Es werde eine Weile dauern, bis klar sei, ob der von Bund und Ländern beschlossene "Wellenbrecher-Lockdown" wie gewünscht wirke, sagt Analyst Jochen Stanzl vom Online-Broker CMC Markets. "Noch sollen Unternehmen, Schulen und Kitas offenbleiben und die Hoffnung auch an der Börse ist groß, dass dies so bleiben kann." Gesamtwirtschaftlich werde das Schließen von Gaststätten und etlichen Dienstleistungsbereichen für weitere vier Wochen aber merkliche Effekte haben, "selbst wenn die Einbußen nicht so gravierend sein dürften wie im Frühjahr", sagt DZ-Bank-Volkswirt Stefan Bielmeier.

In den vergangenen Tagen hatten die explodierenden Infektionszahlen die Furcht vor einer erneuten Rezession geschürt und dem Dax ein Minus von mehr als acht Prozent eingebrockt. Damit steuerte er auf den größten Wochenverlust seit dem Corona-Börsen-Crash vom März zu.

CHAOS BEI DER US-WAHL?


Am Dienstag blicken die Investoren dann mit Argusaugen auf die USA und das Rennen um das Weiße Haus. Dabei gehe es weniger darum, ob sich Präsident Donald Trump behaupten könne oder sein demokratischer Herausforderer Joe Biden siege, sagt Axel Cron, Chef-Anleger der Vermögensverwaltung der Bank HSBC in Deutschland. "Im Kern werden beide einigermaßen wirtschaftsfreundlich agieren. Für die Kapitalmärkte ist Fed-Chef Jerome Powell letztlich wichtiger als der nächste Präsident, und der hat den Kurs bereits vorgegeben: dauerhaft niedrige Zinsen." Eine Bekräftigung dieses Kurses erwarten Börsianer im Anschluss an die US-Notenbanksitzung am Donnerstag.

Das eigentliche Risiko sehen Analysten eher im Umgang mit dem Wahlergebnis. "Sollte Trump verlieren, wird er den Prozess der Machtübergabe so schwierig wie möglich gestalten", warnt Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade. Außerdem würden die ersten Hochrechnungen voraussichtlich ein verzerrtes Bild liefern, da die Auszählung der zahlreichen Briefwahl-Stimmen meist erst nach Schließung der Wahllokale beginne, gibt Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com, zu Bedenken. Anleger sollten sich daher auf Kursturbulenzen einstellen.

US-ARBEITSMARKTDATEN ERWARTET


Dies drängt die US-Arbeitsmarktdaten am Freitag, üblicherweise die wichtigste Datenveröffentlichung des Monats, etwas in den Hintergrund. Einen Vorgeschmack liefern die Zahlen der privaten Arbeitsagentur ADP zwei Tage zuvor. Auf dem Terminplan stehen außerdem die Stimmungsbarometer für die deutschen und europäischen Einkaufsmanager am Montag. Am Donnerstag und Freitag folgen die Auftragseingänge und Produktionszahlen für die deutsche Industrie.

Gleichzeitig rollt eine neue Welle von Firmenbilanzen auf Investoren zu. Allein im Dax öffnen etwa ein halbes Dutzend Firmen ihre Bücher. Hierzu zählen der Pharma- und Agrarchemiekonzern Bayer sowie die beiden Versicherer Münchener Rück und Allianz. Aus dem Ausland legen der Billigflieger Ryanair und Berkshire Hathaway, die Investmentgesellschaft des Börsengurus Warren Buffett Zahlen vor.

rtr