Amazon erweitert erneut sein Geschäft. Nach Onlinehandel und Cloud-Services erobert der Konzern nun den Weltraum und will dort ein eigenes Satellitennetz errichten. Die Pläne dafür sind groß: Das Projekt mit dem Namen Kuiper soll 3.236 Satelliten umfassen, die mit Raketen ins All geschossen werden. Dafür sicherte sich der E-Commerce-Gigant bereits Starts von Trägerraketen bei mehreren Anbietern, darunter Blue Origin, dem von Amazon-Gründer Jeff Bezos aufgebauten Raumfahrtunternehmen. Ziel des Projekts ist es, Breitbandinternet auch für entlegene oder unterversorgte Gebiete der Welt zu ermöglichen. Die hohe Zahl an Satelliten begründet sich mit deren Positionierung im "Low Earth Orbit" (LEO). Die Satelliten in rund 600 Kilometer Entfernung ermöglichen eine schnelle Verbindung, durch die geringe Höhe braucht es aber eine größere Zahl an Flugkörpern, die die Erde umkreisen.

Sein neues Netzwerk will Amazon dann Privatkunden im Abomodell anbieten, zudem sind Kooperationen mit Mobilfunkkonzernen geplant. "Für praktisch alles, was Amazon macht, ist Konnektivität die Grundlage", erklärte Dave Limp, Hardware-Chef bei Amazon. Entsprechend sollen rund zehn Milliarden Dollar in das Projekt Kuiper investiert werden. Mit seinen Plänen steht Amazon in direkter Konkurrenz zum Satellitennetzwerk Starlink, betrieben von Elon Musks Raumfahrtunternehmen SpaceX. Musk hatte der Ukraine auf deren Bitte hin sein Netzwerk zur Verfügung gestellt. Dadurch konnte das Land trotz russischer Belagerung online bleiben. Berichten zufolge setzten ukrainische Streitkräfte Starlink aber auch zum Einsatz von Drohnen ein.

Vom Krieg in die Landwirtschaft

Neben einer funktionierenden Internetverbindung und dem militärischen Einsatz erfüllen Satelliten für die Ukraine noch einen weiteren wichtigen Zweck im Krieg mit dem Nachbarn: Nach den schockierenden Bildern aus der Stadt Butscha, die die Leichen unzähliger getöteter Zivilisten offenbarten, wies Russland jede Schuld von sich und sprach von einer Inszenierung. Aufnahmen der US-Satellitenfirma Maxar Technologies, die unter anderem auch Bilder für Google Maps macht, sollen diese Behauptung falsifizieren. Anhand der Zeitstempel der zur Verfügung gestellten Bilder wurde ersichtlich, dass sich einige Leichen bereits im März dort befanden, bevor russischen Truppen abzogen. Somit widerlegten die aus dem All aufgenommenen Bilder die Propaganda Russlands und könnten in einer Untersuchung über mögliche Kriegsverbrechen zum Einsatz kommen.

Die steigende Zahl künstlicher Flugkörper, die die Erde umkreisen, belebt das Geschäft der Unternehmen, die die leistungsstarken Satelliten produzieren. Das auf Satelliten und Raumfahrt spezialisierte Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Northern Sky Research (NSR) erwartet bis 2030 eine Privatisierung des Satellitengeschäfts, der kommerzielle Markt könnte sich auf fast 20 Milliarden Dollar nahezu verdoppeln. Entsprechend stellen auch Unternehmen aus Luft- und Raumfahrt wie Boeing die Satelliten her, die in militärischen und zivilen Projekten zum Einsatz kommen. In Europa entwickelt und betreibt Thales Alenia Space satellitengestützte Systeme für Unternehmen und Regierungen. Die Firma ist ein Joint Venture zweier börsennotierter Rüstungskonzerne, die französische Thales Group hält zwei Drittel, die italienische Leonardo ist mit einem Drittel beteiligt. In Deutschland stellt der börsennotierte Technologie- und Raumfahrtkonzern OHB mit Sitz in Bremen hochtechnisierte Satelliten her, unter anderem für die Europäische Weltraumorganisation ESA. Das Unternehmen sieht das Geschäft mit kleinen Aufklärungs- und Kommunikationssatelliten als zukünftiges Expansionsfeld.

