Wer ist betroffen?

Thomas Cook betreibt Hotels, Ferienanlagen und Fluggesellschaften in 16 Ländern. Der 1841 gegründete Konzern mit 21.000 Beschäftigten zählte zuletzt 19 Millionen Kunden im Jahr. Im Geschäftsjahr 2018/19 (Ende September) stand bei einem Umsatz von 9,6 Milliarden Pfund ein operativer Gewinn von 250 Millionen Pfund zu Buche - ein Ergebniseinbruch.

Von den insgesamt "Gestrandeten" halten sich viele rund um das Mittelmeer auf: In Griechenland hängen etwa 50.000 Thomas-Cook-Kunden fest, vor allem auf den Inseln. In der Türkei sind es 45.000 Touristen, auf Zypern nach Angaben der dortigen Regierung bis zu 15.000.

In Deutschland sind von der Pleite mindestens etwa 340.000 Reisende betroffen - 140.000 Kunden des Veranstalters Thomas Cook sind schon auf Reisen, weitere 21.000 wollten Montag oder Dienstag starten und kommen nun voraussichtlich nicht weg. Mit Condor, der Thomas-Cook-Airlinetochter, sind außerdem rund 180.000 Fluggäste anderer Veranstalter und Individualreisende auf Rückflüge gebucht.

Was geschieht nun mit den Touristen?

Die britischen Kunden sollen im Rahmen einer zweiwöchigen Rückholaktion nach Hause gebracht werden. Einen entsprechenden Auftrag erteilte die Regierung in London der Luftfahrtbehörde CAA. Informationen dazu gibt es im Internet unter: thomascook.caa.co.uk.

In Deutschland schützen sogenannte Reisesicherungsscheine Pauschalreisende davor, am Urlaubsort zu stranden oder ihre Anzahlungen für gebuchte Reisen zu verlieren. Das Gesetz sieht bei der Insolvenz eines Reiseveranstalters vor, dass dieser die Kunden zurückholt und der Versicherer die Kosten dafür erstattet - allerdings nur bis zu 110 Millionen Euro. In der Praxis helfen dann andere Fluggesellschaften, Touristen zurückzubringen.

Da die deutsche Tochter von Thomas Cook und der Ferienflieger Condor bislang keine Insolvenz angemeldet haben, ist der Versicherungsfall noch nicht eingetreten. Condor hat allerdings zur Fortführung des Geschäfts bei der Bundesregierung um einen Überbrückungskredit gebeten. Die Antwort steht aus.

Was sollten betroffene Urlauber tun?

Nach Auskunft der britischen Luftfahrtbehörde CAA sollten Reisende im Ausland sich nicht zum Flughafen begeben, bevor ihr Rückflug nach Großbritannien nicht auf der entsprechenden Internetseite bestätigt ist. In Großbritannien selbst könnten die Kunden ihre Reise nicht mehr antreten, da alle Thomas-Cook-Flüge gestrichen seien. In Deutschland teilte die Fluglinie Condor mit, sie dürfe am Montag und Dienstag keine Thomas-Cook-Pauschalurlauber an ihre Reiseziele bringen.

Wenn gestrandete britische Touristen an ihren Urlaubszielen aufgefordert werden, Rechnungen für den verlängerten Aufenthalt zu bezahlen, sollen sie sich mit der CAA in Verbindung setzen. Sie will Hotels und andere Firmen kontaktieren und ihnen versichern, dass sie ihr Geld bekommen werden. Pauschalreisende erhalten auch hier Unterstützung im Rahmen eines Programms, das für Unterkunft und Rückflüge aufkommt.

Was passiert jetzt mit dem Unternehmen?

Thomas Cook befindet sich nach eigenen Angaben nun in der Zwangsauflösung. Dazu wird ein eigener Zwangsverwalter berufen. Als Sonderverwalter für die verschiedenen Geschäftsbereiche werden AlixPartners oder KPMG bestimmt.

Der Konzern brach unter seinem hohen Schuldenberg - insgesamt 1,7 Milliarden Pfund - zusammen, der sich über Jahre aufgetürmt hat, insbesondere wegen mehrerer Zukäufe zum falschen Zeitpunkt. Drei Millionen Urlaube mussten pro Jahr verkauft werden, um allein die Zinszahlungen zu erwirtschaften. In den vergangenen Jahren gab es neben der Verunsicherung durch den Brexit weitere Rückschläge: So belastete der missglückte Putschversuch in der Türkei 2016 die Geschäfte in einem der wichtigsten Märkte. Hinzu kam die europaweite Hitzewelle im vergangenen Jahr, die potenzielle Kunden von Auslandsreisen abhielt.



