Während der DAX in diesem Jahr keine Freude bereitet und auch viele Einzelwerte seitwärts laufen, sorgen einige Papiere aus der dritten Reihe für positive Ausnahmen. Anders als bei vielen Werten im DAX, TecDAX und MDAX unterliegt die Kursperformance nicht so sehr den Launen des Gesamtmarktes, sondern stärker der Geschäftsentwicklung des Unternehmens. Gerade in Deutschland haben in den vergangenen Jahren viele Firmen in Nischen ein weltweit einzigartiges Know-how erworben und sind zum Weltmarktführer aufgestiegen. Zu diesem erlauchten Kreis zählt auch Ringmetall.

Die Namensänderung der ehemaligen H.P.I. Holding im vergangenen Jahr kann als Startschuss für die Neuaufstellung des Unternehmens gesehen werden. Mit dem neuen Namen Ringmetall und der Übernahme des Fassdeckelproduzenten Berger Metallwarenfabrik werden die strategische Ausrichtung und damit der Wandel hin zu einem internationalen Spezialanbieter in der Verpackungsindustrie besonders gut deutlich. Mit Deckeln, Dichtungen und Spannringen umfasst das Sortiment nun die gesamte Palette an Fassverschlusskomponenten. Produktions- und Vertriebsstandorte in Deutschland, den USA, Großbritannien, Spanien, Italien, der Türkei und China untermauern die internationale Ausrichtung. Gerade auf dem wachstumsstarken US-Markt war die Ende 2015 gemeldete Übernahme von Self Industries ein kluger Schachzug. Ringmetall produziert inzwischen rund 70 Millionen Spannringe pro Jahr, bietet mehr als 3000 auf den jeweiligen Einsatzbereich hoch spezialisierte Spannringtypen an und kommt so auf einen globalen Marktanteil von ungefähr 70 Prozent.

Für die Münchner ergeben sich daraus gleich mehrere Vorteile. Die Endkunden kommen aus verschiedenen Industriezweigen wie dem chemischen und pharmazeutischen Bereich. Bei der Lagerung und beim Transport müssen für viele Chemikalien, Öle, Schmierstoffe und Flüssigkeiten oft hohe Sicherheitsstandards erfüllt werden. Entsprechend groß ist die Nachfrage, wobei sich die breite Diversifikation auf Kunden aus unterschiedlichen Industriebereichen positiv auf die Visbilität auswirkt. Aufgrund des hohen Marktanteils sowie der starken Spezialisierung sind auch die Markteintrittsbarrieren für neue Teilnehmer hoch, Ringmetall kann daher attraktive Margen durchsetzen.

Sprung in neue Dimensionen



Zudem treibt der Nischenplayer durch gezielte Zukäufe sein Wachstum voran. Bestehende und etablierte Marken werden nach der Akquisition in die eigene Pipeline integriert und führen zu Produktions- und Vertriebssynergien, die sich ebenfalls positiv auf die Marge auswirken. Erst Ende Juli wurde die Übernahme der Spannringproduktion eines Großkunden in den USA bekannt gegeben. Ähnliche Meldungen könnte es in den kommenden Monaten häufiger geben. In der Branche wird die Spannringproduktion zunehmend an Spezialisten ausgelagert, wovon Ringmetall als Weltmarktführer am stärksten profitiert.



Der Bereich Fassverschlusssysteme - bei Ringmetall im Segment Industrial Packaging zusammengefasst - steuerte 2015 mit Umsätzen von gut 51 Mio. Euro rund 77 Prozent zu den Erlösen bei. Self Industries erzielte zuletzt einen Jahresumsatz von rund 26 Mio. Euro und wird daher die Segmentbedeutung kräftig steigern. "Mit unserer jetzt erstmals in den konsolidierten Geschäftszahlen enthaltenen US-Tochtergesellschaft Self Industries ist die Ringmetall Gruppe in eine ganz neue Dimension gewachsen" sagte Christoph Petri, Vorstandssprecher der Gruppe zu den Zahlen im ersten Quartal. "Ferner ist es uns trotz gesunkener Stahlpreise gelungen, auch im Bestandsgeschäft unsere Umsatzerlöse im Vergleich zum Vorjahresquartal auszuweiten." Abgerundet wird das Angebot durch Brems- und Kupplungspedale, Halterungen für Hydraulikkomponenten und weitere Gussgehäuse im Bereich "Industrial Handling", das ein Viertel zu den Erlösen beisteuert.

Für 2016 sind die Vorgaben klar: Bei Umsatzerlösen von 90 bis 95 Mio. Euro soll das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen bei elf bis zwölf Millionen Euro liegen. 2015 gingen noch 67 Mio. Euro durch die Bücher bei einem EBITDA von 5,5 Mio. Euro. Gerade der längerfristige Vergleich zeigt deutlich, in welche Dimensionen Ringmetall mit den jüngsten Übernahmen vorstoßen wird. Vor fünf Jahren lag der Erlös noch bei 43 Mio. Euro und einem EBITDA von 3,9 Mio. Euro.

Kommunikationsoffensive läuft an



Aufhorchen lässt aber nicht nur die reine Geschäftsentwicklung. Wie aus dem jüngsten Quartalsbericht hervorgeht, will Ringmetall auch die Kommunikation mit Investoren weiter professionalisieren und den Bereich Investor Relations unternehmensintern aufbauen. "Ringmetall wird weiter wachsen. Eine regelmäßige und transparente Kommunikation mit unseren Investoren ist uns daher ein zentrales Anliegen", betont Vorstandssprecher Petri. Mittelfristiges Ziel ist der Wechsel vom Entry Standard in den Geregelten Markt der Deutschen Börse.

Erste Erfolge sind bereits im Kursverlauf zu sehen. Nachdem die Aktie in den vergangenen Jahren bei rund 1,5 Euro dümpelte, ist der Kurs seit Mitte Mai um rund 70 Prozent angesprungen und liegt bei 2,70 Euro. Im Gegenzug sind auch die Umsätze gestiegen. Das durchschnittliche Handelsvolumen in den vergangenen vier Wochen erreichte knapp 40.000 Euro.

Mit einem Börsenwert von rund 69 Mio. Euro bleibt die Firma weiterhin deutlich unter dem Radar von institutionellen Investoren. Allerdings dürften sich zunehmend mehr Analysten mit dem Spezialwert beschäftigen und mit neuen Studien die Bekanntheit steigern. Montega veröffentlichte Ende Juni eine erste Einschätzung und nannte zuletzt ein Kursziel von 3,20 Euro. Für 2017 rechnen die Experten mit einem Ergebnis je Aktie von 0,19 Euro, was zu einem KGV von 14 führt. Angesichts der jüngsten Transaktionen, denen bald weitere folgen könnten sowie der starken Umsatz- und Ergebnisentwicklung bleibt noch genügend Fantasie für weiter steigende Kurse. Börse Online sieht die Aktie bei 3,50 Euro fair bewertet.

Franz-Georg Wenner ist Chefredakteur des börsentäglichen Anlegermagazins "Index-Radar". Der Spezialist für Technische Analyse ist regelmäßiger Gast beim Deutschen Anlegerfernsehen (DAF), Gastautor bei n-tv und gern gesehener Vortragsredner. Er hält regelmäßig Webinare, referierte unter anderem beim Verein Technischer Analysten Deutschlands (VTAD) und betreute mehrere Jahre für die Commerzbank den Zertifikate-Newsletter ideas daily. www.index-radar.de