Hans Weller (Name geändert) kann warten. Der Münchner ist Kindergärtner und weiß, dass Kinder sich gerne bitten lassen. Und nicht nur die. Auch seine Bank stellt Wellers Geduld auf die Probe: Ende 2004 hat Weller einen Kredit über 20 000 Euro aufgenommen. Als ihm die HypoVereinsbank das Geld auszahlte, musste er rund 2000 Euro Bearbeitungsgebühr zahlen. Das ärgerte Weller. "Doch als ich mich informierte, merkte ich, das war damals bei den meisten Banken normal", sagt er.

Im Lauf der Jahre hatte er den Kredit abgestottert und die ärgerliche Gebühr fast schon vergessen, als ihn im Herbst 2014 ein Urteil des Bundesgerichtshofs hellhörig machte. Die obersten Zivilrichter stellten fest: Banken müssen Kreditnehmern die Bearbeitungsgebühr für Verträge ab dem 28. Oktober 2004 erstatten - zuzüglich Zinsen. Erst durch Urteile einiger Oberlandesgerichte in den Jahren 2010 und 2011 hätten Verbraucher erfahren können, dass die gezahlten Gebühren unzulässig sind (Az. XI ZR 348/13, Az. XI ZR 17/14). Daher entschieden sich die Richter, nicht wie üblich die dreijährige, sondern die zehnjährige, absolute Verjährungsfrist gelten zu lassen. Im Klartext: Wer zwischen Herbst 2004 und Ende 2011 eine Kreditbearbeitungsgebühr gezahlt hat, konnte sie bis Ende 2014 zurückfordern.

Hans Weller gehört zu den mehreren Hunderttausend Kreditnehmern, die aktiv wurden. Kurz nach dem Urteil formulierte er seine Forderung und schickte sie per Einschreiben an die HypoVereinsbank. Das Warten begann. Wochen später, kurz vor Weihnachten, bekam er einen Brief, in dem die Bank auf die sogenannte Einrede der Verjährung verzichtete. "Dass die Bank sich gerührt hat, ist positiv", sagt Christian Urban, Bankjurist bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. "Ohne den Verzicht seitens der Bank hätten seine Ansprüche verfallen können." Seitdem hat Weller nichts mehr von seiner Bank gehört. Den Grund nennt Sandra Hilpert, Sprecherin der CreditPlus Bank: "Insbesondere das zweite BGH-Urteil mit dieser langen Rückwirkung hatte die gesamte Bankbranche in diesem Ausmaß nicht erwartet." Sprich: Viel mehr Kunden als von den Banken gedacht meldeten Ansprüche an.

Die Stiftung Warentest schätzt, dass Banken zwischen 2005 und 2011 Kreditnehmern sieben Milliarden Euro an Bearbeitungsentgelten in Rechnung gestellt haben. Allein die Deutsche Bank hat für die Entschädigung bereits 400 Millionen Euro an Rückstellungen gebildet. Die BÖRSE-ONLINE-Umfrage (siehe Tabelle) zeigt: Insgesamt sind die Banken mit konkreten Zahlen eher zurückhaltend. Die meisten geben an, bereits einem Teil der Kunden die Gebühren erstattet zu haben. Laut BGH steht Kunden zusätzlich zur Gebühr auch ein Anspruch auf Zinsen als Nutzungsersatz zu. Schließlich konnte die Bank mit der Gebühr wirtschaften. Verbraucher können fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz verlangen. Aktuell liegt der Verzugszins bei 4,17 Prozent. Hintergrund: Der Basiszins ist seit gut einem Jahr negativ. In den Jahren vor 2013 lag er aber zum Teil deutlich über fünf Prozent.

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Notfalls mit Anwalt

"Wer bisher nur seine Bank angeschrieben und die Gebühr eingefordert hat, geht unter Umständen leer aus, denn das hemmt die Verjährung nicht", so Verbraucherschützer Urban. Die wird nur gehemmt, wenn der zuständige Ombudsmann angerufen wurde, die Bank auf die Einrede der Verjährung verzichtet, der Kunde klagt oder wenn er einen Mahnbescheid schickt. Einige Institute weigern sich. Doch viele Argumente seien, so Urban, juristisch nicht haltbar. So seien die BGH-Urteile sehr wohl auch auf Immobiliendarlehen anwendbar. Gegebenenfalls müssen Kunden mit Unterstützung eines Rechtsanwalts klagen. Wegen des damit verbundenen Kostenrisikos ist das aber oft nur sinnvoll, wenn sich die Bank absolut querstellt. Wer eine Rechtsschutzversicherung hat, sollte sich zuvor eine Deckungszusage einholen.