Vor den Zinssitzungen von Fed und EZB in der kommenden Woche erschüttern neue Turbulenzen die Branche.

Sorgen über die Stabilität des Bankensektors belasten die Aktienmärkte und werfen ihre Schatten auf die Zinssitzungen der Europäischen Zentralbank (EZB) und der US-Notenbank Fed in der kommenden Woche. Vertreter der Notenbanken beiderseits des Atlantiks hatten angesichts der hohen Kerninflation bereits weitere Zinsanhebungen in Aussicht gestellt. Allerdings müssen die Währungshüter bei ihren Entscheidungen auch die Finanzstabilität berücksichtigen.

In den vergangenen Tagen hatten vor allem anhaltende Einlagenabflüsse bei der US-Regionalbank First Republic die Märkte verunsichert und Kursrückgänge bei Bankaktien ausgelöst. Unter Druck gerieten auch der europäische Bankensektor und Einzelwerte wie Deutsche Bank und Commerzbank. Die First Republic Bank hatte am Dienstag mitgeteilt, dass ihre Einlagen im ersten Quartal durch massive Mittelabflüsse um mehr als 100 Milliarden Dollar gesunken sind. Dies löste an den Börsen die Sorge vor weiteren Schieflagen, Insolvenzen oder gar einer neuen Bankenkrise aus. Der Börsenwert von First Republic — einst 40 Milliarden Dollar — rutschte unter die Marke von einer Milliarde. Die US-Regierung verweigert angeblich weitere Hilfe. Die Regionalbank aus San Francisco war bereits nach dem Zusammenbruch der Silicon Valley Bank wegen Mittelabflüssen in Schwierigkeiten geraten.

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Vor der EZB- und Fed-Sitzung zu den Zinsen: Kunden auf der Flucht

Ähnliche Effekte erschüttern auch die Schweizer Krisenbank Credit Suisse (CS), die derzeit in einer staatlich unterstützten Rettungsaktion vom Schweizer Branchenprimus UBS übernommen wird. So vermeldete die CS für das erste Quartal Abflüsse von Kundengeldern in Höhe von 61 Milliarden Franken. Nach Angaben der Bank seien die Abflüsse inzwischen zwar zurückgegangen. Eine Trendumkehr zeichne sich jedoch nicht ab. Zudem schreibt die CS Verluste — vor Steuern allein 1,3 Milliarden Franken im ersten Quartal. Die großen Abflüsse schmälern die Basis für den Zins- und Provisionsüberschuss. Die Bank befürchtet insbesondere im zweiten Quartal weitere erhebliche Verluste in der Vermögensverwaltung.

Dies könnte auch zu weiteren Belastungen bei der UBS führen, deren Gewinn sich im ersten Quartal ohnehin schon auf eine Milliarde Dollar halbiert hat. Zwar macht die UBS mit der CS-Übernahme einen gewaltigen Wachstumssprung. Sie muss aber gleichzeitig hohe Integrationsrisiken bewältigen.

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Die neuen Turbulenzen im Finanzsektor machen die Sitzungen der Notenbanken Fed und EZB in der kommenden Woche nicht einfacher. Die Fed tagt am 3. Mai, die EZB am 4. EZB-Vertreter hatten bereits eine weite-re Zinserhöhung in Aussicht gestellt. Laut Direktorin Isabell Schnabel sei angesichts der hartnäckigen Kerninflation auch ein großer Schritt von 0,5 Prozentpunkten nicht vom Tisch. Die Kerninflation, also die um Energie und Nahrung bereinigte Preissteigerung, gilt als Indikator für den mittelfristigen Preistrend und steht deshalb besonders im Fokus der Währungshüter. Neue Daten über die Euro-Inflation gibt es am 2. Mai.

Nach der Pleite der Silicon Valley Bank und der Schieflage bei Credit Suisse hatten Experten angenommen, dass die Phase der Zinsanhebungen nun vorüber sein könnte. Inzwischen geht man davon aus, dass die Notenbanken aber weiter nachlegen werden.

Eigentlich profitieren Banken von hohen Zinsen. So meldeten die US-Branchenriesen JP Morgan, Citigroup und Bank of America kräftige Gewinnsteigerungen im ersten Quartal. Auch die Commerzbank dürfte beim Gewinn im ersten Quartal deutlich zugelegt haben. Die Zahlen will sie am 17. Mai vorlegen.

Dieser Artikel erschien zuerst in Euro am Sonntag 17/2023. Hier erhalten Sie einen Einblick ins Heft.

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