Nach den massiven Kursverlusten Ende der vergangenen Woche ist die Aktie der Werbefirma Ströer am Montag auf Erholungskurs gegangen. Das Papier legte 4,9 Prozent zu und war damit der größte Gewinner im MDax. Der Nebenwerteindex schloss 0,2 Prozent im Minus.

Die Anteilsscheine von Ströer waren am Donnerstag um fast 18 Prozent eingebrochen, nachdem der streitbare US-Investor Muddy Waters eine kritische Studie veröffentlicht hatte. Der Bericht, der unter anderem das Wachstumstempo des Vermarkters in Frage stellte, brockte der Aktie zweitweise Einbußen von knapp 33 Prozent ein - und damit den höchsten Rückgang seit dem Börsengang vor sechs Jahren.



Ströer teilte noch am gleichen Tag mit, rechtliche Schritte zu prüfen. Zudem gab die Firma am Freitag eine detaillierte Stellungnahme ab. "Der gestern veröffentlichte Bericht von Muddy Waters Capital besteht in erster Linie aus der Verarbeitung von Ströer bereits veröffentlichten und bekannten Fakten, die in bewusst irreführenderweise dargestellt und mit falschen Behauptungen und Unterstellungen vermengt und damit verfälscht werden, um die Aktionäre von Ströer aus eigenem wirtschaftlichen Interesse (Short-Position von Muddy Waters Capital) gezielt zu schädigen", hieß es darin.

Die Stellungnahme konnte die Anleger jedoch nur bedingt beruhigen. Der Aktienkurs gab am Freitag 2,4 Prozent nach. Die Papiere gingen mit 42,96 Euro aus dem Handel, am Mittwochabend waren es noch 53,60 Euro gewesen. Damit büßten die sie binnen zwei Tagen fast ein Fünftel ihres Wertes ein.

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Nach diesen Turbulenzen schöpften einige Anleger am Montag wieder Hoffnung. Das dürfte nicht nur an dem vergleichsweise niedrigen Kursniveau gelegen haben, sondern auch an den jüngsten Expertenstimmen. Bereits am Freitag meldeten sich erste Analysten zu Wort, um eine Einschätzung zu den Ereignissen abzugeben.

Craig Abbott von Kepler Chevreux schrieb, einige der von Muddy Waters erhobenen Vorwürfe dürften wohl weitere Untersuchungen beziehungsweise Erklärungen von Ströer erfordern. Doch solange sich die Vorwürfe nicht bewahrheiteten, bleibe er bei seiner Investment-Einschätzung (Buy), vor allem nach dem Kursrutsch. Am Montag ergänzte er, die Stellungnahme biete plausible Erklärungen, die nicht auf überhöhte Geschäftsergebnisse hindeuteten. Es könnte aber einige Zeit dauern, bis das Anlegervertrauen wiederhergestellt sei.

Christoph Schlienkamp vom Bankhaus Lampe schrieb, das Hauptproblem liege in der Bilanz- und der Präsentationspraxis sowie den IFRS-Zahlen, dies sei aber alles eine Frage der Perspektive. Die Anleger sollten bedenken, dass Ströers Ausblick operative Kennziffern umfasse, die sich vor allem wegen Fusionen und Zukäufen von den bereits veröffentlichten IFRS-Zahlen unterschieden. Das sei seines Erachtens eine adäquate Vorgehensweise.

Ähnlich äußerte sich Benjamin Kohnke von der Deutschen Bank. Der Analyst schrieb am Montag, die Stellungnahme zu den Vorwürfen sei detailliert und glaubwürdig ausgefallen. Die Rechnungslegung von Ströer könne zwar durchaus als "aggressiv" interpretiert werden, das operative Ergebnis (Ebitda) reflektiere aber vollständig die wirtschaftliche Realität und sei ein zuverlässiges Maß für die Bewertung der Aktie.

Mit Material von dpa-AFX

Alle Analysteneinschätzungen im Überblick, Fazit von BÖRSE ONLINE





Die folgende Tabelle zeigt alle Analysteneinschätzungen, die seit Freitag abgegebenen worden sind. Alle Experten ließen ihre Urteile und Kursziele trotz der von Muddy Waters erhobenen Vorwürfe gegen Ströer unverändert. Das durchschnittliche Kursziel beläuft sich demnach auf 70,19 Euro. Daraus ergibt sich - auf Basis des Schlusskurses am Montag von 45,05 Euro - ein Kurspotenzial von 55,8 Prozent.

Analysten Einschätzung / Kursziel / Datum
Deutsche Bank Buy / 70,00 Euro / 25.04.16
Hauck & Aufhäuser Buy / 71,00 Euro / 25.04.16
Kepler Chevreux Buy / 62,50 Euro / 25.04.16
Liberium Buy / 75,00 Euro / 25.04.16
Jefferies Buy / 75,00 Euro / 22.04.16
Bankhaus Lampe Buy / 73,00 Euro / 22.04.16
Morgan Stanley Overweight / 69,00 Euro / 22.04.16
Citigroup Buy / 71,00 Euro / 22.04.16


Fazit von BÖRSE ONLINE



Die massiven Kursverluste der vergangenen Woche dürften einige Anleger nun zum Einstieg verleiten, zumal Ströer - zumindest aus Sicht der Analysten - plausible Erklärungen gegen die Vorwürfe parat hat. Allerdings raten wir zu erhöhter Vorsicht, da es nicht ausgeschlossen ist, dass Muddy Waters nochmal nachlegt und das die Kurse erneut drückt. Das Risiko eines Investments ist daher sehr hoch. Zudem ist die Aktie durch unseren Stoppkurs von 46,80 Euro gefallen. Daher stufen wir das Papier von "Kaufen" auf "Beobachten" herunter.

Eine ausführlichere Analyse können Sie in unserer kommenden Heftausgabe 17/2016 lesen, die ab Donnerstag am Kiosk erhältlich ist.