Eigentlich passt das nicht zusammen: Wertpapierberatung und Onlinebroker. Waren Onlinebroker doch ursprünglich mal angetreten, Privatanlegern, die selbstständig an der Börse handeln wollten, dies möglichst günstig zu ermöglichen. Heute jedoch gibt es Online- broker, die - falls gewünscht - ihren Kunden die Entscheidung, welche Wertpapiere ge- und welche verkauft werden, abnehmen. Ein Schwenk um 180 Grad?

Nicht ganz. Vor vielen Jahren bedeutete Wertpapierberatung, dass man mit seinem persönlichen Berater sprach - entweder direkt in der Filiale oder per Telefon. Und der unterbreitete dem Anleger dann mehr oder minder profunde Empfehlungen. Die klassische Wertpapierberatung gibt es heute zwar auch noch, doch bei Onlinebrokern sieht diese völlig anders aus. Meist handelt es sich eher um eine digitale Form der Vermögensverwaltung als um eine Beratung. Insgesamt bieten sieben der von uns befragten 15 Onlinebroker eine digitale Vermögensverwaltung an - sogenannte Robo-Advisors und/oder eine klassische Wertpapierberatung .

Individuelle Honorierung

Bei der klassischen Wertpapierberatung gibt es für viele Privatanleger allerdings ein Problem: Lediglich zwei der befragten 15 Institute - die Merkur Privatbank und die 1822direkt - bieten in diesem Bereich eine umfassende Beratung an. Und diese gibt es bei der Targobank und 1822direkt nicht für reine Online-Trader. Bei der 1822direkt läuft die klassische Wertpapierberatung über das Private Banking für vermögende Privatkunden ihrer Muttergesellschaft, der Frankfurter Sparkasse. Und dafür sind dann mindestens 500 000 Euro an liquidem Vermögen mitzubringen, damit der Kunde zu Aktien, Anleihen, Fonds, Zertifikaten und Optionsscheinen individuell beraten wird. So individuell wie die Beratung ist dann auch die Honorierung: Diese wird mit jedem Private-Banking-Kunden gesondert vereinbart.

Bei der Merkur Privatbank liegt die Latte für die Wertpapierberatung zwar niedriger, aber für viele Privatanleger ist sie immer noch zu hoch: Hier reichen "schon" 100 000 Euro für eine individuelle Beratung zu grundsätzlich allen Wertpapierklassen. Zudem ist die Beratung kostenlos, jedoch werden im Gegenzug Provisionen und ähnliche Positionen, die der Bank zufließen, dem Anleger nicht rückerstattet.

Mit der Postbank und der Targobank bieten zwei weitere Institute auch Online-Tradern eine Wertpapierberatung an, allerdings berät die Postbank nach eigenen Angaben Anleger ausschließlich zu Fonds. Die Targobank dagegen berät ihre "Onliner" zu Aktien-, Renten- und Immobilienfonds sowie zu strukturierten Produkten. Beide Beratungsangebote sind "kostenlos", Provisionen, Kick-backs und ähnliches verbleiben aber bei der Bank.

Eine Besonderheit bei der Wertpapierberatung gibt es beim Sparkassen-Broker (in der Tabelle nicht aufgeführt): Beim S-Comfort-Depot gibt es ebenfalls eine Beratung. Allerdings erfolgt diese nicht einheitlich durch den S-Broker, sondern durch die Sparkasse beim Anleger vor Ort. Daher variieren die Bedingungen (und Kosten) der Beratung.

Fünf Broker mit Robo-Advisors

Neben diesen klassischen Beratungsangeboten gibt es fünf Onlinebroker, die eine digitale Vermögensverwaltung anbieten. Bei all diesen Robo-Advisors ist der Investmentprozess vollständig automatisiert, der Anleger kann nicht eingreifen. Er kann sich allerdings jederzeit in eine andere Risikoklasse einstufen (einen Test von Robo-Advisors finden Sie in Ausgabe 31).

So auch beim Robo-Advisor der Comdirect Bank namens Cominvest. Die Mindestanlage beträgt hier 3000 Euro. Ist mindestens so viel investiert, lassen sich außerdem Sparpläne ab einer Rate von 100 Euro monatlich abschließen. Die Sparrate wird passend zum jeweiligen Portfolio investiert. Für die digitale Vermögensverwaltung berechnet die Comdirect eine All-in-Fee von 0,95 Prozent des Anlagevolumens pro Jahr. Dafür sucht Cominvest aus einem Anlageuniversum von rund 40 000 Wertpapieren die am besten zum jeweiligen Risikoprofil und Anlagevolumen passenden aktiv gemanagten Fonds, ETFs und ETCs aus.

