Seit Anfang November 2020 kannten die Preise für CO2-Zertifikate im EU-Emissionshandel kein Halten mehr. Binnen sechs Monaten hatten sie sich verdoppelt und Mitte Mai in der Spitze bei fast 57 Euro je Tonne Kohlendioxid gelegen. Doch dann gaben sie innerhalb von drei Tagen um mehr als zehn Prozent nach. Zwischenzeitlich notierten die Zertifikate bei weniger als 50 Euro. In den vergangenen Tagen hat sich ihr Preis bei 53 Euro stabilisiert.

Die Commerzbank hat untersucht, ob der Rücksetzer den Aufwärtstrend des CO2-Preises dauerhaft unterbrochen hat oder ob er nur eine Verschnaufpause ist. Wichtiger Treiber des Preisanstiegs der vergangenen Monate war die konjunkturelle Erholung. Weil Corona-Beschränkungen gelockert werden und die Konsumfreude zunimmt, hat die Wirtschaft an Fahrt aufgenommen. "Die im EU-Emissionshandel erfassten Branchen Stahl-, Zement- und Aluminiumindustrie haben bereits das Niveau vor Corona wieder erreicht beziehungsweise teilweise sogar schon übertroffen", so Analystin Barbara Lambrecht. Darüber hinaus dürften sich die allgemein regeren Wirtschaftsaktivitäten in höherem Stromverbrauch niederschlagen. Der wirtschaftliche Aufschwung sollte auch in den kommenden Monaten für steigende CO2-Preise sorgen.

Ein Preistreiber war 2021 zudem, dass Stein- und Braunkohlekraftwerke einen relativ hohen Anteil an der Stromerzeugung hatten. Weil sie viel CO2 ausstoßen, benötigen sie viele Zertifikate. "Wir gehen allerdings nicht davon aus, dass der emissionsintensive Kohlestrom strukturell wieder Boden gutmachen kann", meint Lambrecht. Mittel- bis langfristig werden die CO2-Preise auf diese Weise also nicht gestützt.

EU schnürt Klimapaket

Künftig stärkeren Druck auf die Preise übt dagegen aus, dass die EU die Zahl der CO2-Zertifikate kontinuierlich abbaut, um ein Überangebot zu verhindern. Weil 2020 weniger Zertifikate benötigt wurden, reduzierte sich auch das Volumen künftiger Auktionen.

Noch offen ist, auf welche konkreten Ziele beim Emissionshandel sich die EU in den kommenden Wochen verständigen wird. Bis 14. Juli soll ein neues Klimapaket geschnürt werden. Schon jetzt hat sich die Staatengemeinschaft allerdings verpflichtet, ihre Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 gegenüber 1990 um mindestens 55 Prozent zu reduzieren. "Da die Reformpläne der EU-Kommission mutmaßlich auf eine schnelle Rückführung der CO2-Emissionen setzen, dürften die Preise in der zweiten Jahreshälfte sogar neue Rekorde erreichen", sagt Lambrecht.

Anleger können ein Zertifikat der Société Générale (ISIN: DE 000 CU3 RPS 9) nutzen, um von einem steigenden CO2-Preis zu profitieren. Es entwickelt sich parallel zum Kohlendioxid-Preis.