von Martin Blümel

Selten war ein Marktausblick an dieser Stelle so schwierig wie dieses Mal. Für den 16. und 17. September ist nämlich das Treffen der amerikanischen Notenbanker angesetzt. Und die Notenbank Fed könnte just an diesen beiden Tagen die Zinswende einläuten. Und das wäre eine ordentliche Zäsur, steht doch der Leitzins seit Dezember 2008 unverändert bei null bis 0,25 Prozent.

Eine schwierige Gemengelage. Der alte Investmentfuchs Jim Rogers beispielsweise glaubt, dass die Fed die Leitzinsen zwar anheben, sie danach aber ganz schnell wieder senken wird, sollten die Märkte in den Panik-modus umschalten. Und das wäre gar nicht so abwegig. Es ist durchaus möglich, dass die Märkte auch in den kommenden Wochen durch weitere Schockwellen erschüttert werden.

Die aktuell extreme Volatilität wird wohl schon allein deshalb anhalten, weil die wichtigsten Kräfte der Weltwirtschaft in verschiedene Richtungen wirken: China und Europa weiter expansiv, was die Geldpolitik angeht, die USA restriktiv. Die Folge dürften immer wieder Nachbeben sein - egal ob in Europa oder an anderen Börsen der Welt. Die Märkte müssen sich eben noch arrangieren mit dieser ungewöhnlichen Situation. Und solange der Ölpreis niedrig bleibt und es keine absehbare Erholung beim Konsum und bei den Kapitalaufwendungen gibt, dürfte die Stimmung gedrückt bleiben.

Und da ist dann ja noch die Sache mit den fehlgeschlagenen Zinserhöhungsversuchen anderer Notenbanken. Fast ein Dutzend Zentralbanken haben seit der Finanzkrise bereits die Zinswende einläuten wollen. Aber jedes Mal ging es schief. Die schwedische Zentralbank hat es 2010 versucht - aus Furcht vor einer Spekulationsblase am Immobilienmarkt. Dadurch sank die Inflation, und mit der Erholung am Arbeitsmarkt war Schluss. Und heute? Heute hat Schweden negative Leitzinsen. Oder die Israelis: Die probierten es 2009, wurden aber durch die wirtschaftlichen Verwerfungen in Europa und die weltweite Inflation gezwungen, den Zins postwendend wieder zu senken - und zwar auf ein niedrigeres Niveau als zuvor.

Und jetzt also ein erneuter Versuch? Und dann gleich von der weltweit wichtigsten aller Notenbanken. Spannend! Wie wird die Börse reagieren? Die Frage ist ja auch: Was ist in den Kursen bereits "eingepreist", wie es so schrecklich im Börsianerdeutsch heißt. Sollte der chinesische Yuan etwa weiter abwerten, was nach einer US-Zinserhöhung recht wahrscheinlich ist, dürfte es wohl doch noch einmal ungemütlich werden. Und was ist mit den anderen Schwellenländern? Mit Brasilien, mit Indien? Und was ist mit den gesunkenen Rohstoffpreisen? Hält die Schwäche weiter an, dann wirkt dies deflationär, was keine gute Nachricht für die Börse ist.

Das Positive an der Korrektur: Aktien sind jetzt günstiger zu haben. Sowohl auf Basis der Unternehmensgewinne als auch unter dem Preis-Buchwert-Aspekt notieren die Märkte inzwischen wieder unter dem langfristigen Durchschnitt. Das könnte im Fall eines weiteren Kursrutsches unterstützend wirken. Und - wenn man mal optimistisch bleiben will - solange die Aussichten für das weltweite Wachstum nicht dramatisch heruntergeschraubt werden und ein möglicher Zinswendeschritt verdaut ist, könnte es vielleicht später im Jahr auch wieder nach oben gehen.

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com