BONN (dpa-AFX) - Wer in entlegenen Gegenden Deutschlands unterwegs ist, hat häufig noch immer keinen Handyempfang. Wie aus einem Bericht der Bundesnetzagentur hervorgeht, ist die Versorgung auf 11 Prozent der Landesfläche schlecht oder inexistent.

3,8 Prozent der Fläche werden in dem Bericht als Funkloch oder als sogenannte weiße Flecken definiert. Bestenfalls Empfang im uralten Mobilfunkstandard 2G (Edge) ist hier möglich, was nur Telefonate und Schneckentempo-Downloads ermöglicht. 7,2 Prozent der Fläche gelten als "graue Flecken" - das heißt, dass dort nur eins der drei deutschen Mobilfunknetze im 4G-Standard zu empfangen ist, ob von der Telekom, Vodafone oder von Telefónica. Kunden der zwei anderen Netze gucken jeweils in die Röhre.

Die Netzbetreiber sind verpflichtet, 98 Prozent der deutschen Haushalte mit 4G zu versorgen. Dieses Mindestlevel erfüllen sie inzwischen. Auf die Fläche beziehen sich die Ausbauverpflichtungen hingegen nicht - so gesehen sind die nun publizierten Daten kein Beleg für Versäumnisse beim Mobilfunkausbau. Sie sind dennoch bemerkenswert, weil viele Menschen im Internetzeitalter längst nicht mehr nur in besiedelten Gebieten Handyempfang haben wollen. Auch für Landwirte auf dem Acker, Waldarbeiter oder Wanderer wird der Datenfluss immer wichtiger.

Die Telekommunikationsbranche verweist auf hohe Kosten, die beim Ausbau auf dem Land anfallen. Die Netzbetreiber kooperieren inzwischen miteinander, um sich gegenseitig auf die Funkmasten zu lassen. Hinzu kommt eine neue staatliche "Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft", die mit Fördergeld Funkstandorte dort ermöglichen will, wo sich ein wirtschaftlicher Betrieb nicht lohnt. Die jetzt veröffentlichten Zahlen verdeutlichen, dass der Bedarf tatsächlich groß ist.

Im vergangenen Herbst hatte die Netzagentur erstmals Flächenangaben zur Handyversorgung gemacht. Die Herbst-Zahlen sind mit den jetzigen Zahlen aber nicht vergleichbar, weil die Messungen inzwischen strenger sind als früher. Auf der Webseite www.breitband-monitor.de kann man überprüfen, wo genau welcher Handyempfang möglich ist.

Etwas überraschend liegen die Bundesländer, die relativ schlecht versorgt sind, alle im Süden der Republik: Auf 15,5 Prozent der Fläche Bayerns ist maximal ein Handynetz zu empfangen, auch in Baden-Württemberg (15,1 Prozent) und Rheinland-Pfalz (15,9 Prozent) stehen die Chancen auf dem Land eher schlecht. Auch in Hessen (14,4 Prozent) gibt es Nachholbedarf. Ostdeutschland schneidet in der Statistik weniger schlecht ab: In Mecklenburg-Vorpommern liegt der Wert zum Beispiel bei 8 Prozent, in Sachsen-Anhalt bei 9,4 Prozent und in Sachsen bei 8,8. Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen liegt der Anteil der Fläche, wo höchstens ein Handynetz zu empfangen ist, bei 6,7 Prozent.

Die netzpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Anke Domscheit-Berg, betonte die Wichtigkeit von schnellem Internet auf dem Land: Teilhabe setze in einer digitalen Gesellschaft auch den Zugang zum datenfähigen Mobilfunk voraus. Die Gebiete mit schlechter Abdeckung seien Beleg dafür, dass Deutschland beim Ausbau der digitalen Infrastruktur "versagt". "Die Ursache sind nicht Berge, Komplexität oder zu hohe Ausbaukosten, sondern ungeeignete Strategien, falsche Prioritäten, eine Vernachlässigung der Gemeinwohlorientierung und des ländlichen Raums ganz allgemein."

In einem anderen Teil des Berichts geht es um die Autobahnen und ICE-Strecken, an denen es seit Anfang 2020 eigentlich überall 4G-Empfang geben muss - es geht also um 100 Prozent Abdeckung. Allerdings gibt es eine Ausnahmeregelung: Wo die Installation von Mobilfunkmasten "rechtlich oder tatsächlich" nicht möglich ist, darf es auch künftig Funklöcher geben - etwa wenn kein Grundstück für den Sendemast zu mieten oder zu kaufen ist oder die Strecke ein Naturschutzgebiet durchquert, was eine Genehmigung sehr schwierig macht.

"Nach der Auswertung der vorgelegten Versorgungsdaten ergibt sich ein Versorgungsgrad bei den Autobahnen abhängig vom Unternehmen zwischen 95,4 und 99 Prozent und bei den Schienenwegen zwischen 94,4 und 98,2 Prozent", heißt es in dem Bericht, der an den Beirat der Netzagentur gerichtet ist und der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Zuvor hatte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtet.

Die Bundesnetzagentur geht seit einiger Zeit der Frage nach, ob die Gründe stichhaltig sind oder nur eine faule Ausrede für Ausbau-Versäumnisse. Nun wird die Behörde ungeduldig: Es seien zwar Fortschritte gemacht worden, aber es fehlten noch immer circa 550 Standorte, heißt es in dem Bericht. Bisher kommen die Beamten zu dem Schluss, dass an etwa 20 dieser Standorte die Begründung der rechtlichen und tatsächlichen Unmöglichkeit zieht. "Bei der überwiegenden Anzahl der Fälle handelt es sich um temporäre Verzögerungen."

Nun prüft die Behörde "mögliche Rechtsfolgenmaßnahmen gegen die Mobilfunknetzbetreiber" - also Bußgelder. Hierfür muss die Frage geklärt werden, ob die Verspätung auf das Konto der Mobilfunker geht oder ob es an anderen Gründen liegt, etwa weil staatliche Genehmigungsverfahren ungewöhnlich lang sind oder ein Grundbesitzer lange über einen Mietstandort verhandelt und dann doch abgesagt hat./wdw/DP/fba

Quelle: dpa-Afx