Mit einem symbolischen Superlativ wird die Wirtschaftsmacht China das turbulente Börsenjahr 2014 abschließen. Nach Berechnungen von Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) löst das Reich der Mitte die USA auf Basis der realen Lebenshaltungskosten als weltgrößte Volkswirtschaft ab. Und mit sieben Prozent liegt die für 2015 erwartete Wachstumsrate zwar unter den Werten der Vorjahre, sie reicht aber aus, um die von der Regierung in Peking forcierten strukturellen Reformen ohne größere Brüche umzusetzen. Konkret geht es darum, eine stark exportorientierte Volkswirtschaft stärker am Binnenkonsum auszurichten - und zugleich dafür zu sorgen, dass Luft aus der sich bildenden Immobilienblase entweicht.



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Strukturelle Reformen ziehen



Rohstoffboom, kreditfinanzierter Konsum und die Nachfrage aus den weltweiten Absatzmärkten waren für Anleger lange Zeit die treibenden Kräfte für den wirtschaftlichen Aufschwung der Schwellenländer. Bis die Weltwirtschaftskrise 2009 eine Zäsur bildete - und neben China auch andere Staaten weitreichende Reformprogramme anstießen.

Jüngstes Beispiel ist Indien. Seit Narendra Modi im Mai dieses Jahres zum Premierminister gewählt wurde, schnellte der Leitindex Sensex an der Börse Mumbai um fast 20 Prozent nach oben. Kampf der Korruption, Abbau der lähmenden Bürokratie und erleichterter Zugang zum indischen Markt für ausländische Kapitalgeber und Unternehmen - das waren die Eckpunkte, mit denen Modi im Wahlkampf angetreten war.

An den Börsen ist die Botschaft angekommen. Seit etwa einem halben Jahr verzeichnen Schwellenländerfonds wieder Zuflüsse. Einzelne nationale Börsenindizes wie in Indien, Indonesien oder Mexiko haben in diesem Jahr deutlich besser abgeschnitten als die wichtigsten Börsenbarometer in Europa. Dabei hatten internationale Investoren noch vor Jahresfrist massiv Wertpapiere und Währungen aus Schwellenländern verkauft, nachdem die US-Notenbank angekündigt hatte, ihre Aufkäufe von amerikanischen Staatsanleihen zu reduzieren.

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BRIC - nicht mehr das Maß der Dinge



Das Anlageuniversum hat sich auseinanderentwickelt. Floss in den Zeiten vor 2009 das Kapital in alle Wachstumsmärkte, reflektiert die Kursentwicklung von Aktien und Anleihen jetzt das unterschiedliche Wirtschaftswachstum. Am stärksten zeigt sich diese Entwicklung bei den BRIC-Staaten Brasilien, Russland, Indien und China. "Das BRIC-Konzept reflektiert nicht mehr das Wachstumspotenzial der Schwellenländer", resümiert Uwe Röhrig, Senior Equity Stratege bei der UBS.

"Brasilien etwa leidet unter einer überhitzten Konjunktur mit hohen Inflationsraten, hohem Leistungsbilanzdefizit und einer hohen Verschuldung", sagt Röhrig. "In Osteuropa überzeugt Polen mit guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und robustem Wachstum, während die russische Wirtschaft vor allem aufgrund der Handelssanktionen im Zuge des Ukraine- Konflikts stagniert."

Klar ist aber auch: Im aktuellen Börsenumfeld sind Schwellenmärkte besonders anfällig für Kursschwankungen. "Nachrichten über den Reformprozess einzelner Staaten steuern die Volatilität der Märkte. In Brasilien etwa machen viele Marktteilnehmer die Intervention der Regierung von Dilma Rousseff und ihre gescheiterte Liberalisierung der Wirtschaft für sich verlangsamendes Wirtschaftswachstum verantwortlich", erläutert Mark Burgess, Chief Investment Officer von Threadneedle Investments. Aus Anlegersicht bedeutet das im Umkehrschluss steigende Kurse bei brasilianischen Wertpapieren, sollte die aus den Wahlen am 26. Oktober siegreich hervorgehende Regierung eine Deregulierung der Wirtschaft in Angriff nehmen.

Vielfältig sind auch die ökonomischen Strukturen der Schwellenländer. Russlands Volkswirtschaft ist eindimensional auf die Öl- und Rohstoffpreise ausgerichtet. Die deutlich exportorientierten Industrien in Südkorea und Taiwan sind wiederum stark vom Welthandel abhängig. Und auf den Philippinen werden 70 Prozent der Wirtschaftsleistung durch den Binnenkonsum generiert.

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Vorreiter Asien



"Weniger exportabhängige Staaten wie Indien werden deutlich überdurchschnittlich wachsen, wenn sie die eingeleiteten strukturellen Reformen und politischen Veränderungen umsetzen", meint Hian Boon Tay, Fondsmanager bei Deutsche Asset & Wealth Management. Auch China werde in den kommenden Monaten das sich abschwächende Wachstum in Europa spüren. "Aber wir bleiben in China übergewichtet und investieren in Sektoren, die von der Reformpolitik der Regierung profitieren. Das ist zum Beispiel der Gasbereich, wo der Preis dem globalen Niveau angepasst wird. Eine Zukunftsbranche sind staatlich geförderte grüne Technologien wie Windkraft."

