Überhaupt verhindert eine global üppige Geldpolitik eine klare Bereinigung der Aktienmärkte.

Zinserhöhungserwartungen werden von der EZB konsequent bekämpft



Das langjährige Gespenst der Deflation in der Eurozone ist zwar verschwunden. Doch streut die EZB trotz zuletzt gestiegener Rohstoffpreise und von ihr auch angehobener Inflationsprojektionen - 2017 statt 1,3 Prozent 1,7; 2018 1,6 nach 1,5 Prozent und 2019 unverändert 1,7 Prozent - Zweifel, dass in den nächsten drei Jahren mit einer Erreichung ihres Inflationsziels von zwei Prozent zu rechnen ist.

Die Entwicklung der Rohstoffpreise könnte Herrn Draghi Recht geben. Wenn die Ölpreise im Jahresverlauf wie erwartet nicht weiter steigen, laufen die preissteigernden Basiseffekte aus. So hat Saudi-Arabien bereits anklingen lassen, seine einseitigen Förderkürzungen zu überdenken, wenn sie nicht von anderen disziplinlosen Ölländern mitgetragen werden. Ab Preisen von etwa 55 US-Dollar gewinnt das Öl-Fracking ohnehin an breiter Attraktivität und verhindert fortgesetzte Ölpreisanstiege.



Nach Aussagen von Mario Draghi weist die Kerninflationsrate - d.h. ohne Berücksichtigung von Energie- und Nahrungsmitteln - ohnehin keine Aufwärtsdynamik auf. Und er erklärt, dass diese auch ohne Zutun der Geldpolitik selbsttragend sein müsste. Diese Bedingung ist kaum überprüfbar. Die EZB hat somit einen willkommenen Gummiparagraph gefunden, um geldpolitisch möglichst lange nicht restriktiv werden zu müssen.



Den Wachstumsoptimismus in der Eurozone teilt die EZB nur bedingt. Zwar hat sie aus ihrem Sitzungs-Kommuniqué die Aussage gestrichen, "alle innerhalb ihres Mandats verfügbaren Instrumente" einzusetzen, um ihre Konjunkturziele zu erreichen. Zudem betont EZB-Chef Draghi, dass sich die Risiken für die Euro-Wirtschaft zuletzt ausgeglichener darstellen. Und tatsächlich hebt die EZB sogar ihre Wachstumsprojektionen leicht an: 1,8 nach 1,7 Prozent im Jahr 2017 und 2018 von 1,6 auf 1,7 Prozent. Gleichzeitig jedoch beteuert Draghi, dass diese Konjunkturprojektionen nur bei vollständiger Umsetzung aller geldpolitischen Maßnahmen der EZB zu erwarten sind und dass seine Formulierung "ausgeglichenere Risiken" nicht bedeutet, dass die Konjunkturrisiken beseitigt sind. Seine Botschaft ist eindeutig: Ohne unsere freizügige Geldpolitik ist ein Wirtschaftsaufschwung unmöglich.

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Die unausgesprochene Sorge der EZB: Stabilität macht nicht satt



Die Idee der Europäischen Stabilitätsunion verfängt bei immer mehr Bürgern in der Eurozone immer weniger. Zunächst schmerzhafte Wirtschaftsreformen finden bei den Wählern mehrheitlich keine Akzeptanz mehr. Reform-Parteien würden bei Wahlen vom Fluch der Eurozone heimgesucht: "Wer reformiert, wird abgewählt". In Ermangelung wirtschaftsfreundlicher Nährböden halten sich Unternehmen leider mit Investitionen zurück, die erst zu Arbeitsplätzen, Konsum und Steuern führen. Abzulesen ist diese Investitionsrenitenz übrigens auch an hohen Auslastungsgraden der Industrie z.B. in Deutschland. Es gibt viel zu wenige Neuinvestitionen.

