Entsprechend turbulent könnte es in den kommenden Handelstagen zugehen. "Die Kluft aus negativer Realität und hohen Erwartungen könnte nicht größer sein", sagte Jan Gengel, Experte bei der Weberbank.

Am Freitag stieg der Dax um 1,2 Prozent auf 12.104 Punkte, auf Wochensicht bleibt dennoch ein Minus von fast sechs Prozent - nach einem Plus von knapp elf Prozent in der Woche davor. Für Unruhe sorgte zuletzt die US-Notenbank Fed, die einen skeptischen Konjunkturausblick präsentierte. Dazu kommen die derzeit hohen Bewertungen am Markt - der Index der US-Technologiebörse Nasdaq hatte erst vor wenigen Tagen ein Rekordhoch markiert. Zugleich seien aber die Gewinne der Firmen unter Druck, sagte Ewout van Schaick vom Vermögensverwalter NN Investment Partners. "Selbst wenn wir das Gewinnwachstum für dieses und das nächste Jahr mitberücksichtigen, bleibt das Bewertungsbild ungünstig."

Für das laufende Jahr sei ein Gewinnrückgang in den USA um mehr als 40 Prozent zu erwarten, sagte van Schaick. In Europa könne das Minus angesichts der höheren Konjunkturabhängigkeit und des geringeren Technologieniveaus sogar noch schlimmer ausfallen. "Die meisten Investoren haben das Jahr 2020 bereits abgeschrieben", sagte er. Erst Ende 2021 dürften die Gewinne wieder das Niveau von Ende 2019 erreichen.

Von den großen Firmen präsentiert in der kommenden Woche Wirecard seine Geschäftszahlen. Diese dürften auf großes Interesse stoßen: Der Zahlungsabwickler legt am Donnerstag seinen mehrfach verschobenen Jahresabschluss vor. Gegen Wirecard wird wegen des Verdachts auf Marktmanipulation ermittelt. Investoren haben sich deshalb kritisch geäußert.

EU-GIPFEL IM BLICK


Hoffnung setzen Börsianer auf die Politik. Am Donnerstag und Freitag steht der nächste EU-Gipfel an. Die Staats- und Regierungschefs sollten sich dabei so schnell wie möglich auf eine gemeinsame Linie beim geplanten Wiederaufbaufonds einigen, sagte Robert Greil, Chefstratege bei der Privatbank Merck Finck. "Ansonsten sehe ich die Gefahr, dass ein zerstrittenes Europa sich wieder anfälliger für Zweifel hinsichtlich seiner Handlungsfähigkeit macht - gerade an der Börse. Gemeinsames solidarisches Handeln als Reaktion auf die Coronakrise wäre eine wirkungsvolle Medizin, um die konjunkturellen Wunden schnellstmöglich zu heilen."

Wie stark Covid-19 die Wirtschaft belastet, zeigen eine Reihe von Konjunkturdaten in der kommenden Woche. So legt am Dienstag das ZEW seinen Konjunkturindikator vor. Börsianer gehen davon aus, dass die Aussichten etwas besser bewertet werden als im vergangenen Monat und auch die Lage nicht mehr ganz so düster eingeschätzt wird. In den USA stehen unter anderem die Daten zur Industrieproduktion und die Einzelhandelsumsätze am Dienstag sowie die Frühindikatoren am Donnerstag an.

rtr