Drei Möglichkeiten haben VW-Aktionäre, sich an dem Verfahren zu beteiligen. Eine davon hat es in dieser Form noch nie gegeben. Doch Eile ist geboten - denn eine Verjährung droht. Mit der Auswahl des Musterklägers verfolgt das Oberlandesgericht Braunschweig vor allem ein Ziel: Im Rahmen dieses Verfahrens soll möglichst umfassend geklärt werden, unter welchen Bedingungen Anleger Anspruch auf Schadenersatz haben. Deswegen wird als Musterkläger ein Großanleger ausgewählt, der über einen längeren Zeitraum in zahlreichen Fällen VW- und Porsche-Wertpapiere gehandelt hat.

Anhand dieser Transaktionen wird das Gericht nun untersuchen, ob und wann Anlegern eine Kompensation zusteht, weil VW die Manipulationen an den Abgasanlagen zu spät an den Finanzmarkt gemeldet hat. Volkswagen-Aktionäre, die auf Schadenersatz aufgrund der erlittenen Kursverluste klagen wollen, haben beste Chancen, wenn Sie Volkswagen-Aktien nach dem 1. Juni 2014 gekauft und diese am 18. September 2015, zum Zeitpunkt des Bekanntwerdens der Abgasaffäre, im Depot hatten.

Erstmals in Deutschland können private Aktionäre ihre Ansprüche auf Schadenersatz mithilfe der Interessengemeinschaft Widerruf ohne Kostenrisiko geltend machen. Das funktioniert mithilfe einer sogenannten Prozessfinanzierung. In deren Rahmen zahlt der Aktionär lediglich dann ein Erfolgshonorar in Höhe von 33 Prozent, wenn Volkswagen Schadenersatz leistet. Ist dies nicht der Fall, entstehen auch keinerlei Kosten.

Insgesamt gibt es drei verschiedene Wege, mit denen VW-Aktionäre ihr Recht auf Schadenersatz geltend machen können. Diese unterscheiden sich vor allem durch die Höhe der Kosten sowie das Kostenrisiko. Variante 1: individuelle Klage. Jeder Anleger kann seinen Schadenersatz individuell einklagen. Diese Klagen werden mit Eröffnung des Musterverfahrens zunächst stillgelegt. Eine Klage verursacht die höchsten Kosten. Bei einem Streitwert von 10 000 Euro (das entspricht einem eingeklagten Kursverlust in dieser Höhe) beträgt das Kostenrisiko rund 2000 Euro. Allerdings bekommt man dieses Geld zurück, wenn VW zur Zahlung von Schadenersatz verurteilt wird.

Variante 2: Anmeldung zum Musterverfahren. Durch die Anmeldung beteiligt sich der Anleger am Musterverfahren, ohne selbst zu klagen. Damit wird das Ergebnis des Musterverfahrens für ihn bindend. Die Kosten für eine Anmeldung sind niedriger, bei einem Streitwert von 10 000 Euro betragen sie rund 675 Euro. Dieses Geld bekommt man aber nicht zurück - auch dann nicht, wenn der Fall gewonnen wird.

Variante 3: Prozessfinanzierung. Wer ein Kostenrisiko grundsätzlich ausschließen will, für den kann die Prozessfinanzierung interessant sein, die die IG Widerruf bietet. Hier übernimmt ein Investor das komplette Kostenrisiko für die Schadenersatzklage. Erst wenn Schadenersatz von VW fließt, erhält der Prozessfinanzierer einen Anteil von 33 Prozent. Voraussetzung für die Prozessfinanzierung ist, dass mindestens 100 VW-Aktien nach dem 1. Juni 2014 gekauft wurden und mindestens bis zum offiziellen Bekanntwerden der Manipulationen am 18. September 2015 im Depot geblieben sind.

Selten zuvor waren für Anleger die Aussichten auf Schadenersatz so gut wie im Fall VW. Dies gilt zumindest dann, wenn VW-Aktien im oben genannten Zeitraum erworben wurden. Bei früheren Käufen und bei anderen Wertpapieren (VW-Anleihen und Derivate sowie Porsche-Aktien) sind die Aussichten zwar vorhanden, aber nicht ganz so gut. Wichtig ist jedoch, dass die Ansprüche auf Schadenersatz zeitnah geltend gemacht werden. Denn im Mai 2017 greift eine wichtige Verjährungsfrist. Wer erst danach aktiv wird, dürfte deutlich schlechtere Aussichten haben.

Roland Klaus



Klaus arbeitet als freier Journalist in Frankfurt und ist Gründer der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info). Sie dient als Anlaufstelle für den Widerruf von Immobilienkrediten und bietet unter www.widerruf.info/vw eine kostenlose Prüfung von Schadenersatzansprüchen für VW-Anleger an. Bekannt wurde Klaus als Frankfurter Börsenreporter für n-tv, N24 und den amerikanischen Finanzsender CNBC.