Vor 20 Jahren schwappte eine Anlageform über den Atlantik nach Europa, die auch hierzulande den Vermögensaufbau revolutionierte. Am 11. April 2000 ließ die US-Investmentbank Merrill Lynch je einen ETF auf die Indizes Euro Stoxx 50 und Stoxx 50 an der Deutschen Börse notieren. In den USA feierten ETFs zu dieser Zeit bereits große Erfolge. Auch auf dem Alten Kontinent setzte sich ihr Siegeszug fort. Die Vehikel verwalteten in Europa nach einem beeindruckenden Wachstum Ende 2019 mehr als 1.000 Milliarden Dollar.

Exchange Traded Funds - dafür steht das Kürzel ETF. Gemeint sind damit Indexfonds, die wie Aktien jederzeit an der Börse ge- oder verkauft werden können. Anders als aktiv gemanagte Fonds werden sie nicht von einem Menschen gelenkt. Stattdessen folgen sie einem Börsenbarometer wie dem deutschen Aktienindex DAX oder dem US-Pendant S & P 500. Der ETF entwickelt sich stets so wie der zugrunde liegende Index.

Die passiven Anlageinstrumente bringen eine Reihe von Vorteilen mit sich, die sie für die private Geldanlage, aber auch als Bausteine institutioneller Strategien prädestinieren. Ihr Einsatzbereich erstreckt sich hin bis zu den in den vergangenen Jahren immer beliebter gewordenen Robo-Advisor. Diese können mithilfe von ETFs ihren Kunden diverse breit gestreute Anlagekonzepte zu günstigen Preisen anbieten.

Vorteil der schlanken Gebühren

Möglich ist das, weil ETFs selbst mit schlanken Gebühren daherkommen. Produkte auf gängige Börsenindizes kosten meist weniger als 0,2 Prozent pro Jahr. Wählt man einen aktiv gemanagten Aktienfonds, zahlt man selten weniger als 1,5 Prozent Verwaltungsgebühren im Jahr. Dabei ist nicht garantiert, dass der Manager auch tatsächlich mehr Rendite erzielt als sein Vergleichsindex, zum Beispiel der DAX.

ETFs liefern stets die Rendite des Marktes, den sie abdecken - nicht mehr, aber eben auch nicht weniger. Das macht sie zu einem transparenten, leicht nachvollziehbaren Anlageinstrument. Verbunden mit den günstigen Gebühren eignen sich börsengehandelte Indexfonds deshalb besonders gut, um mit ihnen eine breit diversifizierte Vermögensanlage aufzubauen. Ein wenig Mühe kostet es freilich, die infrage kommenden ETFs zu gewichten und dieses Gewicht über die Jahre auch beizubehalten.

Eine einfachere Alternative ist es, auf ETFs mit vermögensverwaltender Strategie zu setzen. Entsprechende Produkte stellen wir rechts unten vor. Etwas differenzierter - abgestuft nach Risikobereitschaft - erstellen Robo-Advisor ETF-Portfolios für den langfristigen Vermögensaufbau. 

 


Basis-ETF-Portfolio

Bausteine für diversifiziertes Depot

Mit ETFs lässt sich in wenigen Schritten die Grundlage für den Vermögensaufbau schaffen. Denn wie aktive Fonds bieten sie zwei Vorteile: Sie sind Sondervermögen, sodass das Geld der Anleger erhalten bleibt, selbst wenn der Anbieter pleitegeht. Zudem streuen sie das Vermögen über viele Einzelwerte und verteilen damit das Risiko auf zahlreiche Schultern. Doch im Gegensatz zu aktiven Fonds fallen dafür deutlich geringere Gebühren an, weil die Produkte ja "nur" einem bestehenden Index folgen.

An Börsenindizes besteht indes kein Mangel - und auch nicht an entsprechenden ETFs. So erwartet Anleger eine große Investmentvielfalt, die Neulinge oft orientierungslos macht.

