowie ein überdurchschnittliches Wachstumspotenzial. Die automobile Wertschöpfungskette umfasse dabei die gesamte Bandbreite von Basistechnologien zur Unterstützung des Entwicklungs- und Produktionsprozesses bis hin zu fahrzeug- und mobilitätsbezogenen Dienstleistungen.

Das Kerninvestment VW wolle sich gemäß der Strategie New Auto (am 13.07.2021 präsentiert) zum softwaregetriebenen Mobilitätsunternehmen entwickeln. Nach der Elektromobilität (Absatzanteil der rein batterieelektrischen Fahrzeuge am Konzernabsatz 2030/2031e: rund 50 Prozent; 2025e: rund 20 Prozent; 2021e: rund sechs Prozent; 2020: drei Prozent; VW-Ziel: Marktführerschaft) sehe das VW-Management das Autonome Fahren als "Game Changer". Die Ausweitung des bewährten Plattformmodells auf Hardware, Software, Batterie & Laden und Mobilitätsdienste (war bereits im März angekündigt worden) solle zu Skaleneffekten führen.

Europa, China und die USA bezeichne Volkswagen nach wie vor als Kernmärkte. Durch den Biden-Plan zur Elektromobilität sehe der Wolfsburger Autokonzern die Chance, den Marktanteil in den USA (VW-Konzern ist hier im Vergleich zum eigenen Weltmarktanteil unterrepräsentiert) zu erhöhen. Das Geschäft mit Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor solle als quasi Cash-Cow zur Finanzierung des technologiegetriebenen Konzernumbaus fungieren.

Insgesamt solle die Strategie dazu führen, dass in 2025 eine bereinigte operative Marge (bereinigte EBIT-Marge) von acht bis neun Prozent (2020: 4,8 Prozent; 2019: 7,6 Prozent; 2018: 7,3 Prozent; 2017: 7,4 Prozent; 2016: 6,7 Prozent) erzielt werde.

Die Nettoliquidität in Höhe von aktuell rund 0,6 Milliarden Euro soll laut Landesbank Baden-Württemberg zum Großteil in Unternehmen entlang der automobilen Wertschöpfungskette, mit Bezug zur industriellen Fertigung oder der Zukunft der Mobilität investiert werden.

Charttechnik: Von Juli 1996 bis Oktober 2007 hatten die Vorzugsaktien von Porsche eine glänzende Zeit. Stieg die Notiz da doch von 3,61 Euro auf 157,84 Euro. Doch seitdem muss der Titel unter dem Strich kleinere Brötchen backen. Bis heute gelang es nicht, die zuvor genannte alte Bestmarke auszubauen.

Bei dem im Juni bei 101,20 Euro aufgestellten Jahreshoch schien es so, als ob der Wert aus dem in den Vorjahren bestehenden breiten Seitwärtstrend ausgebrochen sei. Doch zuletzt fiel die Notiz wieder in den oberen Bereich der zuvor gültigen Range zurück, so dass die zwischenzeitlich verbesserte Ausgangsposition aktuell nicht mehr uneingeschränkt zu konstatieren ist. Neue prozyklische charttechnische Kaufsignale ergeben sich erst bei neuen Jahreshochs.



BÖRSE-ONLINE-Einschätzung: Bei den Vorzugsaktien von Porsche ist eine Kaufempfehlung mit einem Kursziel von 120,00 Euro versehen und mit einem Stopp-Loss-Kurs von 65,00 Euro. Bei einem Xetra-Schlusskurs am Mittwoch von 85,52 Euro müsste der Titel um gut 40 Prozent zulegen, um die genannten Zielvorgabe zu erreichen.

In Ausgabe 13-21 erklärten wir zu den Spekulationen eines Börsengangs des Sportwagengeschäfts von Volkswagen folgendes: "Obwohl die Sportwagensparte Porsche im VW-Konzern liegt, verleiht sie der Porsche-Aktie dennoch Fantasie. Spekuliert wird am Markt nämlich über einen Börsengang des Sportwagengeschäfts nach dem Vorbild von Ferrari und Fiat. Dieser könnte den VW-Konzern transparenter machen. Porsche-Finanzchef Lutz Meschke wirbt für diesen Schritt, für VW-Chef Herbert Diess hat ein IPO indes derzeit keine hohe Priorität. Fährt VW sein Kronjuwel dennoch mittelfristig aufs Parkett, könnte es seinen wahren Wert zeigen und der VW-Aktie neuen Rückenwind geben.

Das wiederum würde auch der Aktie der Porsche Holding neue Schubkraft verleihen. Was Porsche als einer der profitabelsten Autobauer der Welt an der Börse wert sein könnte, ist unklar. Porsche ist mit über vier Milliarden Euro operativem Ergebnis und einer Rendite von 15 Prozent die Ertragsperle im VW-Konzern. Flüsterschätzungen reichen von 80 bis 100 Milliarden Euro."