Utnegaard, der erst vor gut zwei Wochen auf dem Chefsessel in Mannheim Platz nahm, bricht völlig mit dem Erbe seines Vor-Vorgängers, des ehemaligen hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch, und will das einst als Hoffnungsträger gehandelte Geschäft mit Ingenieurdiensten für Kraftwerke ("Power") loswerden.

"Bilfinger ist nicht mehr der beste Eigentümer für Power - wir suchen einen Käufer, der das Projektgeschäft vorantreibt", sagte Utnegaard am Donnerstag. Gefunden werden soll ein neuer Eigentümer binnen eines Jahres - einen Interessenten gibt es schon. Bilfinger kündigte für die Sparte 100 Millionen Euro Verlust und weitere hohe Abschreibungen an - alles in allem werde das zu einem "deutlich negativen Konzernergebnis" im ersten Halbjahr führen. Experten rechnen nun damit, dass die Dividende ausfällt, was weitere Aktionäre dazu bringen könnte, sich von der Aktie zu trennen. Das Bilfinger-Papier hat in den zurückliegenden zwölf Monaten bereits mehr als die Hälfte an Wert eingebüßt.

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HARTER SCHNITT



Der Verkauf der wegen der Energiewende und des gesunkenen Ölpreises kriselnden Power-Sparte, in der rund 11.000 Menschen arbeiten, kam nicht völlig überraschend: Bereits auf der Hauptversammlung Anfang Mai hatte der vom Hauptaktionär Cevian eingesetzte Aufsichtsratsvorsitzende und frühere Haniel- und Metro-Chef Eckhard Cordes harte Schritte angekündigt. Der neue Vorstandschef Utnegaard und der erst im April zu Bilfinger gestoßene Finanzvorstand Axel Salzmann gelangten dann gemeinsam schnell zu der Überzeugung, dass sie handeln mussten. Die Lage habe sich weiter verschlechtert, sagte Utnegaard.

Finanzchef Salzmann hofft, dass er trotz der Verluste in dem Bereich bei dem Verkauf nicht draufzahlen muss. Während der Umsatz der Sparte im vergangenen Jahr mit 1,5 Milliarden Euro noch ein Fünftel des gesamten Bilfinger-Geschäfts ausmachte, dürfte er in diesem Jahr um bis zu 20 Prozent einbrechen. Da der Markt in Deutschland darniederliegt, könne sich Power nur mit frischen Aufträgen in Osteuropa, Asien oder Nahost erholen.

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Die Wertberichtigung wird Salzmann zufolge über den 148 Millionen Euro liegen, die im vergangenen Jahr bei Power an Abschreibungen angefallen waren. Dämpfen will er den Verlust von Power mit dem Verkauf der restlichen Bilfinger-Anteile an dem Bauunternehmen Julius Berger Nigeria und seiner deutschen Tochter. Hier sei ein Nettoerlös von 100 Millionen Euro schon vertraglich abgesichert.

Konzernchef Utnegaard sagte, Bilfinger werde sich nach der Trennung von Kraftwerksdienstleistungen auf die Sparten Industrie sowie das Immobiliengeschäft beschränken. Ob den verbleibenden 60.000 Bilfinger-Mitarbeitern ein weiterer Sanierungskurs bevorsteht, ist offen. Denn auch die anderen Sparten stehen auf dem Prüfstand, weitere Verkäufe sind möglich. Utnegaard will den Investoren im Herbst seine neue Strategie präsentieren. Der 55-jährige Norweger übernahm die Konzernleitung Anfang Juni von Herbert Bodner. Der ehemalige Bilfinger-Chef hatte nach dem Ausstieg Kochs vor zehn Monaten das Unternehmen nochmals kommissarisch geführt.

Reuters