Wer sein erstes ETF-Depot erstellt, tut deshalb gut daran, sich auf bekannte Indizes mit weltweiter Ausrichtung und guter Streuung zu konzentrieren. In der Tabelle sind einige ETFs aufgelistet, die als Basis eines Depots dienen können. Um an der Entwicklung der globalen Aktienmärkte teilzuhaben, bietet sich der iShares-ETF auf den MSCI World an, in dem rund 1.600 Unternehmen weltweit versammelt sind. Mit dem Produkt von Amundi erweitert man das Aktienuniversum um Unternehmen der Schwellenländer.

Für Stabilität im Depot sollten ETFs auf Rentenpapiere nicht fehlen. Zwar werfen Anleihen kaum noch Zinsen ab, aber ihre Kurse legen in Krisenzeiten oft zu und puffern Aktienverluste ab. Mit dem Xtrackers Global Government Bond ETF holt man sich Staatsanleihen ins Depot, mit dem iShares Global Corporate Bond erstklassig bewertete Unternehmensanleihen.

Wer noch über eine weitere Anlageklasse streuen will, für den eignet sich der ComStage- ETF, der auf die wichtigsten Rohstoffe setzt mit Ausnahme von Agrargütern.

 


Vermögensverwaltende ETFs/Fonds

Anlage-Mix aus einer Hand

Mit einer Handvoll ETFs lässt sich gut Vermögensaufbau betreiben. Doch es geht noch einfacher: mit nur einem Produkt. Tatsächlich gibt es nämlich die Gattung der passiven Mischfonds.

Die Pioniere auf dem Gebiet sind der Arero und der Xtrackers Portfolio ETF, die beide vor knapp zwölf Jahren auf den Markt kamen. Beide investieren in unterschiedliche Anlageklassen. Der Portfolio ETF in Aktien und Anleihen, der Arero in Aktien, Anleihen und Rohstoffe. Ein Unterschied ist, dass es sich beim Arero um einen Fonds handelt und er in der Regel über die Fondsgesellschaft (DWS) gekauft wird. Der Xtrackers-ETF (und sein auf Ausschüttungen fokussierter Bruder, der Portfolio Income) ist wie alle ETFs an der Börse handelbar.

Hinter dem Lyxor-ETF versteckt sich der ehemalige ComStage-Vermögensstrategie-ETF, bei dem die Verteilung der Anlageklassen der des Arero ähnelt. Diese Anlagestrategie gibt es auch noch in einer offensiveren und defensiveren Variante.

 


Robo-Advisors

Bequeme Vielfalt

Vermögensverwaltende ETFs, wie wir sie zuvor beschrieben haben, sind zwar komfortabel, aber ihre Zahl ist gering, die verfügbaren Strategien sind damit sehr übersichtlich. Wer bei der Anlage mehr Möglichkeiten will, aber keinesfalls mehr Mühe, der sollte sich sogenannte Robo-Advisor einmal näher anschauen.

Die Bezeichnung ist ein wenig irreführend. Denn weder bauen Roboter ein Portfolio zusammen, noch wird eine klassische Beratungsleistung erbracht. Vielmehr wollen Robo-Advisor mithilfe einer Onlineplattform die Geldanlage für Privatkunden vereinfachen. Diese müssen vor Depoteröffnung einige Fragen zur persönlichen Risikobereitschaft und zum Investitionshorizont beantworten und bekommen dann eine passende Anlagestrategie vorgestellt.

ETFs helfen im Preiskampf

Die meisten dieser Anlagestrategien basieren auf ETFs. Denn zum einen lässt sich mit ihnen breit über Einzeltitel, Regionen oder Anlageklassen streuen. Das mindert die Risiken. Und zum anderen zählt für die Anbieter der günstige Preis dieser Produkte. Denn selbst wenn die Robo-Advisor noch ihre Gebühren draufschlagen, wollen sie doch günstiger sein als die etablierte Konkurrenz.

Zugleich soll den Kunden eine transparente und bequeme Geldanlage offeriert werden. Während häufig eine Partnerbank die Wertpapiere verwahrt, bestimmt der Robo-Advisor über die Aufteilung des Geldes und versorgt die Kunden jederzeit mit gut aufbereiteten Informationen zum Depot. Hinter Quirion zum Beispiel steht der Robo-Advisor der Quirin Privatbank, und Cominvest ist der digitale Anlageservice, den die Comdirect Bank bietet.

