Der gemessen am Börsenwert um den Faktor 15 größere US-Konzern Thermo Fisher Scientific hatte im März 39 Euro pro Aktie bei einer Mindestannahmequote von 75 Prozent geboten. Weil das vielen Investoren zu wenig war, legte der US-Konzern im Juli 2020 noch einmal nach. Das Angebot wurde auf 43 Euro erhöht, die Mindestannahmeschwelle auf 66 Prozent reduziert.

Vor allem der US-Hegefonds Davidson Kempner Capital Management war damit nicht zufrieden. Der Investor hatte seinen Anteil auf fast acht Prozent ausgebaut und sah den fairen Wert von Qiagen bei 48 bis 52 Euro pro Aktie. Am Ende erhielt Thermo Fisher nur 47 Prozent und trat im August 2020 vom Angebot zurück. Die Aktie konnte den Schock gut wegstecken, erreichte in der Folge sogar einen Mehrjahresbestwert von 47 Euro. Doch zuletzt wurde es ruhig, die Aktie handelt mit einem Abschlag von zehn Prozent zum alten Angebot. Und das ist erstaunlich.

Das Unternehmen hatte sich zuletzt nämlich viel besser entwickelt, als das beim Scheitern des Deals zu erwarten war. Im ersten Quartal legten die Erlöse um 50 Prozent zu, der Gewinn hatte sich fast verdoppelt. Und auch unter der Herausrechnung von Covid-19-Tests schaffte Qiagen ein deutlich zweistelliges Wachstum. Die gestiegene Nachfrage nach der neuen Molekularplattform dürfte auch in der Post-Covid-Ära anhalten. Zudem ist die Pipeline für neue Produkte und Instrumente Erfolg versprechend. Das heißt: Qiagen ist operativ eigentlich in einer viel besseren Verfassung als zu dem Zeitpunkt, als Thermo Fisher die Bühne verlassen hat. Die unterschiedliche Entwicklung von Aktie und operativem Ergebnis dürfte nicht nur Analysten sondern auch Branchenvertretern aufgefallen sein. Es würde deshalb nicht überraschen, wenn die Aktie schnell wieder zum Übernahmekandidat avanciert. Und beim nächsten Mal müsste das Gebot wohl über 50 Euro liegen.

Unser Kolumnist Jörg Lang beschäftigt sich seit 1988 mit dem Thema Aktien.