Schlimm erwischt hat die Pandemie die Türkei. Zeitweise gab es einen Lockdown. Inzwischen hat sich das Geschäftsleben aber wieder normalisiert.

Trotzdem ist die Wirtschaft in eine schwere Krise geraten. Schon 2018 hatte das Land am Bosporus eine Zahlungsbilanzkrise. Die danach einsetzende Erholung der Wirtschaft wurde durch die Corona-Pandemie abgewürgt. 2020 wird ein BIP-Einbruch von 5,4 Prozent erwartet. Infolgedessen ist die Landeswährung türkische Lira abgestürzt, zeitweise mussten 8,82 Lira für einen Euro gezahlt werden - so viel wie noch nie.

Die türkische Notenbank hält zwar dagegen, verpulvert aber ihre Devisenreserven. Diese haben sich seit Jahresbeginn auf 47 Milliarden US-Dollar fast halbiert. Das hat zu einer Spekulation an den Börsen gegen die Lira geführt, was die Abwertung befeuerte.

Anleger machen sich Sorgen wegen des seit Jahresanfang stark gestiegenen Leistungsbilanzdefizits. Das ist die Folge davon, dass sich wegen der abwertenden Landeswährung die Importe erheblich verteuert haben, während die Exporte wegen der Wirtschaftskrise in Europa einbrachen. Da die Türkei kaum eigene Rohstoffvorkommen hat, muss sie den Großteil einführen, was bei einer billigen Lira sehr kostenintensiv ist.

Kein Vertrauen in die Notenbank

Die teuren Importe haben die Inflation zuletzt deutlich auf 11,8 Prozent ansteigen lassen. Die Leitzinsen wurden von der Zentralbank trotzdem auf 8,25 Prozent gesenkt. Präsident Recep Erdogan, der großen Einfluss auf die Notenbank hat, möchte den Leitzins niedrig halten, um die Wirtschaft nicht abzuwürgen. In der Zahlungsbilanzkrise 2018, in der die Lira auch stark abwertete, gelang es, die Währung durch Zinserhöhungen zu stabilisieren. "Der Markt hat daher das Gefühl, dass die Notenbank nicht das macht, was notwendig wäre. Das erhöht den spekulativen Druck auf die Lira", sagt Gerhard Heinrich, Analyst beim Informationsdienst Emerging Markets Trader.

Hinzu kommt die politische Unsicherheit. Zu den Kriegen in Syrien und Libyen gesellen sich Streitigkeiten mit Griechenland und Zypern wegen Erdgasfunden im Mittelmeer. Doch genau wegen des Erdgases gibt es nun auch Hoffnung. Diese Woche wurden die bisher größten Gasvorkommen Kleinasiens im Schwarzen Meer entdeckt. Ab 2023 können diese wohl einen nicht unbeträchtlichen Teil des türkischen Bedarfs decken.

Auch die Exporte haben sich im Juni wieder um 15,7 Prozent zum Vorjahr erhöht und fast das Niveau vor der Corona-Krise erreicht - dank der günstigen Lira. Zudem dürfte man am Bosporus künftig von einer Neuausrichtung der Lieferketten europäischer Firmen weg von Asien infolge der Pandemie profitieren, entweder über Exporte oder ausländische Direktinvestitionen. Positiv ist zudem, dass sich im Juni die wichtige Kfz-Branche nach dem Einbruch im Frühjahr erholt hat mit einem Verkaufsplus von 66 Prozent zum Vorjahr. Unter anderem deshalb wird 2021 ein BIP-Zuwachs von 4,4 Prozent erwartet.

Hoher spekulativer Druck

Analyst Heinrich meint daher, dass die aktuelle Weltuntergangsstimmung gegenüber der Lira übertrieben sei: "Auch bei der letzten Lira-Krise im Jahr 2018 hat die Währung ein neues Gleichgewicht gefunden." Das könnte wegen des aktuell enorm hohen spekulativen Drucks zwar noch etwas dauern, dann bestünden aber gute Chancen für mutige Investoren. Auch 2018 wertete die Lira nach ihrer Stabilisierung kräftig auf. Anleger sollten also noch einige Wochen abwarten und die Währungsentwicklung genau beobachten.

Mit dem Short-Mini-Future-Zertifikat (ISIN: DE 000 VA5 UM4 8) von Vontobel können sie bei Stabilisierungstendenzen dann mit Hebel 2,3 auf eine Aufwertung der türkischen Währung gegenüber dem Euro setzen. Dafür spricht auch die Charttechnik. Die Lira ist extrem überverkauft, eine Gegenbewegung ist überfällig.