HAMBURG (dpa-AFX) - Der mutmaßliche Betrug vereinzelter Schrottlieferanten belastet den Kupferkonzern Aurubis voraussichtlich mit rund 150 Millionen Euro. Aus der angekündigten außerordentlichen Inventur der Metallbestände habe sich ein Fehlbestand im Wert von 185 Millionen Euro ergeben, der das bis Ende September laufenden Geschäftsjahr 2022/23 belasten werde, teilte der MDax -Konzern am Dienstag in Hamburg mit. Versicherungsgelder und ein möglicher Einzug von Tätergeldern dürften die Summe noch um rund 30 Millionen Euro verringern. Daher und angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung im vierten Geschäftsquartal rechnet Aurubis für 2022/23 mit einem operativen Vorsteuerergebnis zwischen 310 und 350 Millionen Euro.

Die Aurubis-Aktien zogen auf die Nachricht hin an und führten am frühen Nachmittag den MDax mit einem Plus von knapp 5 Prozent auf 70,70 Euro an. "Mit der Ad-hoc-Mitteilung ist die Unsicherheit erst einmal raus und das Kapitel für den Kapitalmarkt abgeschlossen. Der Schaden überrascht nicht einmal negativ", kommentierte Aktienexperte Frederik Altmann von Alpha Wertpapierhandel.

Ende August hatten die Hamburger beim Metallbestand erhebliche Abweichungen vom Soll-Bestand sowie bei Sonderproben bestimmter Lieferungen von Einsatzmaterialien im Recyclingbereich ebenfalls Abweichungen festgestellt. Dies dürfte die Folge weiterer krimineller Handlungen sein, die über die im Juni 2023 veröffentlichten Fälle hinausgehen, hatte es geheißen. Das Landeskriminalamt sei eingeschaltet worden. Damals hatte der Konzern auch seine Jahresprognose eines operativen Vorsteuergewinns von 450 bis 550 Millionen Euro ausgesetzt. Die Aktien waren daraufhin um fast ein Fünftel auf 62,50 Euro eingebrochen, hatte sich zuletzt aber schon wieder ein gutes Stück berappelt.

Vor dem Hintergrund der neuen Aurubis-Prognose dürfte sich auch die Salzgitter AG zeitnah zu ihrem Jahresausblick äußern. Der Stahlkocher hält rund 30 Prozent der Anteile und hatte wegen der Aurubis-Unsicherheiten ebenfalls das Jahresgewinnziel ausgesetzt.

Mittlerweile ist es laut Aurubis "gesicherte Erkenntnis, dass Lieferungen und Proben für Einsatzmaterialien im Recyclingbereich mit hohen Gehalten wertvoller Metalle zum Schaden von Aurubis manipuliert wurden." Daher seien überhöhte Rechnungen bezahlt worden, trotz branchenüblichen Sicherheitsstandards. Welche Lieferanten betroffen seien, könnte aber noch nicht gesagt werden. Das Unternehmen hatte das Landeskriminalamt eingeschaltet, das weiterhin ermittelt.

Ausgeschlossen werden könne indes, dass Aurubis-Kunden und Lieferungen an diese von dem Betrugsfall betroffen seien, hieß es weiter.

Um zu verhindern, dass sich der Vorfall wiederholt, will Konzernchef Roland Harings nun "Prozessverbesserungen und weitere Sicherheitsmaßnahmen" umsetzen. Details dazu könnte es dann am 6. Dezember im Zuge der Veröffentlichung der Jahreszahlen geben.

Wie Aurubis bereits zuletzt schon betont hatte, wird sich der finanzielle Schaden nicht auf die Expansionspläne auswirken. Wie schon länger bekannt ist, wollen die Hamburger bis 2026 rund 1,1 Milliarden Euro in den USA, Bulgarien und Deutschland investieren. Den größten Gewinnbeitrag der aktuellen Wachstumsprojekte soll dann das Recycling-Werk in Richmond (USA) liefern, in dem die Produktion später im Jahr 2024 anlaufen soll. In den USA boomt das Altmetall-Recycling.

Und auch das Batterie-Recycling, das in Zeiten der Elektromobilität immer wichtiger wird, rückt bei Aurubis in den Fokus. Die Prüfung läuft. Eine Entscheidung dürfte aber erst mittelfristig fallen./mis/knd/nas

Quelle: dpa-Afx