Der drohende Verlust vieler Passagier- und Frachtjets an Russland dürfte neben den Flugzeug-Finanzierern auch die Versicherungsbranche treffen. Das weltgrößte Flugzeug-Leasingunternehmen Aercap hat bei der Assekuranz Schäden in Höhe von etwa 3,5 Milliarden US-Dollar angemeldet, wie Finanzchef Peter Juhas bei der Bilanzvorlage des Unternehmens berichtete.

Den Angaben zufolge hatte Aercap 135 Maschinen und 14 Triebwerke an russische Fluggesellschaften vermietet. Davon habe das Unternehmen bisher 22 Flugzeuge und drei Triebwerke zurückgeholt. Das Restrisiko liegt demnach bei rund 2,5 Milliarden Dollar.

Hunderte Flugzeuge noch in Russland


Nach Angaben der Luftfahrtberatung IBA hatten sich am 10. März insgesamt noch 523 Maschinen ausländischer Flugzeug-Finanzierer in Russland befunden. Größte Kundin war demnach die russische Gesellschaft S7 Airlines mit 101 Maschinen, gefolgt von Aeroflot mit 89 Jets.

Aercap versucht, weitere Flugzeuge und Triebwerke von früheren russischen Airline-Kunden zurückzuholen. "Wir wissen aber nicht, ob wir dazu in der Lage sein werden." Der Flugzeug-Finanzierer erwartet, dass er den Wert derjenigen Maschinen komplett abschreiben muss, die nicht im zu Ende gehenden ersten Quartal zurückgeholt werden können.

Nachdem die Luftaufsichtsbehörde der Karibikinsel Bermuda allen dort registrierten russischen Flugzeugen die Lufttüchtigkeit aberkannt hatte, hat die Regierung in Moskau kurzerhand seine Gesetze geändert und russischen Fluggesellschaften gestattet, im Westen geleaste Flugzeuge in Russland als ihr Eigentum zu registrieren. Unter internationalen Abkommen ist das zwar nicht möglich, doch das schert Moskau nicht. Damit können die Maschinen weiter auf Inlandsstrecken eingesetzt werden - ohne die nötige Wartung und Ersatzteilversorgung. Die sind sanktioniert.

Milliarden-Schaden für Versicherer


Die Analysefirma Ishka schätzte den Gesamtwert aller aus dem Ausland nach Russland verleasten Maschinen kurz nach Beginn des Kriegs auf 10,3 Milliarden US-Dollar. Auch gemäß Angaben des Datenspezialisten Cirium beträgt der geschätzte Marktwert der im Ausland bei Leasingfirmen finanzierten Flugzeuge rund zehn Milliarden Dollar.

Die Summe deckt sich in etwa mit dem Schaden, den Ratingagenturen für die Versicherungsbranche erwarten: Die Ratingagentur Fitch geht von etwa zehn Milliarden Dollar aus, Moody's rechnet mit neun bis elf Milliarden Dollar. Die russischen Airlines halten überwiegend ziemlich neue und moderne Flugzeuge von Herstellern wie Airbus oder Boeing.

Dennoch ist der Verlust dramatisch. Wolodimir Bilotkach, Professor für Luftfahrtmanagement am Institute of Technology in Singapur, sagte gegenüber Reuters: "Ich fürchte, wir werden gerade Zeugen eines der größten Flugzeugdiebstähle in der kommerziellen Luftfahrtgeschichte. "

Versicherer müssen für Schäden aufkommen


Die im DAX notierten Versicherer Allianz, Munich Re und Hannover Rück werden voraussichtlich für die Schäden aufkommen müssen. Laut dem Chef des Londoner Versicherungsmarkts Lloyd's, John Neal, muss die Assekuranz jedoch voraussichtlich "nur" für zehn bis 15 Prozent der Summen geradestehen. Die Kursverluste halten sich entsprechend aktuell noch in Grenzen.

Börse Online hält alle drei Versicherungsaktien vor einem längerfristigen Horizont weiterhin für kaufenswert.

mmr mit dpa-AFX/rtr