Maximal ausgelastet: Vor wenigen Tagen überraschte der weltweit größte Auftragsfertiger für Computerchips, Taiwan Semiconductor Manufacturing (TSMC), mit einer deutlichen Erhöhung seiner Investitionen. Mit 25 bis 28 Milliarden Dollar, mindestens 50 Prozent mehr als 2020, will der auch technologisch führende Konzern zusätzliche Kapazitäten aufbauen. Zahlreiche Chipentwickler bestellen bei TSMC.

Branchenkenner sehen die erhöhten Investitionen als Indiz für eine nachhaltig hohe Nachfrage in vielen Segmenten des globalen Halbleitermarkts. Auch der arg in Bedrängnis geratene einstige Fertigungsprimus Intel will sich nun bei TSMC rechtzeitig Kapazitäten sichern. Nach Berichten der Wirtschaftspresse in Taiwan will Intel die Fertigung seiner Mikroprozessoren, die in Laptops und Tablets eingesetzt werden, um 30 Prozent erhöhen und alle externen Aufträge an TSMC vergeben. Christopher Danely, Analyst der US-Bank Citigroup, erwartet, dass der Techriese aus Santa Clara in Kalifornien Laptop-Chips mit vergleichsweise geringen Margen künftig komplett von TSMC fertigen lässt. Sie liefern nach Danelys Schätzungen 15 Prozent von 75 Milliarden Dollar Jahresumsatz bei Intel. Die Auslagerung der Fertigung würde TSMC 2,9 Milliarden Dollar mehr Umsatz bescheren.

Pandemie beflügelt Notebookmarkt

Die starke Zunahme des Arbeitens und Lernens von zu Hause aus via Computer, Notebook oder Tablet sorgt für ein Comeback der Chipbranche. Die Anzahl der weltweit ausgelieferten PCs und mobilen Rechner legte nach Zahlen des Marktforschers Canalysis im vergangenen Jahr um elf Prozent auf 279 Millionen Einheiten rasant zu. Notebooks, optimal für das mobile Arbeiten und Lernen, erreichten mit einem Anteil von 79 Prozent einen neuen Bestwert. Der Gesamtmarkt, der seit 2019 erstmals nach langer Zeit wieder zugelegt hatte, hat sein Wachstum nun deutlich beschleunigt.

Bei den Mitarbeitern und Aktionären von Intel sorgt währenddessen der ehemalige Technologiechef des Unternehmens, Pat Gelsiger, für neue Zuversicht. Er übernimmt ab Februar die Führung. Investoren und Analysten trauen dem versierten Intel-Kenner zu, den Riesen mittelfristig zurück in die Erfolgsspur zu führen.

Der Kurs der günstig bewerteten Aktie zog deutlich an, steht seit Jahresbeginn mit 19 Prozent im Plus. Das ist doppelt so viel, wie das Branchenbarometer Philadelphia Semiconductor Index zulegte. Große Trends sorgen in den Branche für langfristig gute Aussichten: mehr Rechenleistung in den Datenzentren für Cloud-Computing, der Mobilfunkstandard 5G, Chips für die neue Generation der Spielekonsolen, Halbleiter für Autos mit alternativen Antrieben, Sensoren und Chips für Fahrassistenzsysteme und in einigen Jahren auch für selbstfahrende Autos sowie die Digitalisierung der Industrieproduktion.

Bei den Autobauern wird’s eng

Die direkten Auswirkungen der Pandemie meistert die Chipindustrie besser als erwartet. In den Unternehmen wechselten viele Mitarbeiter reibungslos ins Homeoffice. Die Produktion ist stark automatisiert. Viele Halbleiter werden in sogenannten Reinräumen gefertigt, wo kleinste Partikel, auch Viren, aus der Luft gefiltert werden. Die hohe Auslastung der globalen Kapazitäten mit Chips für Rechner, Handys und Spielekonsolen geht jedoch aktuell überraschend stark zulasten der Lieferungen in die Autobranche.

Es fehlen Kapazitäten, und die Reserven der Autokonzerne und Zulieferer sind zu gering. Weltweit kommt es deshalb bei Unternehmen wie Bosch und Continental zu Engpässen bei Chiplieferungen und zwingt Autokonzerne, ihre Produktion in einigen Werken erheblich zu drosseln. VW etwa konnte im Dezember 50.000 Autos in China nicht bauen.

