Der überraschend schlecht ausgefallene ZEW-Index, der die Stimmung der deutschen Börsenprofis widerspiegelt, setze die Europäische Zentralbank (EZB) unter Druck, der Konjunktur unter die Arme zu greifen, sagte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade.

Die wieder aufgeflammte Furcht vor einem Dämpfer für die Weltwirtschaft durch die Coronavirus-Epidemie setzt den Börsen zu. Auslöser der aktuellen Verkäufe waren gesenkte Umsatzziele von Apple. "Anlegern dämmert langsam, dass der Virus-Ausbruch einen starken Einfluss auf die Wirtschaft haben wird", sagte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. Allerdings hofften sie weiter auf Konjunkturprogramme und würden daher Rücksetzer sicher zum Einstieg nutzen.

APPLE-ZULIEFERER UND ROHSTOFFE UNTER DRUCK - GOLD GEFRAGT


Apple-Aktien rutschten im vorbörslichen US-Geschäft um drei Prozent ab. Der Index für europäische Technologiefirmen büßte ein Prozent ein. Hier waren Apple-Zulieferer wie AMS, Dialog Semiconductor und STMicro mit Kursverlusten von bis zu 4,5 Prozent die größten Verlierer.

Die Furcht vor einer Abkühlung der Konjunktur im wichtigen Absatzmarkt China setzte auch den Automobilwerten und den Bergbaukonzernen zu. Die Indizes dieser beiden Sektoren verloren jeweils zwei Prozent. Zugleich verbilligte sich das wichtige Industriemetall Kupfer um ein Prozent auf 5757,50 Dollar je Tonne. Der Preis für die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee fiel um 2,3 Prozent auf 56,36 Dollar je Barrel (159 Liter). Brent leide zusätzlich unter dem bisherigen Verzicht der großen Exportländer auf eine Verschärfung der Förderbremse, sagte Commerzbank-Analyst Carsten Fritsch.

Einige Investoren flüchteten in "sichere Häfen". Dies verteuerte die "Antikrisen-Währung" Gold um 0,5 Prozent auf 1588 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) und drückte die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihen auf ein Zwei-Wochen-Tief von minus 0,432 Prozent.

ITALIENISCHE AKTIEN UND PFUND STERLING IM AUFWIND


Gegen den Trend stieg der Aktienindex der Mailänder Börse auf ein Elfeinhalb-Jahres-Hoch von 25.389,46 Punkten. Hier hellte die geplante milliardenschwere Übernahme der Ubi Banca durch Intesa Sanpaolo die Stimmung auf. Dieser Vorstoß schüre Hoffnungen auf weitere Zusammenschlüsse in der italienischen Finanzbranche, sagte ein Börsianer. Ubi-Titel stiegen zeitweise um knapp 30 Prozent, so stark wie noch nie. Intesa-Papiere markierten mit 2,64 Euro ein Eineinhalb-Jahres-Hoch.

Gefragt war auch das Pfund Sterling, dass sich dank überraschend starker Arbeitsmarktdaten um bis zu 0,4 Prozent auf ein Zwei-Monats-Hoch von 1,2060 Euro stieg. Der Streit mit der EU über die Einhaltung von Wettbewerbsbedingungen verhindere aber größere Kursgewinne, sagte Analyst Ricardo Evangelista vom Brokerhaus ActivTrades. "Dabei könnte es sich um das übliche Säbelrasseln vor Beginn der Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen handeln." Angesichts des engen Zeitplans bis zum Ablauf der Übergangsfrist Ende 2020 steige dadurch allerdings die Gefahr eines chaotischen Brexit.

rtr