Als Alternative setzt man in vielen Euro-Ländern notgedrungen auf staatliche Konjunkturförderung und Transferleistungen. Sie sollen für soziale Ruhe und bei Nationalwahlen für die Wahlkreuze bei Euro-freundlichen Parteien sorgen. Da diese staatlichen Finanzmittel mangels Steuermasse über Neuverschuldung aufgenommen werden müssen, steht die EZB in der sozialpolitischen Verantwortung, für eine reibungslose Finanzierung ohne GAU der Staatshaushalte zu sorgen. Ihre Instrumente sind und bleiben Niedrigzinspolitik und Anleihekäufe.

Daher betont sie, den Aufkauf von Anleihen nicht vorzeitig zu beenden und bei Bedarf in Größe und Dauer sogar auszuweiten. Sollte die Ankaufgrenze von Staatsanleihen eines Landes, die auf ein Drittel begrenzt ist, erreicht sein, könnte die EZB zu für Banken lukrativen Jahrestendern greifen. Mit ihrer Hilfe würden Kreditinstitute die Arbeit von Anleihekäufen übernehmen.

Es ist kein Geheimnis, dass die übergroße Mehrheit der Vertreter im EZB-Rat auf Geheiß ihrer jeweiligen Regierung starke Anhänger dieser üppigen Geldpolitik sind. Der Einfluss der Bundesbank ist leider nicht groß genug, um eine Trendwende zu erreichen.



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Sind Aktien zu teuer?



Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat ihre Wachstumsprognosen für die Weltkonjunktur - 2017 3,3 Prozent und 2018 3,6 Prozent - bestätigt. Jedoch verweist sie auf Risiken, wonach die an den Finanzmärkten eingepreisten Wachstumserwartungen übertrieben seien. Tatsächlich haben sich die Aktienmarktkapitalisierungen in Deutschland, aber vor allem in den USA deutlich von der Realwirtschaft abgekoppelt. In Amerika hat das Verhältnis von Marktkapitalisierung zu Wirtschaftsleistung sogar neue Rekordwerte erreicht. Aber auch Deutschland ist von einem neuen Rekordverhältnis nicht mehr weit entfernt.



Damit müssen Aktien historisch betrachtet als zu teuer gelten. Dieses Abheben von Aktien ist unter normalen Umständen ein Alarmzeichen für eine bevorstehende deutliche Aktienmarktbereinigung, wie sie bereits im Zusammenhang mit der Dot Com- und Immobilienblase stattgefunden hat. Allerdings gibt es heutzutage einen massiven Unterschied. In früheren Baissejahren haben jeweils restriktive Notenbanken Aktienkonsolidierungen und sogar Crashs eingeleitet.

Diese Flurbereinigung droht aktuell nicht. Selbst die Fed gestaltet ihre Zinserhöhungspolitik mit fast schon künstlerischer Zurückhaltung. Übrigens denkt sie gar nicht daran, ihre üppige Geldversorgung zurückzufahren, um einen nicht nur finanz- sondern auch realwirtschaftlichen Zins- und Renditeschock weltweit zu verhindern. Und die EZB, die Bank of Japan, die People's Bank of China oder die Bank of England sind ohnehin noch auf einem fortgesetzt expansiven geldpolitischen Kurs. Die Liquiditätshausse lebt. Sie stirbt nicht.



Dass die EZB einer bedingungslosen Konjunktur- und Finanzmarktstabilisierung eindeutigen Vorrang vor einer konsequenten Inflationsbekämpfung einräumt, hat zu einer Ausweitung der negativen Realzinsen geführt. In Deutschland befinden sich die Realrenditen auf Basis der durchschnittlichen Rendite deutscher Staatsanleihen auf einem historischen Tiefstand. Der Anlagenotstand durch die Unattraktivität des Zinsvermögens wird größer und wird am Aktienmarkt befriedigt.