Überhaupt schneiden bei den Fundamentaldaten die meisten asiatischen Volkswirtschaften besser ab als beispielsweise Lateinamerika oder Osteuropa als Ganzes. Das gilt für Leistungsbilanzüberschüsse ebenso wie für die Steuerpolitik und die Stabilität ihrer Währungen. Gerade die Märkte von Staaten mit einem sehr hohen Leistungsbilanzdefizit wie die Türkei, Südafrika oder Brasilien waren zuletzt von einem schnellen Abfluss von Liquidität besonders betroffen - und mussten eine Abwertung ihrer Währung gegenüber dem US-Dollar um bis zu 20 Prozent hinnehmen. Dementsprechend kräftig fielen die Kursverluste an den jeweiligen Börsen aus.

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Die richtige Titelauswahl



Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist der Zeitpunkt, zu dem die US-Notenbank Zinserhöhungen einleitet. Dann, so Threadneedle- Experte Burgess, würden die Märkte vor allem jene Länder bevorzugen, deren Außenhandelsbilanz eine weniger liquide US-Währung nichts anhaben könnte. Sein Fazit: "Schwellenländer mit gesunden Bilanzen und geringer Verschuldung in Fremdwährung sind klar im Vorteil. Anleger sollten bei der Titelauswahl vor allem Unternehmen im Auge behalten, die auf strukturelle Wachstumstreiber ausgerichtet sind." In der Praxis bedeutet das: Anleger sollten vor allem Unternehmen auf dem Radar haben, die in der Energieversorgung, im Ausbau der Infrastruktur, in der Konsumgüterproduktion und bei Umwelttechnologien tätig sind.

Wer im aktuellen Zinsumfeld neben Aktien auf Anleihen setze, sollte infolge der höheren Liquidität Staatsanleihen bevorzugen, meint Schwellenländerexpertin Uta Fehm von UBS Global Asset Management: "Unternehmensanleihen können wieder interessanter werden, wenn in den Schwellenländern eine deutliche wirtschaftliche Belebung zu erwarten ist und sie dann wieder einen deutlich positiven Spread zu Staatsanleihen aufweisen."

Wer in Schwellenländeraktien investiert, muss sich darüber im Klaren sein, dass es weitaus schwieriger ist, sich mit Informationen über Marktumfeld und Geschäftsentwicklung zu versorgen als bei europäischen oder amerikanischen Unternehmen. Investmentfonds sowie ETFs, die bestimmte Märkte oder Branchen abbilden, bieten daher gerade für Privatanleger häufig das bessere Chance-Risiko-Profil.

Derzeit sind die meisten Schwellenländerfonds in ihrer regionalen Ausrichtung zu mehr als der Hälfte in asiatischen Märkten investiert. Zudem gilt es zu beachten, dass gerade Fonds, die auf Nebenwerte oder Nischenmärkte spezialisiert sind, teilweise höhere Managementgebühren verlangen. Umso mehr müssen diese Fonds ihre Kosten durch eine Outperformance gegenüber dem Wettbewerb und der Benchmark rechtfertigen.

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Unterschiedliche Fondskonzepte



Im Folgenden stellen wir Anlagemöglichkeiten von vier verschiedenen Kontinenten vor. Wer das Risiko hingegen über alle Kontinente streuen will, findet mit fünf Fonds ein besonders gutes Chance-Risiko- Profil. Der Kepler Rentenfonds kann Long und Short-Positionen eingehen und setzt dabei fast nur auf Staatsanleihen. Eine defensive Anlagestrategie verfolgt auch der Robeco Emerging Conservative, der seine Auswahl anhand von Kriterien wie Volatilität, Bewertung und Marktstimmung trifft. Dieser Aktienfonds setzt auf Bluechips und ist zu 60 Prozent in Asien, aber nur zu 7,5 Prozent in Osteuropa investiert. Der Threadneedle Global Emerging Markets Equity Fund hat hingegen Staaten wie Mexiko, Taiwan oder Südkorea höher gewichtet. Deren Wirtschaft ist stärker auf die Weltkonjunktur ausgerichtet.

Zu den besten Nebenwertefonds zählt der von Investorenlegende Mark Mobius gemanagte Templeton Emerging Markets Smaller Companies, der zu mehr als 70 Prozent in Asien investiert ist. Unter den Branchen bilden Technologie und Konsumgüter die größten Positionen. Der Vontobel Emerging Markets Equity Fund verzichtet derzeit ganz auf Investments in Osteuropa. Dafür investiert er in internationale Konzerne wie British American Tobacco, die sehr stark in Schwellenländern vertreten sind.