Sie alle richten sich an Menschen, die möglichst unkompliziert anlegen wollen. Dazu gehört auch, dass die Online-Vermögensverwalter in regelmäßigen Abständen die ursprüngliche Depotaufteilung wiederherstellen, damit das vom Anleger gewählte Chance-Risiko-Profil gewahrt bleibt (Rebalancing).

Aktive Risikosteuerung

Noch einen Schritt weiter geht Scalable Capital, mit rund 1,8 Milliarden Euro Kundenvermögen der unbestrittene Platzhirsch bei den Robo-Advisor. Portfolios in gleich 23 Risikoklassen werden den Anlegern angeboten. Und diese Portfolios passt der Anbieter regelmäßig nach der Risikokennziffer Value at Risk (VaR) an, die Leser von €uro am Sonntag vom Aktienkursteil und dem gleichnamigen Musterdepot kennen.

Die Mindestanlagesumme bei Scalable ist allerdings nicht ganz gering. Im Gegensatz zum Fintech weltInvest, bei dem eine Einmalanlage ab 500 und Sparpläne ab 50 Euro möglich sind. In der Tabelle haben wir die fünf Anbieter mit dem größten verwalteten Volumen in Deutschland aufgelistet und wichtige Konditionen aufgeführt.

 


Glossar

ETF: Abkürzung für das englische Exchange Traded Fund, zu Deutsch börsengehandelter Fonds. Diese Finanzprodukte folgen einem Börsenindex und entwickeln sich so wie dieser. Deshalb werden sie auch passive Fonds genannt. Im Vergleich zu aktiv gemanagten Fonds sind die Gebühren deutlich niedriger, was langfristig der Rendite eines Anlegerdepots zugutekommt.

Fintech: Dieser Begriff setzt sich zusammen aus den Anfangssilben von "Finanzdienstleistungen" und "Technologie" und bezeichnet eine Branche, die herkömmliche Bankdienstleistungen durch Technologie vereinfachen und verändern will. Auch die Unternehmen, die in dieser Branche arbeiten, bezeichnet man als Fintechs. Durch die Übertragung von klassischen Bankdienstleistungen in die digitale Welt schaffen es Fintechs, den etablierten Instituten Kunden abzujagen. Doch auch Banken gründen eigene Fintechs oder kaufen Start-ups.

Rebalancing: Das Zurücksetzen eines Depots in seine Ursprungskonstellation. Wichtiges Mittel zur Depotpflege, damit die Ausrichtung der Vermögensanlage auch nach vielen Jahren noch mit dem persönlichen Anlageplan übereinstimmt. Hat man sich zum Beispiel für die hälftige Verteilung von Aktien und Anleihen in seinem Depot entschieden, kann dieses Verhältnis nach einem Aktienaufschwung möglicherweise 60 : 40 betragen. Dann sollten Teile der besser gelaufenen ETFs verkauft und Teile der schlechter gelaufenen gekauft werden.

Robo-Advisor: Ein auf die Geldanlage spezialisiertes Fintech (s. oben), auch digitaler oder Online-Vermögensverwalter genannt. Ziel ist es, Kapital kostengünstig und mithilfe moderner Technik automatisiert anzulegen. Dazu nutzen die meisten Robo-Advisor günstige ETFs (s. oben) als Anlageinstrumente. Die ersten Anbieter kamen vor rund acht Jahren auf den Markt. Mittlerweile gibt es neben Robo-Advisor auch Insurtechs, die sich auf Dienstleistungen im Bereich der Versicherungswirtschaft spezialisiert haben.

Value-at-Risk: Spezielle Kennziffer, die das Verlustrisiko einer Aktie oder eines ganzen Portfolios beziffert. Ein Value-at-Risk (VaR) von 15 Prozent bedeutet beispielsweise, dass das Portfolio mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent nicht mehr als 25 Prozent an Wert verliert. Robo-Advisor (s. oben) wie Scalable oder Whitebox nutzen die Kennzahl VaR, um unterschiedliche Kundenportfolios zu konstruieren und diese regelmäßig an die Marktsituation anzupassen.