Der Gewinn nach Steuern soll trotz der Corona-Krise um mindestens ein Fünftel auf 5,0 bis 5,5 (2019/20: 4,2) Milliarden Euro steigen. Bisher hatte sich der Vorstand nur ein Plus von bis zu fünf Prozent zugetraut. Der Umsatz werde auf vergleichbarer Basis um einen mittleren bis hohen einstelligen Prozentsatz zulegen, auch hier lag die Erwartung bisher bei einem moderaten Zuwachs. "Ich bin dankbar, so ein starkes Unternehmen an die neue Führungsriege übergeben zu können", sagte Joe Kaeser, der den Chefposten nach der virtuellen Hauptversammlung am Mittwoch offiziell an Busch abgibt.

Operativ hat Busch bereits seit Oktober die Zügel in der Hand. "Wir haben einen sehr guten Start hingelegt", sagte er. "Das erste Quartal ist ein klarer Beweis, wie stark und agil Siemens sein kann, wenn es darum geht, seine Marktchancen zu nutzen." Der Aufsichtsrat erwartet von Busch nach dem radikalen Umbau des Konzerns mit der Aufspaltung in drei börsennotierte Unternehmen ein stärkeres Wachstum im Kerngeschäft. In den drei Monaten von Oktober bis Dezember stieg der Umsatz, bereinigt um Wechselkurseffekte, um sieben Prozent auf 14,07 Milliarden Euro, der Auftragseingang sogar um 15 Prozent auf 15,94 Milliarden. Das operative Ergebnis (Ebita) im Industriegeschäft schnellte wie erwartet um 39 Prozent auf 2,13 Milliarden Euro. Unter dem Strich stand ein Gewinn von 1,50 (1,09) Milliarden Euro.

Die Zuwächse kamen vor allem aus der Automatisierungs-Sparte Digital Industries, der Finanzvorstand Ralf Thomas nun auch im Gesamtjahr ein deutliches Wachstum bei höheren Margen zutraut. Siemens habe nicht nur die unerwartet rasche Erholung etwa in der Autoindustrie und im Maschinenbau geholfen, sagte Busch. Vor allem in China, aber auch in Deutschland brummte das Geschäft. Wegen der Corona-Beschränkungen habe Siemens für Dienstreisen zugleich fast zwei Drittel weniger ausgegeben. Auch das trieb die operative Marge im Industriegeschäft auf 16,0 (Vorjahr: 11,7) Prozent.

Die Prognosen stünden unter dem Vorbehalt, dass sich der Trend, vor allem in kurzzyklischen Geschäften, fortsetze. Die Unsicherheit bleibe groß. "Daher bleiben wir vorsichtig. Die Pandemie ist noch nicht vorbei", sagte Busch. Für das laufende zweite Quartal rechnet Finanzvorstand Thomas in den drei Kern-Sparten jeweils mit etwas niedrigeren Margen als zuletzt, auch weil der starke Euro Umsätze und Ergebnisse drückt.

Ein noch optimistischerer Jahresausblick ist am Mittwoch in einem weiterhin guten Marktumfeld eine Freude für Siemens-Anleger. Am Tag der Hauptversammlung legten die Aktien im frühen Xetra-Handel um fast drei Prozent bis auf 137,52 Euro zu und setzten so ihre Rally mit immer neuen Bestmarken nach der Neubewertung im Zusammenhang mit der Abspaltung von Siemens Energy fort. Zuletzt ließ der Schwung aber nach - das Plus noch 1,3 Prozent.

Analysten waren sich in ersten Kommentaren alle einig, dass die Anpassung der Ziele noch deutlicher ausfällt als von den meisten Investoren nach den zuvor veröffentlichten Eckdaten erwartet. Lob heimste unter anderem die Entwicklung des China-Geschäfts vor allem in der Digitalisierungssparte ein, aber auch der freie Mittelzufluss, der laut Simon Toennessen vom Investmenthaus Jefferies in einem typischerweise schwachen ersten Geschäftsquartal positiv herausrage.

Der gute Lauf der Aktien in den vergangenen Monaten könnte sich Experten zufolge fortsetzen. "Ich sehe das Potenzial für eine anhaltende Outperformance, unterstützt durch die Gewinndynamik und einen weiter rückläufigen Bewertungsabschlag zur Branche", sagte Wasi Rizvi von der kanadischen Investmentbank RBC. Als Stütze dessen sieht er auch den derzeit laufenden Konzernumbau mit verschlankten Strukturen.

Der Kurs des Dax-Schwergewichts hat sich vom Corona-Crash im vergangenen Jahr, dass ihn auf ein Tief seit 2009 hatte abrutschen lassen. Von den 53,19 Euro ausgehend ging es in den Folgemonaten stetig bergauf, mittlerweile bis auf etwa das Zweieinhalbfache.

dpa-AFX/ rtr