New Orleans. Die Metropole im tiefen Süden der USA steht für Jazz, das French Quarter, Schaufelraddampfer, schaurige Friedhöfe, Partys in der Bourbon Street. Seit Hurrikan Katrina die Stadt 2005 verwüstete, ist New Orleans auch Synonym für die zerstörerische Gewalt der Natur.

Extremes Wetter bleibt eine Bedrohung: Im Herbst traf der Wirbelsturm Ida nur 90 Kilometer entfernt mit Windstärken von 240 Stundenkilometern auf Land. Tausende Gebäude wurden beschädigt. Auf dem Weg bis in den Nordosten der Vereinigten Staaten hinterließ Ida eine Schneise der Verwüstung und 65 Milliarden Dollar an Schaden.

Es war die teuerste Naturkatastrophe eines schlimmen Jahres. Nach Berechnung von Munich Re summieren sich die weltweit von Stürmen, Hochwasser, Waldbränden oder Erdbeben verursachten Schäden auf 280 Milliarden Dollar. Das ist ein Anstieg von 70 Milliarden zum bereits teuren Vorjahr. "Die Klimaforschung belegt immer deutlicher, dass extreme Unwetter wahrscheinlicher geworden sind. Gesellschaften müssen sich dringend an steigende Wetterrisiken anpassen und Klimaschutz zur Priorität machen", mahnt Torsten Jeworrek, Vorstandsmitglied von Munich Re, die die Katastrophenstatistik jedes Jahr errechnet.

Auch für die Versicherungsindustrie war 2021 extrem teuer. Zwar sind nicht alle Schäden versichert, dennoch ist die Rechnung für die Assekuranz enorm: 120 Milliarden Dollar hat die Branche auszahlen müssen, ein Anstieg von 38 Milliarden. Nur 2017 war noch teurer, damals wurden 146 Milliarden Dollar fällig. Nicht mitgerechnet in dieser Statistik sind die Belastungen aus der Corona-Pandemie, die noch immer große Teile des Planeten in Atem hält.

Die Turbulenzen zeigen sich auch in der Bilanz von Munich Re: Der Weltmarktführer in der Rückversicherung hat für das dritte Quartal 1,2 Milliarden Euro Schäden durch Ida verbuchen müssen. Weitere 600 Millionen kostete das Sturmtief Bernd, das auch in Deutschland Überschwemmungen und Sturzfluten auslöste. Noch mal 170 Millionen Euro Schaden verursachte die Corona-Pandemie im Rückversicherungsbereich Leben/Gesundheit von Munich Re.

Immer mehr Katastrophen - das ist für die Versicherungsindustrie nicht zwingend eine Katastrophe. Das Geschäftsmodell der Assekuranz lebt davon, dass sich möglichst viele Kunden absichern und damit so viel Geld in die Kasse kommt, dass Schäden bezahlt werden können und unter dem Strich ein möglichst großer Gewinn für die Versicherer bleibt.

Bei einem wachsenden Bedrohungsgefühl fällt es der Assekuranz leichter, Policen zu verkaufen und auch höhere Preise im Markt durchsetzen. Munich Re hat genau wie ihre Wettbewerber also ein Interesse daran, dass Gefahren etwa durch den Klimawandel nicht unterschätzt werden. Nachholpotenzial ist vorhanden, wie die Statistik zeigt: 57 Prozent der Schäden durch Naturkatastrophen aus dem vergangenen Jahr waren nicht versichert. Die Opfer mussten die Kosten selbst tragen oder sind auf fremde Hilfe angewiesen.

Börsianer sind offenbar nicht vollends überzeugt, dass die globale Katastrophenserie das Geschäft wirklich antreibt. Die Aktien der europäischen Versicherungsbranche haben inklusive Dividenden im vergangenen Jahr zwar um 21 Prozent zulegen können, lagen aber fast fünf Prozentpunkte hinter dem breiten Markt. Munich Re blieb mit einem Wertzuwachs von knapp zwölf Prozent hier deutlich zurück.

Im Geschäftsbericht des DAX-Konzerns gab es zuletzt einige Verwehungen: Der operative Gewinn blieb im dritten Quartal mit 204 Millionen Euro 42 Prozent unter dem Vorjahr und auch unter der Konsenserwartung der Analysten. Das Gesamtergebnis wurde durch Veräußerungsgewinne aufgepeppt. Die Schaden-Kosten-Quote lag in der Schaden-Unfall-Rückversicherung bei 112,8 Prozent und damit im roten Bereich. Das ist zwar nicht optimal, aber auch keine Katastrophe.

Die Zahlen für das Gesamtjahr hat Munich Re für den 23. Februar angekündigt. Analysten gehen davon aus, dass der Konzern wie angekündigt einen Gewinn von etwa 2,8 Milliarden Euro abliefert. Nach neun Monaten standen knapp 2,1 Milliarden in den Büchern, also rund drei Viertel des angestrebten Gesamtbetrags.

Mehr Geld für Aktionäre

Der Trend soll langfristig nach oben gehen. Laut eigener Planung will der Vorstand das Ergebnis je Aktie bis zum Jahr 2025 im Schnitt um mindestens fünf Prozent steigern. Die Rendite auf das Eigenkapital soll auf zwölf bis 14 Prozent verbessert werden, nachdem diese laut Bloomberg-Daten in den zehn Jahren zuvor im Schnitt lediglich bei knapp neun Prozent lag.

Eine wichtige Rolle spielt die Digitalisierung, durch die sich viele Prozesse vereinfachen lassen. Potenzial bietet neben der Absicherung gegen Naturkatastrophen unter anderem der Schutz vor Cyberrisiken. Einen wesentlichen Beitrag soll auch die Erstversicherungstochter Ergo leisten.

Gewinne sind die Basis für eine solide finanzierte Dividende. Munich Re ist einer der zuverlässigsten Zahler im DAX. Seit mehr als einem halben Jahrhundert wurde die Ausschüttung nicht gesenkt. In den vergangenen beiden Jahren gab es für jede Aktie 9,80 Euro. Davor war die Zahlung innerhalb von zehn Jahren nahezu verdoppelt worden.

Bis 2025 soll die Dividende nach den Plänen des Vorstands ebenfalls um durchschnittlich mindestens fünf Prozent steigen. Das würde bis zum Geschäftsjahr 2024 auf eine Ausschüttung von mehr als zwölf Euro je Aktie hinauslaufen. Als Extra, spekulieren Finanzanalysten, könnten die Münchner bald auch wieder Aktienrück- käufe starten. Munich Re bleibt einer der Top-Dividendenwerte in Deutschland. Das gilt auch in stürmischen Zeiten.

Aufschwung: Ein Abflauen der Pandemie sollte das Umfeld auch für Munich Re verbessern. Als Dividendenwert ein Kauf.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 320,00 Euro
Stoppkurs: 208,00 Euro