Mit einem Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) von rund 59 Millionen Euro hat der Finanzdienstleister MLP nicht nur die eigene Prognose von 34 bis 42 Millionen Euro weit übertroffen, sondern zur Überraschung der Analysten auch den Vorjahreswert (47,1 Millionen). Wir fragten Vorstandschef Uwe Schroeder-Wildberg nach den Hintergründen.

Börse Online: Herr Schroeder-Wildberg, Umsatz und Ergebnis lagen nach vorläufigen Zahlen 2020 über dem Vor-Corona-Niveau von 2019. Auch im Schlussquartal haben Sie die Schätzungen übertroffen. Ist bei MLP von der Pandemie nichts zu spüren?

Uwe Schroeder-Wildberg: Natürlich waren und sind auch wir nicht gefeit gegen Corona-Belastungen. Diese sind am Ende aber geringer ausgefallen, als wir es im Jahresverlauf befürchten mussten. Es ist uns gelungen, den Corona-bedingten Rückgang in der Altersvorsorge über die anderen Bereiche mehr als auszugleichen. In der Pandemie hat sich zudem ausgezahlt, dass wir nicht erst seit ihrem Beginn substanziell in unsere digitale Aufstellung investieren - unser umfassendes Angebot einer Videoberatung hatten wir beispielsweise bereits im Januar 2020 ausgerollt. Außerdem sind wir in vielen Bereichen stärker gewachsen als erwartet, und wir haben von der Weiterentwicklung unseres Geschäftsmodells profitiert. Wir haben den Konzern sehr widerstandsfähig gemacht und gleichzeitig Hebel für unsere Wachstumsinitiativen aufgebaut. Ein besonderer Hebel lag 2020 in den performanceabhängigen Vergütungen für unsere Anlagekonzepte.

Nicht immer lief es so rund. Kam der Umschwung mit dem 2017 neu aufgesetzten jungen Segment, mit dem vor allem Nachwuchsberater gewonnen werden?

In der Tat. Wir sind nach vielen Jahren des Rückgangs das dritte Jahr in Folge gewachsen. Und das sehr deutlich! 2020 haben wir netto mehr als 100 Berater dazugewonnen. Ein dreistelliges Wachstum hatten wir zuletzt 2006. Und was mir dabei besonders wichtig ist: All das geht nicht zulasten der Qualität. 2017 haben wir unseren jungen Bereich neu aufgesetzt und seitdem rund 30 Millionen Euro in diesen investiert. 2021 erreichen wir hier den Break-even, ab 2022 rechnen wir mit substanziellen Ergebnisbeiträgen.

Nachhaltigkeit spielt im Bereich der Kapitalanlagen eine immer größere Rolle. Wie stellt sich MLP dieser Verantwortung?

Sehr umfassend: Als Unternehmen setzen wir auf strategisches Nachhaltigkeitsmanagement, und diese Ausrichtung ist inzwischen auch ein wichtiges Differenzierungsmerkmal für die MLP-Aktie. So werden wir ab 2022 komplett CO2-neutral sein, schon 2021 stellen wir die bis dahin bekannten Emissionen neutral. Bei Governance-Themen sind wir weitere wichtige Schritte gegangen. Auch im Kerngeschäft, der Kundenberatung, haben wir das Thema tief verankert: Bei unserer Tochter FERI haben wir ein Kompetenzzentrum etabliert, im MLP-Privatkundengeschäft vermitteln wir nicht nur nachhaltige Fonds, sondern bieten auch solche Lösungen in der Altersvorsorge an. Bei Domcura haben wir jüngst eine nachhaltige Wohngebäudeversicherung auf den Markt gebracht. MLP hat zum ersten Mal den "Prime"-Status im Nachhaltigkeitsrating von Institutional Shareholder Services, kurz ISS, erreicht und zählt damit nun zu den Top-Titeln in diesem Bereich.

Kürzlich haben Sie die Übernahme des Industrieversicherungsmaklers RVM bekannt gegeben. Was erhoffen Sie sich davon?

Die RVM-Akquisition ist die Basis zum weiteren Aufbau des Segments Industrieversicherungen im MLP-Konzern - geplant sind weitere Zukäufe in den nächsten Monaten. Wir schließen damit die letzte Lücke, die es in unserem Leistungsspektrum gab, und haben nun auch im Bereich Sachversicherung für Firmen ein sichtbares Angebot. Ziel ist es, dass wir im Markt für Industrieversicherungen in den kommenden Jahren eine wesentliche Rolle einnehmen. Das gehen wir sehr entschlossen an. Interview: Sven Heckle

 


Die Aktie

Lockdown gut weggesteckt

Die Stärke eines Geschäftsmodells zeigt sich in der Krise - und diese ist mit der andauernden Corona-Pandemie für nahezu alle Branchen seit nunmehr einem Jahr besonders herausfor- dernd.

Umso bemerkenswerter ist deshalb, wie gut der Finanzdienstleister MLP durch das Covid-Jahr 2020 gekommen ist. Wie schon im dritten Quartal konnten die Heidelberger auch im Schlussquartal die Markterwartungen hinter sich lassen und blicken nun auf ein überaus erfolgreiches Gesamtjahr zurück. Vorläufigen Ergebnissen zufolge legte der Gewinn vor Zinsen und Steuern auf 59 Millionen Euro zu.

Bereits zu Jahresbeginn hatte der Konzern das Übertreffen der ursprünglichen Zielmarke von 42 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Wegen des Lockdowns erschien es dann jedoch fraglich, ob diese Vorgabe noch erreichbar ist. Die Corona-bedingten Belastungen in der Altersvorsorge sowie im Immobiliengeschäft waren aber letztlich geringer als erwartet, vor allem im Vermögensmanagement verzeichnete die Gesellschaft ein dickes Plus.

Strategische Übernahmen wie der Kauf des Versicherungsmaklers RVM Anfang dieses Jahres sollen das Konzernwachstum unterstützen, per 2022 peilt MLP ein Ergebnis von Zinsen und Steuern (Ebit) zwischen 75 und 85 Millionen Euro an.

Höhere Dividende wahrscheinlich

Spannend dürfte es am 25. Februar werden. Dann wird MLP nicht nur die endgültigen Zahlen für das Geschäftsjahr 2020 präsentieren, sondern auch die Zielmarken für das laufende Jahr sowie den Dividendenvorschlag bekannt geben. "Natürlich werden wir auch diesmal unsere Aktionäre wieder angemessen am Gewinn beteiligen", verspricht der Vorstandsvorsitzende Uwe Schroeder-Wildberg. Spekulativ orientierte Anleger können sich im Vorfeld der Bilanzpressekonferenz Aktien ins Depot legen.