Allerdings erhalten die weltweiten Aktienmärkte immer mehr fundamentale Unterstützung. Der von der Citigroup veröffentlichte Global Earnings Revisions Index - er misst die Anzahl der herauf- bzw. herabgesetzten Gewinnschätzungen von Analysten weltweit - deutet gemäß ersten Erholungserscheinungen auf verbesserte Gewinnaussichten hin.



Als zusätzliche Aktienstütze erweisen sich Aktienrückkaufprogramme. Unternehmen aus den USA und der Eurozone nutzen niedrige Kreditzinsen für Aktienrückkäufe, ersetzen so teures Eigen- durch viel billigeres Fremdkapital und heben damit die Effizienz der Kapitalstruktur und die Bilanzqualität. Und nicht zuletzt vollziehen sie damit gleichzeitig eine Dividendenverhinderungsstrategie.





Auf Seite 5: Erhöhte Volatilität aufgrund politischer Risiken





Erhöhte Volatilität aufgrund politischer Risiken



Politische Risiken können in den nächsten Monaten durchaus für zwischenzeitliche Rücksetzer sorgen. Nachhaltige Korrekturen sind jedoch nicht zu erwarten. Zwar erreicht die US-Wirtschaft am 16. März 2017 ihr Schuldenlimit. Laut Schätzung geht dem US-Finanzministerium allerdings erst im Herbst 2017 das Geld aus. Bis dahin wird man sich routiniert auf die Anhebung der US-Schuldenobergrenze geeinigt haben, zumal die Republikaner eine Kongressmehrheit besitzen. Eine fiscal cliff-Krise wie 2012 ist nicht zu erwarten.

Und wenn die Umfrageinstitute nur halbwegs richtig liegen, werden bei der niederländischen Parlamentswahl in der kommenden Woche rund 80 Prozent der Niederländer nicht für die Euro-kritische Partei PVV von Geert Wilders stimmen, so dass eine Mehrparteienkoalition dessen Regierungsverantwortung verhindert.

Auf Seite 6: Charttechnik Dax und Wochenausblick KW 11





Charttechnik DAX - Langfristige Trendbestätigung, kurzfristiges Korrekturpotenzial



Charttechnisch ist der übergeordnete Aufwärtstrend im DAX intakt. Kurzfristig kann es allerdings zu kleineren Rücksetzern kommen. Dabei liegt auf der Unterseite bei 12.016 Punkten eine erste Unterstützung. Weitere Haltelinien folgen darunter bei 11.920 und schließlich bei 11.821. Auf dem weiteren Weg nach oben stößt der Index bei 12.219 Punkten auf einen ersten Widerstand. Darüber folgt eine weitere Barriere am Allzeithoch bei 12.391.

Der Wochenausblick für die KW 11 - Zinserhöhung der Fed voraus: Na und?



In den USA zeugt der von der National Federation of Individual Business ermittelte Index Optimismus der US-Kleinunternehmen von einer an Tiefe gewinnenden Konjunkturerholung. Auch der US-Immobiliensektor setzt seine langsame, aber stetige Erholung fort. Die Inflationsrate ist im Februar weiter gestiegen.

Auf ihrer kommenden Sitzung wird die US-Notenbank ihren Leitzins zwar erneut anheben, gleichzeitig aber betonen, dass ihre Zinswende weiter homöopathischen Charakter hat.

In der Eurozone erreicht die Inflation im Februar ihren vorübergehenden Höchststand, bevor sie in den kommenden Monaten wieder an Kraft verliert. Der Anlegerfokus gilt jedoch vor allem den Nationalwahlen am 15. März in den Niederlanden, bei der es zu keiner Euro-feindlichen Regierung kommen wird.

In Deutschland werden sich die ZEW Konjunkturerwartungen stabilisieren.

Rechtliche Hinweise / Disclaimer und Grundsätze zum Umgang mit Interessenkonflikten der Baader Bank AG: https://www.bondboard.de/main/pages/index/p/128

Robert Halver leitet die Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank.