Ohne Zweifel geht dieses Tennismatch in die Geschichte ein: als längstes Spiel aller Zeiten. Über fünf Stunden kämpfte Roger ­Federer vor zwei Wochen gegen Novak ­Djokovic im Wimbledon-Finale. Auch wenn sich Federer am Ende geschlagen geben musste: Der Maestro des Tennissports, der mit seinem unvergleichlich eleganten Spiel die Fans verzaubert, gehört zu den bestbezahlten Sportlern der Welt.

Federer kam 1981 in Basel als Sohn eines Schweizers und einer Südafrikanerin zur Welt. Bereits im Alter von drei Jahren begann er, Tennis zu spielen. "Mein erstes Turnier habe ich mit acht Jahren gespielt", erinnert er sich. Sein Leben veränderte sich, als er mit 14 Jahren zu Hause auszog, um am Schweizer Nationalen Leistungszentrum zu trainieren: "Damals wurde ich vom Jungen zum Mann." Mit 16 gab er die Schule auf und entschied sich für eine Profikarriere.

Etwa 116 Millionen Dollar hat er laut "Forbes" bisher in seiner Karriere an Preisgeldern kassiert. Aber die Geld­maschine des vierfachen Familienvaters läuft vor allem neben dem Tenniscourt auf Hochtouren. Denn die Einnahmen aus seinen Sponsorenverträgen sind weit höher als die Preisgelder: Federer wirbt für Banken, Luxusuhren, Autos, Süßigkeiten, Bekleidungsfirmen. Der Name Federer ist längst zur Marke mit großer Strahlkraft geworden, er ist ein Sympathieträger. Keine Skandale, Gerüchte oder Indiskretionen kratzen an seinem Image, mit Eleganz bewegt er sich auch in der Corporate World von Sieg zu Sieg.

Die Tennis-Ikone


"GOAT", die Abkürzung für "The Grea­test of all Times", nannte ihn anerkennend das Onlineportal Moneycontrol und attestierte ihm eine "magische Anziehungskraft". Unter seinen Tenniskollegen gilt Federer als "Nice Guy mit Killerin­stinkt" ("The Times"), viele der Stars gehören inzwischen zu seinen Freunden. Er ist ein Massenphänomen, ein Publikumsma­gnet, eine Art Rockstar, und da Tennis eine globale Sportart ist, ist er für Sponsoren besonders interessant. Denn es gibt keinen zweiten Federer. In der im Mai 2019 veröffentlichten Liste der bestbezahlten Sportler der Welt kommt Federer auf den fünften Platz.

Demnach verdiente der Schweizer in den vergangenen zwölf Monaten insgesamt 93,4 Millionen Dollar. Mehr kassierten nur die drei Fußballgiganten Lionel Messi, Cristiano Ronaldo und Neymar sowie der mexikanische Boxer Canelo Alvarez. Die Summen setzen sich aus Gehältern, Preisgeldern und Zusatzzahlungen zusammen. Betrachtet man jedoch allein die Sponsorengelder, ist Federer die Nummer 1, noch vor dem US-Basketballstar LeBron James und dem Fußballer Ronaldo. Der Tennisprofi ist darüber hinaus Vorstand oder Teilhaber mehrerer Unternehmen, er tritt als Turnierveranstalter auf, besitzt eine Event- und Management-Agentur und eine inzwischen mit 40 Millionen Dollar dotierte Stiftung, die Kindern in Afrika den Zugang zu Bildung ermöglicht.

Das Werbegenie


Sein größter PR-Coup gelang ihm 2018 bei seinem ersten Match auf dem Centre Court von Wimbledon - der Star spielte nämlich nicht wie bisher in einem Polohemd mit dem Swoosh des Sportgiganten Nike, sondern in einem schlichten weißen T-Shirt mit dem rot umfassten Logo von Uniqlo. Fast 20 Jahre hatte Federer mit Nike kooperiert. Doch dann schloss er mit Tadashi Yanai, Japans reichstem Mann und Besitzer der größten Modekette Asiens, einen Vertrag über zehn Jahre - für den unglaublich anmutenden Betrag von 300 Millionen Dollar, fast dreimal so viel wie zuvor bei Nike.

