Die Extremistenorganisation Islamischer Staat bekannte sich zu den Angriffen. Unterdessen tourt Außenminister Heiko Maas durch die Nachbarstaaten Afghanistans, um die weitere Ausreise von Menschen aus dem Land zu sichern. Maas setzt dabei vor allem auf weitere Flüge von Kabul aus. Fraglich ist allerdings, wann dies nach dem Abzug der US-Soldaten sein wird.

Für diesen wurde mit den radikalislamischen Taliban eine Frist bis Dienstag vereinbart. Nach Angaben eines US-Regierungsvertreters haben die meisten Mitarbeiter der US-Botschaft das Land verlassen. Ob auch Botschafter Ross Wilson darunter ist, war zunächst unklar. Es wurde erwartet, dass er zu den letzten gehört, die das Land verlassen, bevor auch die letzten US-Soldaten aus Afghanistan abziehen.

Die Angriffe auf den Flughafen in Kabul wurden nach Angaben eines US-Regierungsvertreters von einem Raketenabwehrsystem abgefangen. Ersten Berichten zufolge habe es keine Opfer unter den Amerikanern gegeben. Das könne sich jedoch noch ändern. Afghanischen Medienberichten zufolge wurden die Raketen von einem Fahrzeug aus abgefeuert. In Kabul seien an mehreren Stellen Raketen eingeschlagen, meldete die Agentur Pajhwok. Der IS teilte über seinen Telegram-Kanal mit, die Soldaten des Kalifats hätten sechs Katjuscha-Raketen auf den Airport abgefeuert.

Erst am Sonntag hatten die Amerikaner nach eigenen Angaben mit einem Drohnen-Angriff einen Selbstmordattentäter in einem Wagen getötet, der im Auftrag des IS-Milizenablegers Isis-K einen Anschlag auf den Flughafen vorbereitet haben soll. Bei der Zerstörung des Wagens sei es anschließend zu mehreren starken Explosionen gekommen, was darauf hindeute, dass das Fahrzeug wohl mit Sprengstoff beladen gewesen sei, teilte das US-Zentralkommando mit. US-Präsident Joe Biden bekräftigte, dass die Militärkommandeure "alles unternehmen sollen, was nötig ist, um unsere Truppen am Boden zu schützen", wie das US-Präsidialamt mitteilte. Vergangene Woche waren bei einem Selbstmordanschlag am Flughafen Dutzende Afghanen und 13 US-Soldaten getötet worden.

"ORGANISIERT MENSCHEN AUSFLIEGEN"


Der Evakuierungseinsatz begann einen Tag bevor die Taliban am 15. August die Macht in Kabul übernahmen. Seitdem wurden nach US-Angaben etwa 114.400 Menschen außer Landes gebracht, darunter zahlreiche Afghanen, die als besonders schutzbedürftig gelten, weil sie während des fast 20-jährigen Militäreinsatzes am Hindukusch als Ortskräfte für die westlichen Truppen und etwa in der Entwicklungshilfe gearbeitet haben oder sich für Menschen- und Frauenrechte einsetzen. Zahlreiche Betroffene schafften es jedoch nicht rechtzeitig zum Flughafen.

Darunter sind auch Zehntausende Ortskräfte und ihre Angehörigen, die nach Deutschland ausgeflogen werden sollen, wie Bundesaußenminister Maas am Sonntag in der Türkei sagte. "Die Aufrechterhaltung des Flugverkehrs ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, organisiert Menschen ausfliegen zu können", sagte Maas am Montag in der tadschikischen Stadt Duschanbe. "Auf dem Landweg ist dies erheblich schwieriger." Bei einem Stopp in Taschkent sagte Maas, Usbekistan sei bereit, Deutsche, afghanische Ortskräfte und Schutzbedürftige, die nach Deutschland ausgeflogen werden sollen, ins Land zu lassen. Laut Bundesinnenministerium kommen dafür rund 40.000 Menschen infrage.

Die Türkei, Katar und die USA führten derzeit Gespräche zum Weiterbetrieb des Flughafens Kabul über den 31. August (Dienstag) hinaus, sagte Maas. Dies werde wegen der Beschädigungen am Flughafen möglicherweise nicht übergangslos möglich sein. Zudem gehe es danach nicht um einen regulären Flugbetrieb, sondern um Chartermaschinen, die Menschen ausfliegen könnten. "Ich habe in der Türkei noch einmal deutlich gemacht, dass wir als Deutschland auch zur Verfügung stehen, uns daran zu beteiligen", sagte Maas in Duschanbe. Die Taliban hätten Zusagen gegeben, dass weiterhin Menschen das Land verlassen können.

Deutschland will zudem Menschen helfen, die auf dem Landweg versuchen, in die umliegenden Länder zu gelangen, um dort die deutschen Konsulate und Botschaften aufzusuchen. Dazu verstärkt das Auswärtige Amt seit Anfang der Woche dort das Personal. Deutschland stellt den Nachbarstaaten 500 Millionen Euro bereit, um Flüchtlinge versorgen zu können. Maas wollte noch am Montag nach Pakistan weiterreisen. Abschließend will er in Katar Gespräche führen.

rtr