Der Musterschüler wankt: Bisher galt Portugal als vorbildliches Eurokrisenland, dem dank Reformen und eisernem Sparen die Wende gelang. Die Arbeitslosigkeit sank jüngst, die Wirtschaft wuchs. Den Eurorettungsschirm verließ Portugal schon im vergangenen Jahr.

Nun aber hat ein Bündnis aus Sozialisten und Kommunisten die Regierung von Ministerpräsident Pedro Coelho gekippt. Im Parlament lehnte es sein Programm ab. Coelho hatte die Wahlen im Oktober gewonnen, aber die absolute Mehrheit verfehlt. Er brauchte Stimmen aus der Opposition. Staatspräsident Aníbal Cavaco Silva hat jetzt zwei Optionen: Er kann die Sozialisten mit der Regierung beauftragen. "Das Linksbündnis muss Silva überzeugen, dass die neue Regierung ebenso stabil wie politisch verlässlich ist", schreibt die DZ Bank. Oder er könnte Coelho zum Chef einer Übergangsregierung berufen, bis frühestens im April Neuwahlen stattfinden könnten.

Der Umsturz weckt Sorgen um ein Ende des Reformkurses. So will die Opposition den Mindestlohn anheben und Rentenkürzungen rückgängig machen. Einige vergleichen Portugal schon mit Griechenland. Auch dort kippten Linke die Regierung und drehten Reformen zurück. Doch Portugal ist in viel besserer Verfassung. Zwar sind die Schulden mit 130 Prozent der Wirtschaftsleistung hoch, aber die Neuverschuldung sinkt. Das Haushaltsdefizit wird 2015 mit gut drei Prozent die EU-Vorgabe nur knapp verfehlen. Während die Arbeitslosigkeit in Portugal auf zwölf Prozent fiel, liegt sie in Hellas bei 25 Prozent. Zudem ist ein Ende des Reformkurses längst nicht ausgemacht. Die Sozialisten bekennen sich zur Haushaltskonsolidierung, eine Reichensteuer soll Einnahmeausfälle ausgleichen. Die Citigroup etwa rechnet mit einer "maßvollen Lockerung" des Sparkurses.

Auch an der Börse herrscht anders als nach dem Regierungswechsel in Griechenland keine Panik. Die Risikoaufschläge für Portugal-Bonds stiegen moderat. Die Ratingagentur DBRS, die Portugal knapp über Ramschniveau bewertet, behielt die Bonitätsnote trotz Umsturz bei. Sie glaubt nicht an einen Rückfall in größere fiskalische Turbulenzen. Mutige Anleger können zu einer Staatsanleihe bis 2022 greifen.

AS