Der 38-jährige Federer wirbt seither für den japanischen Hersteller als Markenbotschafter - und wird das bis weit über sein Karriereende hinaus tun. Das ist offensichtlich Teil seiner Strategie, die Marke Federer in Zukunft von seinen sportlichen Erfolgen zu entkoppeln und sie als globales Wirtschaftsunternehmen zu positionieren. Neben Uniqlo hat Federer zurzeit zehn weitere Werbepartner. Gemäß dem Schweizer Wirtschaftsmagazin "Bilanz" sind dies: die Schweizer Großbank Credit Suisse, der Champagnerproduzent Moët & Chandon, die Luxusuhrenmarke Rolex, der Schlägerhersteller Wilson, der Kaffee­maschinenproduzent Jura und die Pastamarke Barilla. Hinzu kommen Verträge mit Mercedes, dem Schokoladenhersteller Lindt & Sprüngli, dem Privatjet-Vermittler NetJets und dem Schweizer Telekom­anbieter Sunrise. Federer hat den Ruf, das Spiel seiner Sponsoren perfekt mitzuspielen. Bevor er auf dem Court einen Pokal in Empfang nimmt, vergisst er zum Beispiel nie, sich seine Rolex wieder über das Handgelenk zu streifen.

Federer gilt als Stilikone. Der charismatische Star setzt gern modische Akzente. 2016 adelte ihn das Lifestyle-Magazin "GQ" mit dem Titel "Most Stylish Man Alive". Ein Jahr später trug er bei der Gala der Metropolitan Opera in New York einen maßgeschneiderten Smoking von Gucci mit einer riesigen Kobra aus Strass auf dem Rücken. Federers Kommentar: "Ich habe noch nie etwas ähnlich Mutiges getragen." Bei der Oscar-Verleihung trat er in einem Smoking von Louis Vuitton auf, bei der Heirat von Pippa Middleton, der Schwägerin von Prinz William, in einem grauen Frack. Er besuchte die Modeschauen von Designern wie Marc Jacobs oder Alexander McQueen, ist befreundet mit Anna Wintour, der Chefin des US-Magazins "Vogue", der wohl wichtigsten Frau in der Modebranche. Sie berät ihn in Stilfragen.

Der Familienmensch


Eine wichtige Rolle in Federers Leben spielt seine Ehefrau Mirka. Sie hält ihm nicht nur privat den Rücken frei, sie ist auch seine Managerin und organisiert Termine und Kontakte zu den Sponsoren. Federer weiß, was er seiner Ehefrau verdankt: "Ohne Mirka könnte ich das alles nicht tun." Über das erste Zusammentreffen mit ihr sagte er: "Wir haben uns beim Tennis kennengelernt. Sie hat zu mir ­rübergeschaut und sich wohl gefragt, wer dieser Dummkopf ist, der mit Rackets um sich schmeißt." Mirka sei sein Rückgrat, gibt Federer zu. "Als ich sie getroffen habe, hatte ich null Titel, sie hat die ganze Reise mit mir gemacht. Ich bin unglaublich dankbar, sie kennengelernt zu haben." 2009 kamen die Zwillinge Char­lene Riva und Myla Rose zu Welt. "Ich hatte gerade zum ersten Mal die French Open gewonnen, den Allzeit-Grand-Slam-Rekord in Wimbledon gebrochen und dann kamen die Mädchen zur Welt. Es war ein Märchensommer", erinnerte er sich. Fünf Jahre später brachte Mirka ein zweites Mal Zwillinge zur Welt: Leo und Lennart.

Was ist das Geheimnis seines sagenhaften Erfolgs? "Alles ist möglich, wenn du daran glaubst, wenn du hart dafür arbeitest. Es ist absolut okay, zwischendurch zu versagen. Denn du wirst nur die Dinge bereuen, die du in deinem Leben nicht getan hast", erklärt Federer.