BONN (dpa-AFX) - Nach einer Gerichtsniederlage im Streit über Handynetz-Frequenzen drohen dem Bund milliardenschwere Einbußen. 2019 hatte die Bundesnetzagentur Frequenzen für 6,5 Milliarden Euro versteigert, die Mobilfunkfirmen Deutsche Telekom , Vodafone , O2 und 1&1 griffen zu - Branchenkennern zufolge war das ein recht hoher Wert.

Die kleineren Wettbewerber Freenet und EWE Tel sahen sich aber benachteiligt, klagten und hatten Erfolg - ein Urteil des Verwaltungsgerichts Kölns wurde kürzlich rechtskräftig. Nun muss die Bundesnetzagentur die damaligen Netzausbau-Auflagen neu erarbeiten. Hierzu startete sie eine entsprechende Anhörung, um Stellungnahmen aus der Branche einzuholen.

Zwei mögliche Wege, beide sind riskant und folgenreich

In dem jetzt von der Behörde publizierten Papier sind zwei Handlungsoptionen enthalten. Zum einen könnten die Beamten zu dem Schluss kommen, dass auf eine erneute Auktion verzichtet werden kann. Das Pikante daran: Die Autoren schreiben, dass hierbei "möglicherweise durch Ausgleichsmaßnahmen Abhilfe" zu schaffen sei. Das hieße wohl, dass die Firmen finanziell entlastet würden: Entweder zahlen sie weniger oder die Ausbau-Pflichten werden etwas entschärft, es müssten also weniger Funkstandorte gebaut werden.

Die Bundesnetzagentur muss ihre Entscheidung auf Basis der aktuellen Marktlage treffen, so sieht es das Urteil des Kölner Verwaltungsgerichts vor. Sollte sie den Auflagenkatalog verändern und auf eine Wiederholung der Auktion verzichten, so drohen ihr Schadenersatz-Klagen - die klagenden Firmen könnten sagen, dass sie auf Basis der geänderten Auflagen damals ja längst nicht so viel Geld geboten hätten.

Die andere Handlungsoption der Behörde ist es, dass Auktion wiederholt werden muss - und das, obwohl die jahrzehntelange Nutzung der versteigerten Frequenzrechte längst begonnen hat. Bei einer erneuten Auktion wäre die Frage völlig offen, was die Firmen bieten und was sie für die bisherige Nutzung der Frequenzen zahlen würden.

Damals schaukelten sich die Firmen in der Auktion gegenseitig hoch, der Neueinsteiger 1&1 ließ in den Auktionsrunden nicht locker und die Gebote wurden immer höher. Gut möglich, dass die Lage diesmal anders wäre, zumal der spanische O2-Mutterkonzern Telefónica laut über mögliche Zukäufe nachdenkt und dabei möglicherweise 1&1 in den Blick nimmt. Würden aus vier nur noch drei Netzbetreiber, so würde der Wettbewerbsdruck abnehmen. Das wäre dann wohl auch am Auktionsergebnis zu sehen - und statt der ursprünglichen sechseinhalb Milliarden könnten nur noch zwei oder drei Milliarden im Staatssäckel landen.

Wie auch immer die Behörde über ihr weiteres Vorgehen entscheidet, bei irgendeiner Firma dürfte das Grummeln groß sein - und die nächste Klage ließe in der streitfreudigen Branche wohl nicht lange auf sich warten./wdw/DP/nas

Quelle: dpa-Afx