Alles begann mit einem politischen Machtkampf: Die Sowjetunion schickte im Oktober 1957 erstmals in der Geschichte der Menschheit erfolgreich einen Flugkörper in den Orbit. Die USA waren entsetzt. Wenn die Sowjets den Weltraum dominieren - wären sie dann auch fähig, die USA mit Atomwaffen in die Knie zu zwingen? Der damalige US-Präsident Dwight D. Eisenhower antwortete mit der Gründung der Weltraumagentur NASA und ließ seinerseits einen Satelliten in die Erdumlaufbahn schießen. Der Wettlauf der Supermächte erreichte seinen Höhepunkt am 21. Juli 1969, als Neil Armstrong als erster Mensch den Mond betrat. Insgesamt beförderten die Apollo-Missionen noch zwölf weitere Astronauten zum Mond.

Fast 70 Jahre nach der ersten Mondlandung ist die Faszination Weltall zurück. Dieses Mal sind es nicht in erster Linie Staaten oder staatliche Organisationen, die um die Vorherrschaft im All ringen, sondern private Unternehmen. Im Zentrum stehen dabei vor allem drei Namen, die ihr Geld eigentlich in anderen Branchen gemacht haben: Tesla- Gründer Elon Musk träumt von einer Kolonie auf dem Mars und will mit seinem Raumfahrtkonzern SpaceX schon 2024 das erste Raumschiff auf die Reise schicken.

Sein Kontrahent, Amazon-Gründer Jeff Bezos, verkündete dagegen unlängst, als Vorstand des Onlinehändlers zurücktreten zu wollen, um sich anderen Projekten zu widmen - allen voran dem von ihm ins Leben gerufenem Raumfahrtunternehmen Blue Origin. Bezos’ Firma verfolgt das Ziel, Schwerindustrie und Energiegewinnung in den Weltraum auszulagern. Der Amazon- Gründer sieht darin den Schlüssel, damit die Erde bewohnbar bleibt.

Nummer 3 ist der britische Unternehmer Richard Branson. Im Jahr 2019 hat der Selfmade-Milliardär sein Raumfahrtunternehmen Virgin Galactic an die Börse gebracht. Branson will eines Tages touristische Reisen ins All anbieten, für 250.000 US-Dollar können Käufer schon jetzt einen Platz in einem der suborbitalen Flugzeuge von Virgin Galactic reservieren. Mehr als 8.000 Tickets will Branson bereits verkauft haben. Andere Unternehmen wollen sich als Zulieferer der staatlichen Raumfahrtorganisationen etablieren. Die NASA etwa setzt für das bemannte US-Raumschiff "Orion" auf Servicemodule des Flugzeugbauers Airbus. Boeing arbeitet ebenfalls seit Jahren erfolgreich mit der NASA zusammen.

Rund um Satelliten

Die Raumfahrt ist zum milliardenschweren Geschäft avanciert. Analysten der US-Bank Morgan Stanley schätzen den jährlichen Umsatz der Weltraumwirtschaft derzeit auf etwa 350 Milliarden US-Dollar, bis 2040 soll er auf über eine Billion US-Dollar anwachsen. Firmen wie SpaceX, Blue Origin oder Virgin Galactic machen dabei nur einen kleinen Teil aus. Die meisten kommerziellen Raumfahrtunternehmen sind auf Satelliten und Satellitenkommunikation spezialisiert und das nicht ohne Grund: Kostete es zu Zeiten des Apollo-Programms noch 23.000 US-Dollar pro Kilogramm Nutzlast, einen Satelliten ins All zu befördern, waren es 2016 im Durchschnitt noch rund 2.600 US-Dollar. "Satellitenhersteller haben mit am meisten von sinkenden Startkosten profitiert, was sich positiv auf die Margen ausgewirkt und einen beständigen Cashflow ermöglicht hat", erklärt Ron Epstein, Spezialist für Weltraum-Aktien bei der Bank of America.

Gerade der Bereich Weltraumtourismus sei im Vergleich deutlich kapitalintensiver und dürfte sehr wahrscheinlich noch für viele Jahre rote Zahlen schreiben. Zudem sei das Risiko, Passagiere ins Weltall und wieder zurückzubefördern, nicht zu verachten, warnt Epstein. Für ihn ist das einer der Gründe, warum sich Unternehmen aus diesem Bereich mit Börsengängen tendenziell zurückhalten. Bislang ist Virgin Galactic das einzige Weltraumtourismus-Unternehmen, das den Schritt an den Kapitalmarkt gewagt hat.