Der weltweit älteste Reisekonzern Thomas Cook mit seinen deutschen Töchtern Condor, Neckermann, Öger Tours und Bucher ist pleite. Es folgt eine Zusammenstellung über die wechselvolle Geschichte von Thomas Cook:

1841 - Der in Australien geborene Firmengründer Thomas Cook organisiert für 500 Reisende in England eine Zugfahrt von Leicester nach Loughborough zu einer Zusammenkunft der Abstinenzbewegung. Die zwölf Meilen lange Strecke ist die erste Tour, die Cook auf den Weg bringt und damit der Ursprung der über 175 Jahre langen Firmengeschichte.

1855 - Thomas Cook organisiert die erste Rundreise durch Europa - vom Hafen im englischen Harwich nach Antwerpen, über Brüssel, Köln, Heidelberg, Strassburg nach Paris. Erstmals bietet Cook damit ein Komplettpaket an, das Reise, Verpflegung und Unterkunft umfasst. Der Pauschaltourismus ist geboren.

1865 - Thomas Cook eröffnet sein erstes Reisebüro auf der Fleetstreet in London.

1874 - Thomas Cook führt mit der "Cook's Circular Note" den Vorläufer des Traveller Checks in New York ein.

1896 - Bei den Olympischen Spielen in Athen ist Thomas Cook & Son der offizielle Reiseveranstalter.

1919 - Thomas Cook & Son ist in Großbritannien der erste Reiseveranstalter, der Flugreisen organisiert.

1928 - Frank and Ernest Cook, die beiden Enkel des Firmengründers, setzen sich zur Ruhe und verkaufen die Firma an den französischen Betreiber von Schlafwagen, Speisewagen und Luxuszügen, Compagnie Internationale des Wagons-Lits et des Grands Express Européens.

1948 - Das Unternehmen kommt unter das Dach des britischen Staatsbetriebs British Transport Holding Company.

1972 - Thomas Cook wird wieder privatisiert und von einem Konsortium bestehend aus der britischen Midland Bank, Trust House Forte und der Automobile Association übernommen.

1992 - Die Westdeutsche Landesbank (WestLB) und die deutsche Fluglinie LTU übernehmen Thomas Cook von der Midland Bank.

1994 - Thomas Cook erwirbt von der Barclays Bank deren Tochter, die Interpayment Services Limited, und wird so der führende Anbieter von Traveller Checks außerhalb der USA.

2001 - Thomas Cook wird von der deutschen C&N Touristik (Condor & Neckermann) übernommen und damit Teil von KarstadtQuelle und der Lufthansa. Der Reisekonzern firmiert unter Thomas Cook AG.

2007 - Die Thomas Cook AG und die britische MyTravel Group fusionieren zur Thomas Cook Group plc. Der Konzern ist an der Londoner Börse notiert.

2010 - Der Reisekonzern übernimmt den Türkei-Spezialisten Öger Tours.

2011 - Thomas Cook kommt in die Bredouille und räumt ein, von seinen Banken mehr Geld zu brauchen, um über den Winter zu kommen. 20 Millionen Pfund werden als Überbrückung vereinbart. Zudem verschafft sich der Reiseveranstalter mehr Luft durch den Verkauf einer spanischen Hotelkette.

2015 - Die Thomas Cook Group gibt bekannt, mit dem chinesischen Investor Fosun einen strategischen Partner gefunden zu haben. Seitdem ist Fosun mit 18 Prozent der größte Aktionär.

2019 - Der Reisekonzern muss dreimal innerhalb weniger Monate seine Gewinnziele eindampfen. Als Gründe nennt der Vorstand Brexit, Preiskampf und steigende Kosten.

August 2019 - Thomas Cook schnürt mit Großaktionär Fosun ein Rettungspaket von umgerechnet fast einer Milliarde Euro. Es sieht vor, dass die Chinesen 450 Millionen Pfund frisches Kapital bereitstellen und drei Viertel des Reisegeschäfts sowie ein Viertel der Airline-Gruppe übernehmen. Die wichtigsten Banken und Anleihegläubiger sollen ebenfalls 450 Millionen Pfund einbringen.

September 2019 - Die Banken fordern 200 Millionen Pfund mehr an Sicherheiten, um durch die schwächere Wintersaison zu kommen.

22. September 2019 - Thomas Cook verhandelt mit Banken, Gläubigern und der Regierung in London, um die Pleite abzuwenden.

23. September 2019 - Thomas Cook gibt auf und stellt die Geschäfte ein. Die britische Flugbehörde streicht alle Flüge. Der Ferienflieger Condor beantragt bei der Bundesregierung einen Überbrückungskredit.

rtr