Die Einsatzmöglichkeiten beschränken sich jedoch nicht auf Kommunikation und Verteidigung. Die künstlichen Himmelskörper werden beispielsweise auch in der Landwirtschaft eingesetzt. Das Copernicus-Programm der Europäischen Union unterstützt Landwirte per Satelliten bei der Beurteilung landwirtschaftlicher Bodennutzung, bei Ertragsprognosen oder dem Bewässerungsmanagement. Dadurch kann die Bewirtschaftung aus der Luft heraus optimiert werden. Auch im Verkehr kommen Satelliten zum Einsatz, unter anderem bei Navigationssystemen. Die Nutzung könnte sich durch die Entwicklung des autonomen Fahrens zukünftig intensivieren, wenn noch mehr Daten zu Position und Umgebung der Fahrzeuge benötigt werden.

Anlagen mit Risiko

Im Zuge des Ukraine-Konflikts warnte Elon Musk auf Twitter: "Starlink ist das einzige nicht russische Kommunikationssystem, das in einigen Teilen der Ukraine noch funktioniert, daher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es angegriffen wird, hoch. Bitte verwenden Sie es mit Vorsicht." Zuvor hatte das Unternehmen eine Flotte von Satelliten verloren, als ein Sonnensturm diese aus ihren Umlaufbahnen riss. Mehr als 40 der Flugkörper verglühten beim Wiedereintritt in die Atmosphäre, zur Höhe des Schadens existieren unterschiedliche Angaben in zweistelliger Millionenhöhe. Auch Jeff Bezos warnte auf der letztjährigen Amazon-Hauptversammlung: "Kann ich hier stehen und Ihnen sagen, dass unsere Zehn-Milliarden-Dollar-Investition in Kuiper eine Rendite auf das investierte Kapital bringen wird? Das kann ich nicht."

Maxar Technologies

Im Blickpunkt

Die US-Amerikaner entwickeln und betreiben Satelliten und weitere Raumfahrtkomponenten etwa für Aufklärungsanwendungen. Aufnahmen des Unternehmens kommen unter anderem bei Google Maps zum Einsatz. Die Umsätze wuchsen zuletzt leicht, der steigende Bedarf bietet deutliches Umsatzpotenzial. Der Krieg in der Ukraine brach- te Maxar vermehrt auf das Radar der Anleger, seit Kriegsausbruch legte das Papier deutlich zu. Spannend, aber teuer. Für Mutige.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 40,00 Euro
Stoppkurs: 28,00 Euro

OHB

Stabile Position

Die Bremer sind nach eigenen Angaben einer der drei führenden Systemanbieter auf dem europäischen Satellitenmarkt und ein Hauptauftragnehmer für das von der EU betriebene Navigationssystem Galileo. Für Aktionäre von OHB war es zuletzt ein bisschen fade: Die Aktie pendelt im Seitwärtstrend mit gelegentlichen Ausbrüchen. Die Wachstumspläne der Norddeutschen sehen für 2025 einen Umsatz von mehr als 1,5 Milliarden Euro vor, 2021 lag dieser bei 905 Millionen Euro.

Empfehlung: Beobachten
Kursziel: 36,00 Euro
Stoppkurs: 29,00 Euro

Weltraum-ETF

Breite für unendliche Weite

Der HanETF Procure Space bildet den S-Network Space Index ab, der sich auf Unternehmen fokussiert, die einen erheblichen Teil ihrer Einnahmen aus der Weltraumindustrie erwirtschaften. Größte der 42 Positionen ist das US-Alltourismus-Unternehmen Virgin Galactic Holdings. Unter den fünf größten Positionen des ETFs sind mit Eutelsat Communications, Maxar Technologies und SES auch klassische Satellitenunternehmen vertreten. Regional liegt ein starker Fokus auf den USA.