Insgesamt werden fünf Anlagestrategien angeboten, die sich in ihren Risikoprofilen unterscheiden. Dabei misst Cominvest das Risiko mittels der maximal zulässigen Kursschwankungen der Wertpapiere (Volatilität). Wird die maximal erlaubte Volatilität überschritten, schlägt der Algorithmus Umschichtungen vor - Stichwort "Rebalancing".

Die ING dagegen bietet keinen eigenen Robo-Advisor an. Sie kooperiert jedoch mit dem deutschen Robo-Advisor-Marktführer Scalable Capital. Dabei erstellt Scalable Capital das Portfolio und steuert Käufe oder Verkäufe vollautomatisch. Die ING dagegen führt das Depot und Verrechnungskonto. Dafür werden im Jahr 0,75 Prozent des verwalteten Vermögens an Gebühren fällig, mindestens allerdings 75 Euro. Davon gehen 0,325 Prozentpunkte an Scalable Capital, 0,425 Prozentpunkte an die ING. Auch Scalable "sortiert" die Kunden in verschiedene Risikogruppen ein, woraus letztlich die Depotstruktur resultiert, jedoch bestimmt Scalable das Risiko mittels der Kennzahl Value at Risk (VaR). Diese misst, wie viel Kapital innerhalb eines Jahres mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent im Feuer steht und wie viel rein statistisch betrachtet safe ist.

Die Anlagestrategien reichen von relativ sicheren Depots (VaR: fünf Prozent) bis zu sehr chancenreichen (VaR: 20 Prozent). Investitionen sind ab 5000 Euro möglich, ein zusätzlicher Sparplan ab 50 Euro. Dieses Geld legt Scalable Capital risikoadjustiert ausschließlich in ETFs an - also in kostengünstigen Indexfonds, die weltweit in die unterschiedlichsten Anlageklassen streuen. Umschichtungen und Reinvestitionen erfolgen hier ebenfalls automatisch. Übrigens: Scalable bietet - neben anderen Akteuren - für umweltbewusste Anleger inzwischen auch nachhaltig orientierte Portfolios an.

Auch Robin, der Robo-Advisor von Maxblue, dem Onlinebroker der Deutschen Bank, setzt auf das Risikomaß VaR. Mit dessen Hilfe entsteht für jeden Kunden ein breit gestreutes Wertpapierportfolio. Robin investiert dafür global in Aktien- und Anleihen-ETFs sowie in ETCs (börsengehandelte Rohstoffe) und hält Liquidität vor. Dabei überwacht Robin börsentäglich die Einhaltung des Risikolevels und berechnet - wenn nötig - neue Portfoliozusammensetzungen. Investitionen sind ab 500 Euro möglich. Maxblue verlangt im Jahr 0,75 Prozent des investierten Vermögens als Gebühr.

Die Kunden der Targobank können, neben der klassischen Wertpapierberatung, mit Pixit ebenfalls einen Robo-Advisor nutzen. Dieser investiert den Anlagebetrag in eine weltweite Auswahl von ETFs - je nach finanziellen Verhältnissen, Wertpapierkenntnissen und -erfahrungen des Kunden sowie dessen persönlicher Risikoneigung. Für Auswahl zeichnen die Targobank sowie das Analysehaus Scope Analysis verantwortlich.

Zur Justierung des Risikos setzt Pixit auf Rebalancing - also auf die regelmäßige Wiederherstellung der ursprünglichen Depotgewichtung unterschiedlich risikoreicher Anlageklassen. Der Grund laut Targobank: In Simulationen habe sich gezeigt, dass Rebalancing zu stabileren Wertentwicklungen führe als das "Value at Risk"-Prinzip. Pixit kann ab einer Einmalanlage von 100 Euro oder auch mittels eines monatlichen Sparplans mit Raten ab 100 Euro genutzt werden. Je nach angelegtem Kapital verlangt die Targobank jährlich 0,8 bis 0,99 Prozent als Gebühr; darin ist dann die Transaktionskostenpauschale von 0,15 Prozent bereits enthalten.

Die 1822direkt vermittelt dagegen Kunden, die auf einen Robo-Advisor setzen wollen, lediglich an Bevestor, den Robo-Advisor der Deka-Bank. Eine weitergehende Kooperation gibt es - anders als bei der ING und Scalable - jedoch nicht. Als Mindestanlagesumme sind hier 1000 Euro notwendig oder ein Sparplan über mindestens 25 Euro monatlich. Ebenso wie Scalable bietet auch Bevestor an, das ETF-Portfolio nachhaltig auszurichten, falls das gewünscht wird.

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Alle anderen der von uns befragten 15 Onlinebroker haben dagegen kein Angebot für Wertpapierberatung oder digitale Vermögensverwaltung. Sie setzen weiterhin auf die Selbstentscheider.