Sind Immobilienaktien und Direkt-Investments in Betongold tickende Zeitbomben – oder ist eine drohende Krise schon abgewendet? Bulwiengesa-Vorstand Sven Carstensen gibt darauf Antworten Von Stefan Rullkötter

Börse Online: Wie bewerten Sie die aktuelle Marktlage für Wohnimmobilien hierzulande?

Sven Carstensen: Bei Eigentumswohnungen ist ein Nachfrageeinbruch zu verzeichnen, da sich viele Interessenten die Wohnungen nicht mehr leisten können. Gebrauchte Immobilien leiden zudem unter der Unsicherheit bzgl. der zukünftigen energetischen Anforderungen. Der Mietmarkt ist nach wie vor von Knappheit geprägt mit steigenden Mieten insbesondere im Neubau.

Und wie sieht es bei Gewerbeimmobilien aus?

Sie  wurden von der Zäsur am Zinsmarkt hart getroffen, die Preisrückgänge betragen bis zu 20-30 Prozent. Aber auch hier sind zumindest bei qualitativ hochwertigen Produkten steigende Mieten zu verzeichnen. 

Lesen Sie auch: "Phase der Neubewertung am Immobilienmarkt" – Was Anleger und Hausbesitzer wissen müssen

Aktien von Immobilienkonzernen, die erhebliche Anteile ihrer Portfolien mit Fremdkapital finanzieren, haben herbe Kursrückschläge erlitten. Unter welchen Rahmenbedingungen könnte es eine Trendwende geben?

Sobald die Leitzinsen nicht weiter steigen, wird die Börse Immobilienkonzerne nicht mehr pauschal bewerten. Dann wird jedes einzelne Unternehmen wieder differenziert betrachtet werden. Wer gut mit Eigenkapital ausgestattet ist, dürfte dann im Vorteil gegenüber den Wettbewerbern sein. 

Gilt das in kleinerem Maßstab auch für private Immobilienkäufer?

Wer über ausreichend eigene Liquidität verfügt und kaum Fremdkapital aufnehmen muss, ist in einer besseren Verhandlungsposition und kann gute Kaufgelegenheit finden. Manche Bauträger und Projektentwickler sind unter Druck geraten – und müssen niedrigere Preise als kalkuliert akzeptieren.




Bulwiengesa
Sven Carstensen

Zur Person: 

Sven Carstensen wurde 2020 in den Vorstand des unabhängigen Immobilienberatungsunternehmens Bulwiengesa AG berufen und ist Mitglied im Rat der Wirtschaftsweisen des Spitzenverbands ZIA. Der Diplomkaufmann, Immobilienökonom und -gutachter ist seit 1995 in der Branche tätig. Neben der Immobilienwertermittlung liegt sein fachlicher Schwerpunkt auf Analysen und Beratungen zu Gewerbeimmobilien.

Zum Unternehmen: 
Bulwiengesa ist eines der größten unabhängigen Beratungs-, Analyse- und Bewertungsunternehmen für die Immobilienbranche in Deutschland. Die von dem Unternehmen erhobenen Daten werden unter anderem von der Deutschen Bundesbank, der EZB und der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) verwendet.

Das ganze Interview lesen Sie im €uro Monatsmagazin 7/23, ab 21. Juni im Handel und hier als digitale Ausgabe erhältlich