Ein erneut glänzendes Quartal für den Internet-Riesen Amazon. Bei der Vorstellung der Zahlen am Donnerstagabend nach US-Börsenschluss zeigte sich, dass der US-Konzern die Gewinnerwartungen im Schlussquartal bei Weitem übertraf: Der Überschuss betrug 14,3 Milliarden US-Dollar (12,5 Milliarden Euro) und fiel damit fast doppelt so hoch aus wie vor einem Jahr.

Grund für den starken Anstieg im vierten Quartal war jedoch vor allem Amazons Beteiligung am Elektroautobauer Rivian. Durch diese konnte der Konzern bei dessen Börsengang im November einen hohen Sondererlös in der Bilanz verbuchen. Das Betriebsergebnis - das die Geschäftsentwicklung besser widerspiegelt - ging um fast die Hälfte auf 3,5 Milliarden Dollar zurück, wie Amazon am Donnerstag in Seattle mitteilte. Auch das Umsatzwachstum fiel für Amazons Verhältnisse recht mager aus. Die Erlöse kletterten um neun Prozent auf 137,4 Milliarden Dollar.

Im gesamten abgelaufenen Geschäftsjahr steigerte Amazon den Umsatz um knapp 22 Prozent auf 469,8 Milliarden Dollar. Das Betriebsergebnis nahm um knapp neun Prozent auf 24,9 Milliarden Dollar zu. Amazon hatte aufgrund seiner Investitions- und Einstellungsoffensive deutlich höhere Ausgaben als im Vorjahr. Allein im vierten Quartal heuerte der inzwischen zweitgrößte US-Arbeitgeber hinter Walmart rund 140.000 Mitarbeiter an. Insgesamt hat Amazon weltweit nach eigenen Angaben mittlerweile mehr als 1,6 Millionen Beschäftigte.

Ausblick hat sich eingetrübt


Für das laufende Vierteljahr rechnet das Unternehmen mit einem Umsatz zwischen 112 Milliarden und 117 Milliarden Dollar, was einem Anstieg zwischen drei und acht Prozent gegenüber dem Vorjahreswert entsprechen würde. Analysten hatten mit einer höheren Prognose von 120 Milliarden Dollar gerechnet.

Dafür floriert Amazons Cloud-Geschäft mit Speicherplatz und Anwendungen im Internet weiter. Das Flaggschiff AWS steigerte die Erlöse im Quartal um 40 Prozent auf 17,8 Milliarden Dollar und schaffte einen überraschend hohen Gewinn von 5,3 Milliarden Dollar. Das dürfte auch der Grund sein, weshalb Amazon die angekündigte Kostenlawine aufgrund des enormen Bedarfs an Personal und der hohen Investitionen in die Lieferlogistik besser bewältigte als befürchtet. Amazon hatte Anleger vor drei Monaten bereits vor milliardenschweren Zusatzausgaben aufgrund von höheren Löhnen, weltweiten Problemen in der Lieferkette und gestiegenen Frachtkosten gewarnt und auf maue Zahlen eingestellt.

Prime-Mitgliedschaft wird teurer


Amazon will in den USA mehr Geld für seine Prime-Mitgliedschaft kassieren - erstmals seit 2018. Der Service, der unter anderem Zugang zu kostenlosem Versand und Streaming-Diensten bietet, wird deutlich teurer: US-Neukunden sollen ab 18. Februar 14,99 Dollar statt 12,99 pro Monat und 139 Dollar statt 119 pro Jahr zahlen.

Für bestehende Kunden greifen die neuen Tarife im März. Außerhalb der USA sind laut Amazon zunächst keine höheren Preise geplant. Allerdings würde es hier durchaus Spielraum geben. In Deutschland ist das "Prime"-Abo mit 69 Euro pro Jahr oder 7,99 Euro pro Monat bislang deutlich günstiger als in den USA.

Ärger voraus


Ab diesem Freitag muss der Online-Riese ein weiteres Votum über eine Gewerkschaftsvertretung über sich ergehen lassen. Vom 4. Februar bis zum 25. März können die Beschäftigten eines Logistiklagers in Bessemer in Alabama erneut abstimmen, ob sie sich der Gewerkschaft RWDSU anschließen. Sollten die Mitarbeiter sich dafür aussprechen, würde erstmals eine US-Gewerkschaft Einzug bei Amazon erhalten. Im vergangenen Jahr war die Initiative bereits einmal gescheitert.

Unsere Einschätzung zur Amazon-Aktie


Die Nachricht über die Q4-Zahlen erfreute die Anleger: Die Amazon-Aktie stieg nachbörslich zeitweise um mehr als 18 Prozent. Zudem zogen die überraschend positiven Meldungen den DAX zur Eröffnung in Plus. Der deutsche Leitindex hatte auf die geldpolitischen Aussagen der Europäischen Zentralbank (EZB) negativ reagiert.

Charttechnisch betrachtet ging es für die Aktie des Online-Versandriesen seit Jahresanfang etwas holpriger zu. Insgesamt um fast 25 Prozent ging es abwärts bis auf etwa 2.446 Euro. Ein Auslöser der Abwärtsbewegung dürfte der weltweite Ausverkauf von Technologiewerten sein. Nach den Q4-Zahlen notiert das Amazon-Papier jetzt elf Prozent im Plus bei 2.730 Euro. Wir raten zum Kauf.

ak/dpa-AFX