Die Chiphersteller haben wohl zu spät auf die Erholung in der von der Pandemie stark betroffenen Autobranche reagiert. Das Geschäft sei schneller zurückgekommen als erwartet. Manche Kunden hätten auch zu spät bestellt. In einigen Bereichen komme man jetzt mit den Lieferungen nicht mehr nach, berichtete jüngst der Chef von NXP Semiconductors, Kurt Sievers. Der amerikanisch-niederländische Konzern ist der zweitgrößte Lieferant von Autochips.

Auch bei dem Münchner Konzern Infineon, der mit dem Kauf des US-Unternehmens Cypress Semiconductor bei Autochips auf Platz 1 vorrückte, werden die Kapazitäten nun erhöht, um die Nachfrage zu bewältigen.

Obwohl auch große Entwickler von Chips für die Autobranche wie Infineon, NXP und Texas Instruments (TI) Teile ihrer Produktion auslagern, fertigen sie größtenteils noch in eigenen Fabriken, sogenannten Fabs. Einige der gegenwärtigen Engpässe dürften deshalb bald behoben werden.

Details dazu werden die großen Drei mit ihren Quartalsbilanzen Ende Januar, Anfang Februar präsentieren. Infineon fährt in der Autobranche mit rund 45 Prozent den größten Anteil von 10,7 Milliarden Euro geschätzten Umsatz für das Geschäftsjahr (bis Ende September) ein.

Man beobachte die Situation in der Lieferkette für die Automobilindustrie sehr genau, teilte eine Sprecherin des Konzerns auf Anfrage mit. Die Planungen für 2021 berücksichtigten ein "gewisses Wachstum in der Automobilproduktion". Die Elektromobilität bleibe ein Hauptwachstumstreiber.

Die Investitionen für 2021 hat der DAX-Konzern auf 1,4 bis 1,5 Milliarden Euro erhöht, 2020 waren es 1,1 Milliarden Euro. Im österreichischen Villach wird die Produktion von Leistungshalbleitern auf großen Wafern nun hochgefahren. Bei diesen Chips, die Spannungen regulieren, sind die Bayern mit großem Abstand Weltmarktführer. Mit der eigenen Technologie zur Herstellung der Chips auf großen Siliziumscheiben fertigt Infineon wegen der großen Mengen günstiger als die Konkurrenz.
 


INVESTOR-INFO

Infineon

Breit aufgestellt

Im laufenden Geschäftsjahr wird sich der Zukauf des US-Konzerns Cypress vollständig bemerkbar machen. Er stärkt Infineon in der größten Sparte Autochips. Dort profitieren die Bayern von alternativen Antrieben, Fahrassistenzsystemen und später von selbstfahrenden Autos. Cypress ergänzt Infineon in vielen Bereichen. So sind mit Chipsystemen höhere Margen möglich. Für 2021 erwarten Analysten 25 Prozent mehr Umsatz, rund 10,7 Milliarden Euro, und 55 Prozent Plus beim Gewinn pro Aktie.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 45,00 Euro
Stoppkurs: 28,00 Euro

Intel

Neue Zuversicht

Mit der Rückkehr von Pat Gelsiger vom Spezialisten für Virtualisierungssoftware in Rechenzentren, VM Ware, bekommt Intel einen Chef, der bei den Mitarbeitern viel Vertrauen genießt und der sich mit Soft- und Hardware bestens auskennt. Gute Voraussetzungen, um Intels komplexe Probleme in der Fertigung zu lösen und den Riesen über Tochter Mobileye auch mit Technik für selbstfahrende Autos zu etablieren. Die Aktie ist günstig bewertet.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 60,00 Euro
Stoppkurs: 33,00 Euro

VanEck Semiconductor ETF

Schwergewichte im Paket

Mit dem ETF können Anleger in den Aufwärtstrend der Chipbranche investieren: Zu den Top Ten zählen Auftragsfertiger TSMC, Intel, Mobilfunkchip-Primus Qualcomm, Chiplithografie-Weltmeister ASML, Texas Instruments, Nvidia, führender Entwickler von Chips für Videospiele und künstliche Intelligenz (KI), Micron, US-Entwickler von Speicherchips, sowie der größte Anlagenausrüster Applied Materials. Die Top Ten stehen für drei Viertel des Anlagevolumens.