Bekannt ist Irland für seine Pubkultur. Das Pub gilt als zweites Wohnzimmer der Iren, und es gehört auf der grünen Insel zum Alltagsleben, sich dort zu treffen. Von daher dürften die Lockdowns für die Iren eine ganz besondere Qual gewesen sein. Doch Besserung ist in Sicht. Es gibt bereits erste Lockerungen, und ab dem 7. Juni soll die Außengastronomie öffnen. Wie an vielen anderen Aktienmärkten weltweit scheint die Börse in Dublin die Covid-19-Pandemie längst abgehakt zu haben. Der lokale Aktienleitindex ISEQ Overall gehört mit plus 53,4 Prozent auf Zwölfmonatssicht jedenfalls zu den Bestperformern in Europa.

In einem Umfeld wie jetzt, in dem Volkswirte auf eine deutliche Belebung der Weltkonjunktur setzen, überrascht das nicht. Das Land weist eine der höchsten Raten von Handel zum Bruttoinlandsprodukt in Europa auf. Daher sollte Irland von einer Trendwende im globalen Handel besonders profitieren.

Wirtschaftliche Erfolgsstory

In den zehn Jahren vor Ausbruch der Covid-Pandemie ist die irische Wirtschaft in der EU laut Germany Trade & Invest am stärksten gewachsen. Das Bruttoinlandsprodukt war 2019 um 81 Prozent höher als 2009, rechnet die Außenwirtschaftsagentur vor. Grund für den Erfolg war in hohem Maße die Ansiedlung multinationaler Konzerne, die aus Irland heraus den Weltmarkt bedienen.

Die Insel ist bei Großkonzernen wegen der vorteilhaften Steuerpolitik beliebt (12,5 Prozent auf gewerbliches Einkommen). Von daher stellen die neuen Initiativen zur internationalen Angleichung der Unternehmensteuersätze eine Gefahr für das Land dar. Herausforderungen bringt auch der Brexit mit sich. Dennoch halten Experten 2021 ein Wirtschaftswachstum von 4,2 Prozent für machbar.

Positive Impulse gehen auch von einer kräftig gestiegenen Geldmenge aus. Als kursbeflügelnd erweisen sich zudem stark gestiegene Ergebnisschätzungen. Laut Morgan Stanley sollen die Gewinne 2020 um 9,4 Prozent steigen und in den beiden kommenden Jahren sogar um 15,8 beziehungsweise 11,6 Prozent.

Den ISEQ Overall Index hat dies auf den höchsten Stand seit 2007 gehievt. Eine Bürde stellt jedoch die Bewertung dar. So bewegt sich das Kurs-Gewinn-Verhältnis des Index für 2023 bei 18,8 - der Eurozonen-Index MSCI EMU kommt hier lediglich auf 14,4. Auch unsere vier Empfehlungen sind optisch betrachtet nicht niedrig, sie lassen sich aufgrund der Geschäftsaussichten der Unternehmen aber rechtfertigen.

Baustoffe und Verpackungen

Unser erster Favorit ist der Baustoffhersteller CRH. Das Unternehmen zählt zu den führenden Branchenvertretern und kann mit einem widerstandsfähigen Geschäftsmodell und einer soliden Bilanz aufwarten. Mit einem organischen Umsatzplus von drei Prozent im ersten Quartal war der Jahresstart solide.

Positiv ist auch, dass es gelingt, die stark gestiegenen Rohstoffkosten an die Abnehmer weiterzugeben. Mit Aktivitäten vor allem in Europa und Nordamerika sollte man von gut laufenden Wohnungsbaumärkten und geplanten Infrastrukturprogrammen profitieren. Analysten gehen weiterhin von einer dynamischen Nachfrage nach Baustoffen aus und sehen den Gewinn je Aktie in den nächsten Jahren deutlich steigen.

Auf Kursrekordjagd befindet sich mit Smurfit Kappa auch die zweite Empfehlung. Es ist einer der weltgrößten Anbieter für papierbasierte Verpackungslösungen, in Europa sogar führend bei Verpackungen aus Wellpappe, Wellpappenrohpapier und Bag-in-Box-Verpackungen. Die Branche profitiert vom Trend hin zum E-Commerce und der Substitution von Kunststoffverpackungen. Gemäß Analystenkonsens soll dieses Umfeld bei Smurfit Kappa den Gewinn je Aktie von 2020 bis 2023 von 2,06 auf 2,77 Euro verbessern. Dafür, dass diese Rechnung aufgeht, sprechen ein integriertes Geschäftsmodell, die marktführende Stellung, eine globale Diversifikation sowie die ergriffenen Expansionsinitiativen.

Consulting und Mineralsalze

Auch der Aktienkurs des dritten Favoriten Accenture stellt immer neue Bestmarken auf. Die Gesellschaft gehört zu den Großkonzernen, die sich die irische Steuerpolitik zunutze machen. Der Firmensitz ist seit 2009 in Dublin, während die Aktie in New York gelistet ist. Das Unternehmen bezeichnet sich selbst als weltweit führenden Berater für Strategie, Management Consulting, Digitalisierung, Technologie, Outsourcing und Business Transformation - alles Megatrends, die weiteres Wachstum versprechen. Nach einem Gewinnplus von im Schnitt 10,5 Prozent per annum in den vergangenen fünf Jahren rechnen Analysten für die kommenden drei Jahre mit einem durchschnittlichen Plus von acht Prozent pro Jahr.

Bei der vierten Empfehlung Kenmare Resources sind Rekordnotierungen noch weit entfernt. Nach steiler Talfahrt befindet sich der Titel seit Ende 2015 wieder im Aufwind. Besonders gut läuft es seit Juli 2020, das Unternehmen erzielt über den gesamten Rohstoffpreiszyklus hinweg einen positiven Cashflow. Kenmare betreibt die Moma-Mine in Mosambik. Diese enthält die Titanmineralien Ilmenit und Rutil sowie das Silikatmineral Zirkon, die bei der Produktion von Farben, Kunststoffen, Keramikfliesen und hitzebeständiger Materialien für die Stahlindustrie Einsatz finden. Analysten sehen den Gewinn je Aktie in diesem Jahr von 0,15 auf 1,04 Dollar steigen. Daraus ergibt sich ein KGV von gut sechs. Zudem soll die Dividendenrendite 2021 bis 2024 bei vier bis fünf Prozent liegen.