Der Kunststoffhersteller Covestro hat im vergangenen Jahr von einer starken Nachfrage und höheren Preisen profitiert und seinen Betriebsgewinn mehr als verdoppelt. Für das laufende Jahr rechnet das Management jedoch mit einem Rückgang beim operativen Gewinn. "Das spiegelt den zunehmenden Wettbewerbsdruck im Laufe des Jahres 2022 wider, den wir erwarten", sagte Finanzvorstand Thomas Toepfer am Dienstag. Zudem wolle das Unternehmen mit einer Milliarde Euro so viel wie noch nie investieren. Der Großteil des Geldes soll in künftiges Wachstum fließen. Übernahmen seien laut dem Manager jedoch kein Thema. Der Konzern aus Leverkusen rief auch neue Klimaziele aus und will bis 2035 netto keine Treibhausgase mehr emittieren.

Der Umsatz wuchs auch dank Akquisitionen um fast die Hälfte auf 15,9 Milliarden Euro. Neben der starken Nachfrage profitierte Covestro von gestiegenen Verkaufspreisen. Wichtige Abnehmer wie die Autoindustrie und die Baubranche erholten sich vom Einbruch in der Corona-Krise und deckten sich im großen Stil mit Rohmaterialen ein. Covestro sei zeitweise praktisch ausverkauft gewesen, erklärte Konzernchef Markus Steilemann. Unter dem Strich stand mit 1,6 Milliarden Euro mehr als dreimal so viel Nettogewinn wie im Vorjahr. Dabei leistete auch das von DSM übernommene Geschäft mit nachhaltigen Beschichtungsharzen einen Beitrag.

Die Dividende soll auf das Rekordniveau von 3,40 Euro je Aktie angehoben werden von zuletzt 1,30 Euro. Mit 41 Prozent liegt die Ausschüttungsquote in der unteren Hälfte der Zielspanne von 35 bis 55 Prozent. Zudem will der Dax-Konzern binnen zwei Jahren eigene Aktien für rund 500 Millionen Euro zurückkaufen. Der zuletzt im Sog schwacher Börsen unter Druck geratene Aktienkurs stieg am Dienstagmorgen um 0,55 Prozent auf 47,47 Euro. Auf dieser Basis ergibt sich eine Dividendenrendite von rund sieben Prozent.

Ausblick auf das laufende Jahr


Ins laufende Jahr ist das Unternehmen erfolgreich gestartet. Im ersten Quartal wird ein operatives Ergebnis (Ebitda) zwischen 750 und 850 Millionen Euro erwartet. Das bislang kommunizierte Ziel für ein Mengenwachstum hat der Konzern gestrichen. Für das Gesamtjahr stellt Covestro ein Ebitda von 2,5 bis drei Milliarden Euro in Aussicht. Im vergangenen Jahr waren es mit 3,1 Milliarden Euro mehr als doppelt so viel wie 2020.

Dass erst einmal kein weiteres Jahreswachstum des operativen Gewinns avisiert wird, liegt auch an weiter steigenden Energiekosten. Diese stiegen für Covestro 2021 um zwei Drittel und dürften im laufenden Jahr um weitere 50 Prozent auf 1,5 Milliarden Euro zulegen. Zudem betonte Finanzchef Toepfer einen erwarteten schärferen Wettbewerb bei Polycarbonaten.

Beim Mittelzufluss im Tagesgeschäft, dem Free Operating Cashflow, sollen im laufenden Jahr 1,0 bis 1,5 Milliarden Euro erzielt werden, was am oberen Ende ein wenig mehr wäre als die 1,43 Milliarden im Jahr 2021.

Einschätzung zur Covestro-Aktie


An der Börse kamen die Geschäftszahlen und der Aktienrückkauf zunächst gut an. Die Covestro-Aktien stiegen am Dienstagmorgen um 0,9 Prozent und gehörten damit zu den wenigen Gewinnern im deutlich schwächeren europäischen Chemiesektor. "Wir denken, dass ein Rückkauf kaum erwartet wurde", erklärten die Analysten von JP Morgan dazu. Die Anfangsgewinne musste Covestro jedoch bald wieder abgeben und notierte am Dienstagnachmittag in einem schwachen Gesamtmarkt zwei Prozent tiefer bei 47,15 Euro.

Grundsätzlich darf man der Aktie aber positiv gestimmt sein. Auch Analyst Chetan Udeshi von der Bank JPMorgan betonte in einer Studie, dass der Gewinn 2021 zwar etwas unter den Erwartungen liege, Covestro aber einen besseren Jahresstart anpeile als gedacht. Zudem könnte sich der Gewinnausblick für das Gesamtjahr als zu niedrig erweisen, sollten die Verkaufspreise ihr hohes Niveau halten können. So würde sich laut Covestro auf Basis der Gewinnmargen vom Januar ein operatives Jahresergebnis von rund 3,3 Milliarden Euro ergeben.

Wir bleiben ebenfalls positiv gestimmt: Die Nachfrage aus wichtigen Branchen wie Bau oder Automobil hat sich erholt. Die Aktie ist günstig bewertet und die Dividende soll mit 3,4 Euro je Anteilsschein ebenfalls üppig ausfallen. Wir bleiben bei unserer Kauf-Empfehlung.

iw/rtr/dpa-AFX