Eigentlich müsste die Stimmung an der Wall Street richtig gut sein. Alle großen Indizes stehen nach der Klettertour der vergangenen Wochen in Schlagweite zu ihren Bestmarken. Ein Ausbruch wäre gleichzusetzen mit dem besten Signal, das die Charttechnik zu bieten hat. Die Chancen sind durchaus nicht schlecht, denn zuletzt kam es über alle Branchen hinweg zu Kapitalzuflüssen. Der S&P 500 Performance-Index steht ebenso wie der Dow Jones Utility Index (Versorger) auf Rekordhoch.

In so einem Umfeld sollten Investoren normalerweise sehr optimistisch sein und durchweg zum Einstieg rufen. Doch die Realität sieht anders aus. In den vergangenen Wochen gab es fast nur warnende Töne: Goldman Sachs stufte den Aktienmarkt auf neutral, vor wenigen Tagen zog Blackrock nach. Bank of America / Merrill Lynch warnten vor einer Korrektur von 15 Prozent. Eine solche Serie von Abstufungen knapp unter den Bestmarken ist historisch extrem selten. Auch einige Investmentlegenden setzen verstärkt auf fallende Kurse. Gerüchten zufolge ist George Soros wegen den wirtschaftlichen Problemen in China und den zahlreichen, nicht nur politischen Risiken in Europa, wieder aktiv geworden und setzt auf einen breiten Kursrückschlag.

Doch nicht nur außerhalb der USA kommt die Wirtschaft trotz der historisch beispiellos lockeren Geldpolitik der Notenbanken nicht in Fahrt. Auch in den USA fällt das Wachstum schwach aus, die Fed zögert nach wie vor, einen weiteren kleinen Zinsschritt zu wagen. Die schwachen Arbeitsmarktdaten für Mai wurden von Fed-Chefin Janet Yellen als Ausreißer heruntergespielt. In Wirklichkeit geht der Trend aber schon seit einigen Monaten nach unten. Im Februar wurden noch 233.000 neue Stellen geschaffen, im März 186.000, im April 123.000 und schließlich in den folgenden vier Wochen nur noch 38.000. Von einer vorübergehenden Schwäche kann somit keine Rede sein.

Der Rückgang der Arbeitslosenquote auf 4,7 Prozent ist nur auf den ersten Blick positiv. Denn im Mai ist die Zahl der Erwerbspersonen um 458.000 gefallen. Anders formuliert: Der Rückgang der Arbeitslosenquote ist fast ausschließlich darauf zurückzuführen, dass sich viele Menschen nicht mehr um eine Beschäftigung bemühen. Zahlreiche Jobs wurden nur im Niedriglohnbereich geschaffen. Für eine Volkswirtschaft, deren Wirtschaft zu zwei Drittel vom Binnenkonsum abhängt, ein extrem schlechtes Signal. Ohnehin sind die meisten Daten inzwischen stark verfälscht. Berechnet nach der gleichen Methodik wie bis 1994, würde die Arbeitslosenquote nicht bei 4,7 sondern 23 Prozent liegen.

Bewertungen am Limit



Das Vertrauen in die Heilungskräfte der Notenbanken ist inzwischen schwer beschädigt. Sollte nicht bald ein nachhaltiger Aufschwung einsetzen, dürften die Sorgen noch größer werden. Denn durch die exzessive Geldpolitik der vergangenen Jahre und die Alternativlosigkeit der Geldanlage sind auch die Bewertungsrelationen inzwischen verzerrt. Basierend auf den Gewinnschätzungen für die kommenden zwölf Monate wird der S&P 500 inzwischen mit einem KGV von 17 gehandelt. Damit ist der breite amerikanische Aktienmarkt sehr teuer, der historische Durchschnitt liegt im Bereich von 14,2. Auch im Vergleich zur Wirtschaftsleistung sind Aktien alles andere als günstig. Nicht nur Investmentlegenden wie Warren Buffett achten stark auf das Verhältnis zwischen dem Börsenwert des S&P 500 zum Bruttoinlandsprodukt der USA. Aktuell liegt der Wert bei 1,2, während sich der langjährige Durchschnitt nur auf das 0,6-fache der US-Wirtschaftsleistung beläuft.

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Geringe Vola, günstige Kurse



Anleger, nicht nur am US-Aktienmarkt, sind daher gut beraten, bestehende Buchgewinne abzusichern. Auch kleine Spekulationen auf fallende Kurse bieten sich an, wegen der niedrigen Volatilität locken besonders Put-Optionsscheine mit günstigen Konditionen. Im Idealfall profitieren die Scheine doppelt: Von steigender Volatilität und fallenden Kursen. Als passendes Produkt bietet sich die WKN HU4DRD an. Der Basispreis liegt mit 2200 Punkten knapp über dem aktuellen Niveau. Bei einer Fälligkeit Mitte März 2017 ist der Zeitwertverlust pro Tag (Theta) noch gering und lässt ausreichend Puffer, damit sich das mögliche negative Szenario entfaltet. Bereits von einem Rücklauf an die 200-Tage-Linie und damit die nächste gute Unterstützung bei 2000 Punkten würde der Schein kräftig profitieren.



Franz-Georg Wenner ist Chefredakteur des börsentäglichen Anlegermagazins "Index-Radar". Der Spezialist für Technische Analyse ist regelmäßiger Gast beim Deutschen Anlegerfernsehen (DAF), Gastautor bei n-tv und gern gesehener Vortragsredner. Er hält regelmäßig Webinare, referierte unter anderem beim Verein Technischer Analysten Deutschlands (VTAD) und betreute mehrere Jahre für die Commerzbank den Zertifikate-Newsletter ideas daily. www.index-radar.de