Zu den zehn Investmentmaximen, die der Gründer des Templeton Growth Fund einst aufstellte, gehört auch diese: "Seien Sie offen für Neues." Wer in dem Fonds investiert ist, musste die vergangenen sechs Jahre vor allem offen für neue Gesichter sein. Seit Anfang 2008 wechselten die Fondsmanager an der Spitze zweimal. Ein sehr kurzer Zeitraum - vor allem wenn man bedenkt, dass Fondsgründer John Templeton das Portfolio 33 Jahre lenkte.

Die hektischen Personalwechsel verrieten, wie nervös man bei der Anlagegesellschaft Franklin Templeton inzwischen wurde. Ihr traditionsreichster Fonds war ins Mittelmaß abgerutscht. Es gelang ihm oft nicht, seinen Vergleichsindex, den MSCI World, zu schlagen. Seit 2004 verschlechterte sich der Aktienfonds allmählich von FondsNote 1 auf 3. Manch einer sah die jahrzehntelange Erfolgsgeschichte schon beendet.

Doch 2011 kam mit dem neuen Fondsmanager Norman Boersma die Wende. Er legte den Grundstein dafür, dass es ab 2012 mit dem Fonds wieder aufwärtsging. So kaufte er in einer Zeit, in der sich die meisten Anleger nicht an europäische Bankaktien trauten, Anteilscheine von italienischen und französischen Geldhäusern. Über viele Jahre hinweg waren solche Titel im Portfolio des Growth Fund nicht zu finden. Boersmas Entscheidung sowie sein Entschluss, den Schwerpunkt frühzeitig auf europäische Aktien zu legen, zahlte sich aus. Seit Anfang des Jahres trägt der Fonds wieder Note 1.

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Eine große Herausforderung

"Wer keine Geduld hat, wird nie reich." Auch diese Erkenntnis geht bereits auf John Templeton zurück. Wer dem Investmentpionier 1954 bei der Auflage des Fonds umgerechnet 10 00O Euro anvertraut hätte, dürfte sich heute über knapp 3,8 Millionen Euro Vermögen freuen. Eine solche Historie erfolgreich weiterzuführen ist eine Herausforderung, der sich Boersma bei seinem Amtsantritt durchaus bewusst war. "Es ist schon etwas Besonderes, für diesen Fonds zu arbeiten, und eine große Verantwortung", sagt der 56-Jährige.

Dabei war seine Laufbahn bis hin zum Lenker eines Milliardenportfolios keinesfalls vorgezeichnet. 1958 in Kanada als Sohn holländischer Einwanderer geboren, fing Boersma nach seinem College-Abschluss zu nächst in der Elektronikfirma seines Vaters an. Doch bereits ein Jahr später verkaufte dieser das Unternehmen an Hewlett-Packard. "Nicht meinetwegen, soviel ich weiß", scherzt Boersma. Für ihn war die Zeit gekommen sich neu zu orientieren. Er zog sein MBA-Studium durch und machte nebenbei Erfahrungen am Aktienmarkt.

Nach dem Studienabschluss 1986 fing Boersma bei der Pensionskasse eines großen kanadischen Energieversorgers an und managte dort ein Nebenwerteportfolio. Über einen persönlichen Kontakt kam er zu Templeton, wo ihm der Firmengründer persönlich auf den Zahn fühlte. Er arbeitete sich bis zum Leiter der Analyse für internationale Aktien empor, bis er schließlich die Verantwortung für den Templeton Growth Fund übernahm. Seit Mitte 2012 ist er zudem Chefstratege für globale Aktien bei Templeton.

2011 übersiedelte Boersma nach Nassau auf den Bahamas. Dorthin zog Firmengründer John Templeton in den 60er-Jahren, um Steuern zu sparen. Für die Arbeit als Fondsmanager biete der Inselstaat einen großen Vorteil, sagt Boersma: "Wenn man ein langfristig ausgerichteter Investor ist, kann man sich dort fernab des täglichen Lärms auf seine Aufgaben konzentrieren."

Und dank Datennetz und moderner Kommunikationsmittel wisse man sehr genau, was in der Welt passiert. Dafür seien Termine zum Beispiel in New York etwas aufwendiger. "Denn dorthin geht von Nassau aus nur ein einziger Flug pro Tag. Wenn der Termin ungünstig liegt, kann es schon mal vorkommen, dass man drei Tage weg ist." Dass Boersma alle wichtigen Informationen und Analysen zu Unternehmen weltweit bekommt, dafür sorgen 40 Mitarbeiter des global aufgestellten Aktienteams von Templeton. Sie sind in den USA, in Kanada, Großbritannien, Singapur, Australien und Hongkong stationiert.

Weltweit und nicht nur auf dem heimischen Markt nach den besten Aktien zu suchen, diese Idee geht ebenfalls auf John Templeton zurück. Als einer der ersten internationalen Investoren kaufte er in den 70er-Jahren japanische Aktien. Doch bereits Mitte der 80er fand er dort kaum noch günstige Titel. Nach und nach verkaufte er gut gelaufene Aktien, selbst als die Märkte weiter zulegten. Umso besser stand der Fonds da, als Japans Märkte einbrachen.

Wie das Beispiel zeigt, dreht sich beim Templeton Growth alles darum, den fairen Wert eines Unternehmens zu ermitteln. Genauso wichtig, wie Schnäppchen auszumachen, ist es, sich rechtzeitig von Firmenanteilen zu trennen, wenn der Kurs zu weit läuft. Diese Verkaufsdisziplin zahlte sich auch um die Jahrtausendwende aus, als sich der Fonds in großem Stil von Technologie-, Telekomund Medientiteln trennte. Stattdessen kamen vermeintlich langweilige Aktien der Old Economy ins Depot - Industrie- und Rohstofffirmen etwa. Sie stiegen wieder zu Anlegerfavoriten auf, als die Dotcom-Blase platzte.

Kaufen, was andere verschmähen - dieses Templeton-Motto setzt auch Boersma um. Mutiger und erfolgreicher als seine beiden Vorgänger. Dabei ist er so ehrlich zuzugeben, dass ihm das Investmentumfeld seit 2012 entgegenkam: Das Bekenntnis von EZB-Chef Mario Draghi zum Euro habe viel Unsicherheit aus den Märkten genommen. "Seitdem konzentrieren sich Investoren wieder auf die Entwicklung von Einzeltiteln. Damit kommen unsere Qualitäten als Stock-Picker zum Tragen."

Aktuell findet er in zyklischen Branchen wie Industrie, Technologie und Gebrauchsgüter günstige Einstiegskurse. Europa-Aktien machen derzeit knapp 50 Prozent im Templeton Growth Fund aus. "Eine regionale Vorliebe lässt sich daraus aber nicht ableiten", sagt Boersma. Dort locken derzeit einfach die besten Chancen.

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