Bei Satellitenherstellern haben Anleger mehr Auswahl. Unternehmen wie Maxar Technologies oder der luxemburgische Konzern SES sind seit vielen Jahren an der Börse gelistet. Auch deutsche Ingenieurskunst ist im All heiß begehrt. Der börsennotierte Satellitenbauer OHB mit Sitz in Bremen ist einer von drei Hauptauftragnehmern der europäischen Raumfahrt. 22 Satelliten für das Navigationssystem Galileo stammen von OHB, zwölf weitere haben die Bremer bereits fertiggestellt oder stehen kurz davor. Mit 2,6 Milliarden Euro waren die Auftragsbücher 2020 so prall gefüllt wie noch nie.

Das Galileo-Projekt hat OHB allerdings Anfang des Jahres verloren, der Satellitenbauer unterlag im Bieterwettbewerb den Unternehmen Airbus und Thales. Die Aktie brach daraufhin binnen eines Tages um 20 Prozent ein. Im Sommer werde man sehen, welche Auswirkungen das verpasste Geschäft auf den Umsatz haben wird, erklärte OHB-Vorstand Lutz Bertling im Februar Anlegern und Analysten.

Grenzerfahrungen

Wer in Aktien der Raumfahrtindustrie investiert, muss mit derlei herben Rückschlägen rechnen. "Der Markt mag keine unberechenbaren Cashflows, haha", flapste Tesla-Pionier Musk im September über den Kurznachrichtendienst Twitter - damals im Zusammenhang mit einem möglichen Börsengang seines Internetdienstes Starlink. Die SpaceX-Sparte soll in den nächsten Jahren an die 12.000 Satelliten in den Orbit bringen, um weltweit schnelles und zuverlässiges Breitband-Internet anzubieten. Schon länger gab es Gerüchte, dass ein Börsengang von Starlink bevorstehen könnte. Musk bestätigte sie mit seinem Tweet, wollte sich jedoch auf keinen Zeitpunkt festlegen. Voraussetzung für einen IPO sei ein stabiles Umsatzwachstum, erklärte er. Bis es so weit sei, könne es noch einige Jahre dauern.
 


INVESTOR-INFO

Airbus

Resistente Raumfahrt

Die Pandemie hat die Luftfahrt mit Wucht getroffen. 2020 lieferte der Flugzeugbauer 40 Prozent weniger Jets aus als 2019. Der Umsatz sank um 37 Prozent auf 30,2 Milliarden Euro. Die Weltraumsparte legte jedoch zu, lieferte ein Fünftel des Umsatzes, der bereinigte operative Gewinn stieg um 17 Prozent. Im Februar erteilte die NASA einen weiteren Auftrag. 2021 wird für den Konzern ein starker Anstieg des Ergebnisses erwartet.

OHB

Höhenflug der Orders

Der Satellitenhersteller aus Bremen zählt zu den drei Hauptzulieferern der europäischen Raumfahrtorganisation Esa. 2018 hatte das Unternehmen die Milliardengrenze zum ersten Mal überschritten. 2020 rechnet der Vorstand mit einem Umsatz von knapp einer Milliarde Euro. 2021 will Chef Lutz Bertling die Milliardenschwelle wieder überschreiten, so seine Aussage im Februar. Volle Auftragsbücher dürften helfen: Mit 2,6 Milliarden Euro ist der Orderbestand so groß wie nie.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 45,00 Euro
Stoppkurs: 31,50 Euro

Virgin Galactic

Nur für Extremsportler

Der britische Milliardär Richard Branson hat es sich zum Ziel gesetzt, touristische Reisen ins All anzubieten und brachte die Raumfahrtsparte 2019 an die Börse. Damals wies die Firma 210 Millionen US-Dollar Nettoverluste bei 38 Millionen US-Dollar Umsatz aus. Die Gewinnschwelle liegt noch weit in den Tiefen des Weltraums. Die Aktie wird in Deutschland nicht gehandelt und ist nur für extrem Risikofreudige eine Überlegung.

Empfehlung: Beobachten
Kursziel: 45,00 Euro
Stoppkurs: 29,00 Euro