So soll in Indien im nächsten Jahr ein Werk mit 300 Mitarbeitern eröffnet werden, kündigte Konzernchef Stefan Heidenreich am Dienstag an. Mit einer Fertigung auf dem Subkontinent will Beiersdorf den Riesenmarkt mit mehr als einer Milliarde Menschen noch besser mit Hautcremes, Deos und Duschlotionen beliefern. Bislang exportiert Beiersdorf dorthin, was die Erlöse bei dem schwachem Kurs der indischen Rupie schrumpfen lässt. Bereits jetzt produziert der Hamburger Nivea-Hersteller in China und in mehreren Ländern Südamerikas, wo die aufstrebenden Mittelschichten immer mehr Geld für Kosmetikartikel ausgeben. Die Werke vor Ort sollen auch verhindern, dass der Konzern Opfer von Währungsturbulenzen wird, die jüngst Schwellenländer wie Indien oder die Türkei erfasst hatten.

Im abgelaufenen Jahr erwirtschaftete der Traditionskonzern erstmals mehr als die Hälfte des Kosmetikumsatzes in Schwellenländern. Der Anteil soll weiter steigen. Allerdings sind die Erwartungen wegen der Währungsturbulenzen vorsichtig.

"Beiersdorf befindet sich wieder auf nachhaltigen Wachstumskurs", sagte Heidenreich. Er war vor zwei Jahren an die Spitze des Konzerns getreten und hat ihn seither stärker auf die Schwellenländer ausgerichtet. Inzwischen wächst auch das Geschäft in Europa wieder, wodurch die Kassen von Beiersdorf prall gefüllt sind. Mit Blick auf den Kassenstand von 2,5 Milliarden Euro sagte der Konzernchef, irgendwann werde man dieses Geld auch nutzen, "in der Hauptsache für Akquisitionen". Finanzvorstand Ulrich Schmidt ergänzte, da die Neuausrichtung so gut wie abgeschlossen sei, nehme nun die Bereitschaft zu, sich solchen Zielen zu nähern. Voraussetzung sei jedoch, dass es lohnende Ziele für eine Übernahme gebe. Im Bereich der Hautpflege seien diese jedoch rar - eher "historische Zufälle". Analysten hatten in vergangenen Jahren immer wieder gehofft, Beiersdorf werde sein Wachstum durch Übernahmen beschleunigt.

"VIELLEICHT GIBT ES NOCH EINEN SCHNAPS DRAUF"

Für das laufende Jahr stellte das Management für den Konzern ein organisches Umsatzplus von vier bis sechs Prozent in Aussicht - ohne Währungseffekte. Die operative Rendite soll leicht steigen. Im abgelaufenen Jahr kletterte die Marge um einen Prozentpunkt auf 13,2 Prozent.

Nicht nur Beiersdorf macht zu schaffen, dass massiv Kapital aus Schwellenländern abgezogen wird. Allerdings sind die Hamburger optimistischer als andere. Während die Währungsturbulenzen etwa bei Branchenprimus Procter & Gamble für Kopfzerbrechen sorgen, lässt sich Beiersdorf die Möglichkeit offen, seine Geschäftsziele in diesem Jahr noch anzuheben. "Vielleicht gibt es noch einen Schnaps drauf", sagte Heidenreich. Die Prognose zu Anfang des laufenden Jahres sei naturgemäß etwas vorsichtiger.

Der von Heidenreich beim Amtsantritt vor knapp zwei Jahren forcierte Umbau zahlt sich immer stärker aus. Dank der Zuwächse in Schwellenländern und wieder besserer Geschäfte in Europa stieg der um Sondereffekte bereinigte Gewinn im abgelaufenen Jahr um zwölf Prozent auf 537 Millionen Euro. Dennoch schüttet der Konzern nicht mehr Dividende aus. Wie im Vorjahr sollen den Anteilseignern, darunter als größter die Milliardärsfamlie Herz, 70 Cent je Anteilschein gezahlt werden. Dabei hatten Analysten eine deutliche Erhöhung der Dividende auf 81 Cent erwartet. An der Börse kam dies zunächst nicht gut an. Im Frühhandel verloren der Anteilsscheine zunächst an Wert, später drehte die Beiersdorf-Aktie jedoch und gewann zwei Prozent hinzu.

Die bereinigte Rendite der Kosmetiksparte wuchs im abgelaufenen Jahr auf 12,5 (Vorjahr 12,0) Prozent. Noch stärker legte die kleinere Klebstoffsparte Tesa zu, deren Rendite auf 16,9 (13,0) Prozent sprang. Tesa profitiert davon, dass die Industriekundschaft wegen der Konjunkturerholung mehr bestellt.

Sowohl in den gesättigten Märkten Europas als auch in Schwellenländern steigerte der Konzern den Umsatz. Der starke Euro bremste allerdings das Wachstum. Nominal steigerte der Konzern die Erlöse zwar um 7,2 Prozent auf 6,14 Milliarden Euro. Wegen Währungseffekten blieb jedoch nur ein kleines Plus von 1,7 Prozent. Der Konzern mit zuletzt rund 16.700 Mitarbeitern macht den Großteil seiner Erlöse mit Kosmetikartikeln wie Nivea, Eucerin, Labello und 8x4. Tesa steht für etwa ein Sechstel des Konzernumsatzes.

Reuters

Einschätzung der Redaktion:

Die Dynamik lässt etwas nach. Der Kosmetikkonzern Beiersdorf samt Klebstoffsparte Tesa hat die Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr vorgelegt. Das Gesamtbild ist auf den ersten Blick positiv. Der Umsatz stieg zwar nur leicht an. Das liegt vor allem daran, dass sich Währungseinflüsse negativ bemerkbar machten. Zudem hat der Konzern sein Sortiment verschlankt. Die operativen Verbesserungen spiegeln sich in niedrigeren Kosten wider. Deshalb legte das Betriebsergebnis von 735 auf 814 Millionen Euro zu. Der Nettogewinn verbesserte sich überproportional um 20 Prozent auf 534 Millionen Euro. Allerdings zeigt die isolierte Betrachtung des vierten Quartals, dass die operativen Verbesserungen wohl an ihre Grenzen stoßen. Der Umsatz sank um 0,5 Prozent. Und auch die Gewinne der Konsumsparte lagen unter den Vorgaben des Vorjahres. Aus Sicht der Aktionäre ist vor allem enttäuschend, dass Beiersdorf trotz des Gewinnanstiegs eine unveränderte Dividende von 70 Cent auszahlt. Die Ausschüttungsquote liegt bei lediglich 30 Prozent. Weil die Konzernkassen prall gefüllt sind, scheinen die Hamburger eine Übernahme zu planen. Die Aktie dürfte mit einem KGV von 27,8 erst einmal ausgereizt zu sein.

RER