Der vor allem als Kurierdienst für die Geschäftswelt bekannte US-Konzern FedEx verständigte sich mit TNT auf einen Kaufpreis von 4,4 Milliarden Euro, wie die beiden Unternehmen am Dienstag mitteilten. Mit FedEx wagt binnen zwei Jahren ein zweites US-Unternehmen den Anlauf zur Übernahme von TNT: UPS war 2013 am Widerstand der Wettbewerbshüter gescheitert. FedEx und TNT zeigten sich zuversichtlich, die kartellrechtliche Hürde nehmen zu können. Trotz der Aussicht auf einen mächtigen Konkurrenten im Express-Service erklärte der DHL-Mutterkonzern Deutsche Post, die Fusion biete auch Chancen für das eigene Geschäft.

Bei einer erfolgreichen Übernahme von TNT mit Sitz in Hoofddorp bei Amsterdam durch FedEx aus Memphis im US-Bundesstaat Tennessee entstünde eine Branchengröße mit weitreichendem Logistiknetz. So sollen TNT-Kunden nach der Fusion ihre Waren und Dokumente auch über das weltweite FedEx-System mit eigener Flugzeugflotte verschicken können. Umgekehrt stehen dem US-Konzern mit dem lila-orange Logo die europäischen Lieferwege von TNT zur Straße zur Verfügung.

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ANALYST: DIE RIVALEN KÖNNEN PRAKTISCH NICHTS TUN

Experten rechnen kaum damit, dass Wettbewerbshüter den beiden Unternehmen auf ihrem gemeinsamen Weg Steine in den Weg legen. Schließlich überschnitten sich die Geschäfte von FedEx und TNT - anders als bei der gescheiterten Übernahme durch UPS - bisher kaum. Das liege zum einen an der bisher geringen Marktpräsenz von FedEx in Europa, zum anderen an den unterschiedlichen Liefersystemen zu Luft und zur Straße.

"FedEx hat eine kluge Entscheidung getroffen, und die Rivalen können praktisch nichts tun", sagte Andre Mulder vom Finanzberater Kepler Chevreux. So sei ein Gegengebot beispielsweise der Deutschen Post unwahrscheinlich, weil schnell die kartellrechtlich kritische Grenze eines Marktanteils von 30 Prozent erreicht würde. Doch der Zusammenschluss mit TNT würde FedEx Analysten des Finanzhauses ING zufolge zur europäischen Nummer zwei nach DHL machen und UPS von diesem Platz verdrängen.

Die Deutsche Post sieht zunächst die Wettbewerbshüter am Zug. Zudem verlaufe die Integration solch großer Zukäufe mit verschiedenen Kulturen nicht immer glatt, sagte ein Sprecher des Bonner Konzerns. Das führe zu Unruhe, gerade im Expressgeschäft könnten sich Kunden daher umorientieren. Die Post sehe deshalb auch Geschäftschancen. "Wir schauen uns das in Ruhe an." Grund zur Gelassenheit des ehemaligen Monopolisten in Deutschland könnten auch Marktforschungsdaten liefern. Denn nach Daten von Market Intelligence bliebe die führende Rolle von DHL Deutsche Post in Europa und Asien auch nach der Fusion unangefochten.

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TNT-AUFSEHER: DEAL WIRD ABSOLUT SICHER IN BRÜSSEL DURCHGEHEN

Der TNT-Aufsichtsrat steht geschlossen hinter der Übernahme, die FedEx in der ersten Jahreshälfte 2016 abschließen will. Auch der größte TNT-Eigner, PostNL, will seinen Anteil von knapp 15 Prozent FedEx andienen. Für die Niederländer steht viel auf dem Spiel, denn die Absage an UPS warf TNT damals weit zurück. Der Konzern hatte darauf gesetzt, einen Großteil des UPS-Logistik-Systems nutzen zu können. Doch TNT zeigt sich sehr zuversichtlich: "Letztes Mal dachten wir, es ist machbar, wenn auch kompliziert", sagte Aufsichtsratschef Antony Burgmans. "Dieses Mal sind wir aber so sicher wie man es im Leben eben sein kann, dass der Deal in Brüssel durchgeht."

TNT-Aktien schossen mehr als 30 Prozent in die Höhe, die Anteilsscheine des Haupteigners PostNL gewannen 13 Prozent an Wert. Doch die Aussicht auf die Milliardenfusion gab auch anderen Titeln der Logistikbranche Aufwind. So wurden Deutsche-Post-Aktien 2,7 Prozent höher, Kühne & Nagel 1,5 und Royal Mail aus Großbritannien 1,3 Prozent höher gehandelt. FedEx-Papiere notierten vorbörslich fast vier Prozent fester.

Reuters