Die Probleme beim Impfstoff-Nachschub drängten die oft positiven Firmenbilanzen in den Hintergrund, sagte Anlagestratege Sebastien Galy von der Vermögensverwaltung der Nordea Bank. Außerdem sei kurzfristig eher mit einer weiteren Verschärfung der Beschränkungen statt mit einer Lockerung zu rechnen, gab Analyst David Madden vom Online-Broker CMC Markets zu Bedenken. Dies spiegele sich unter anderem in der überraschend trüben Stimmung der deutschen Verbraucher wider. "Der Lockdown beeinflusst eindeutig die Laune der Konsumenten." Die Experten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) sagten für das laufende Quartal einen Rückgang der heimischen Wirtschaftskraft um drei Prozent voraus.

MEDIZINTECHNIK-FIRMEN IM AUFWIND - PFUND GEFRAGT


Den Medizintechnik-Firmen Siemens Healthineers und Ambu bescherte die Pandemie derweil gute Geschäfte. Die Aktien von Siemens Healthineers stiegen um drei Prozent. Die Papiere von Ambu erreichten in Kopenhagen mit 281,2 Kronen sogar ein Rekordhoch.

Das Pfund Sterling war ebenfalls gefragt. Es stieg um 0,3 Prozent auf ein Achteinhalb-Monats-Hoch von 1,1330 Euro. Zur Weltleitwährung war es mit 1,3758 Dollar sogar so teuer wie zuletzt vor knapp drei Jahren. Die vergleichsweise raschen Impfungen in Großbritannien machten Investoren Mut, sagte Analyst Ricardo Evangelista vom Brokerhaus ActivTrades. "Sie beurteilen die Aussichten für die wirtschaftliche Erholung optimistischer und betrachten im Gegenzug die Einführung negativer Leitzinsen als weniger wahrscheinlich."

DAVID GEGEN GOLIATH - HEGDEFONDS UNTER DRUCK


Am Aktienmarkt sorgten auch erneut Kurskapriolen für Aufsehen - allen voran bei GameStop. Die Titel des Videospiele-Händlers stiegen im vorbörslichen US-Geschäft um etwa 70 Prozent, nachdem sie in den vergangenen Tagen zeitweise dreistellige prozentuale Kursgewinne verbucht hatten.

Offenbar gehe der Kampf zwischen Kleinanlegern und großen Hedgefonds in die nächste Runde, sagte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. Erstere versuchten mit konzertierten Käufen, Letztere zur Auflösung von Wetten auf den Verfall bestimmter Aktien zu zwingen und ihnen Verluste einzubrocken. Ein Hedgefonds musste deswegen bereits mit Milliardensummen gestützt werden. "Alle Hedgefonds werden sich entsprechende Positionen genau anschauen und entscheiden, ob sie es wirklich wert sind", sagte Wilson weiter.

Neben GameStop machten Börsianer sogenannte Deckungskäufe auch für die Kurssprünge bei der deutschen Biotechfirma Evotec, dem britischen Fachverlag Pearson sowie den Kinoketten Cineworld und AMC verantwortlich. Die Papiere dieser Firmen stiegen um bis zu 150 Prozent.

ANLEGER WARTEN GESPANNT AUF POWELL-ÄUSSERUNGEN


Der Machtkampf zwischen Kleinanlegern und Hedgefonds könnte sogar die US-Notenbank auf den Plan rufen, warnte ein Börsianer. Sie könnte verbal intervenieren, um die Gefahr von Hegdefonds-Pleiten, die gesamtmarktrelevant werden könnten, zu verringern.

Ohnehin stehe Fed-Chef Jerome Powell am Abend ein kommunikativer Drahtseilakt bevor, obwohl die Notenbank an ihrer Geldpolitik wohl nicht rütteln werde, prognostizierte Analyst Timo Emden von Emden Research. "Der Währungshüter dürfte es tunlichst vermeiden, Wasser auf die Mühlen derer zu kippen, die eine Drosselung der Anleihenkäufe erwarten." Daher werde er sicher auf die wirtschaftliche Risiken durch die Pandemie verweisen.

rtr