Was Anfang Januar auf der Investorenkonferenz von JP Morgan in San Francisco mit den ersten Gesprächen begann, entwickelt sich für Evotec zum bedeutendsten Vertragsabschluss in der 21-jährigen Firmengeschichte. Geht alles glatt, wird das Biotechunternehmen mit dem französischen Pharmagiganten Sanofi bis Mitte 2015 einen Deal unterzeichnen, der für die Wirkstoffsuche von Evotec einen Quantensprung bedeutet.

Lukrative Liaison

Was die Börse mit einem Kursfeuerwerk feierte, ist eine strategische Allianz mit fünfj.hriger Laufzeit, die Evotec 250 Millionen Euro an garantierten Zahlungen in die Kasse spülen wird. Darin enthalten ist eine Vorauszahlung, die sich Branchenexperten zufolge zwischen 35 und 40 Millionen Euro bewegen wird.

Im Einzelnen arbeiten beide Seiten an ausgewählten präklinischen Entwicklungsprojekten in der Krebsforschung. Von den 20 Kandidaten befinden sich fünf im fortgeschrittenen Stadium und werden innerhalb der nächsten zwei Jahre für die klinische Entwicklung auslizenziert. Evotec übernimmt die Lizenzen für diese fünf Wirkstoffe, die noch anfallenden Entwicklungskosten trägt Sanofi. Scheitern die Programme, entstehen für Evotec keine Kosten. Umgekehrt erhalten Evotec und Sanofi für jedes verpartnerte Produkt im Erfolgsfall klinische Meilensteinzahlungen und Umsatzbeteiligungen.

Zugleich übernimmt Evotec in Toulouse die Forschungsstätte von Sanofi mit ihren mehr als 200 Wissenschaftlern, um die eigenen Outsourcing-Services für das Identifizieren von Wirkstoffkandidaten auszubauen. Zudem bringt Evotec 400 000 eigene Kandidaten in die mehr als eine Million niedermolekulare Substanzen umfassende Forschungsbibliothek von Sanofi ein. Diese gemeinsame Bibliothek soll in Zukunft auch anderen Pharma- und Biotechkonzernen für die Wirkstoffsuche zur Verfügung gestellt werden.

Abgehakt hat Evotec den klinischen Fehlschlag mit dem Diabetesmittel DiaPep277, das 2007 an die israelische Firma Andromeda auslizenziert worden war. Schwerer noch als der klinische Flop wog der Skandal um Datenmanipulationen durch Andromeda. Obwohl Evotec nicht in die klinische Entwicklung involviert war, stürzte die Evotec-Aktie nach Bekanntwerden des Skandals im September um rund 20 Prozent ab. 8,7 Millionen Euro an Wertberichtigungen wurden in die Neunmonatsbilanz eingebucht. Im Gegenzug kommt bis zum Jahresende aller Voraussicht nach ein weiterer Kurstreiber: Bei der Präsentation der Neunmonatszahlen gab Vorstandschef Lanthaler bekannt, dass noch 2014 zwei weitere Meilensteinzahlungen aus bestehenden Kooperationen anfallen.

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Vorstandschef Werner Lanthaler sieht Evotec in der Schlüsselrolle zwischen akademischer Forschung und Medikamentenentwicklung.

Was bedeutet der anstehende Sanofi-Deal für Evotec?
Über die Allianz mit Sanofi können wir unser Outsourcing-Angebot deutlich verbreitern. Zugleich eröffnet sie Evotec die Möglichkeit, sich als erste Wahl unter den Entwicklern von präklinischen Substanzen nicht nur in der Krebsforschung zu etablieren.

Wie soll das funktionieren?
Hat die Kooperation in der Krebsforschung Erfolg, könnten für Sanofi Kooperationen mit uns auch in anderen Krankheitsfeldern interessant werden, etwa Diabetes. Aber das ist Zukunftsmusik.

Warum macht Sanofi Outsourcing?
Kooperationen mit erstklassigen Partnern verschaffen Pharmakonzernen effizienteren Kapitaleinsatz. Langfristig ergeben sich damit zusätzliche Chancen in der gemeinsamen Entwicklung einer klinischen Pipeline. Mit Evotec lässt sich der gesamte Prozess der Frühphasenforschung an Wirkstoffen abdecken.

Und was versprechen Sie sich von der Partnerschaft?
Sanofi hat in Toulouse eine der weltweit führenden Infrastrukturen für die Wirkstoffsuche aufgebaut, die eine noch viel weiter reichende Nutzung als nur für einen Konzern erlaubt. Die Öffnung von Sanofi ist also eine Chance auch für viele andere Unternehmen, was ich extrem visionär finde. Evotec wird als der Betreiber dieses Geschäftsmodells zum Bindeglied. Mit unserer Expertise wollen wir die Brücke zwischen akademischen Einrichtungen, Biotech und Pharma bauen.

Noch existiert kein Vertrag. Kann der Deal noch platzen?
Ein Restrisiko bleibt immer, aber in erster Linie steht der Vertragsabschluss unter dem Vorbehalt von regulatorischen und arbeitsrechtlichen Bedingungen. Wir gehen fest davon aus, dass wir im ersten Halbjahr 2015 einen finalen Kontrakt unterzeichnen und die Arbeit starten können.

SRI