Es war lediglich ein kurzer Ausflug: Vergangene Woche rutschte der DAX unter die psychologisch wichtige Marke von 15 000 Punkten. Vor allem Inflationssorgen und die Furcht vor steigenden Zinsen in den USA ließen ihn kurzzeitig absacken. Technologiewerte und vermeintliche Pandemiegewinner standen unter Druck. Marktteilnehmer befürchteten, dass sich der Trend verstärken könnte, da sich auch die technischen Parameter eintrübten. Doch plötzlich - wie so oft in den vergangenen Monaten - drehte das Barometer wieder und strebt aktuell schnurstracks neuen Höhen entgegen.

Das hat auch damit zu tun, dass es in den USA an der Jobfront doch nicht so gut läuft wie erwartet. Hört sich komisch an? Ist es irgendwie auch. Anstatt der erhofften Million neuer Stellen geht es mit demPersonalaufbau nun doch etwas langsamer voran: Gerade mal etwas mehr als eine Viertelmillion neuer Jobs schufen die Firmen. Die schlechten Daten wurden vom Kapitalmarkt allerdings mit Erleichterung aufgenommen. Denn nun steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die US-Notenbank noch eine Zeit lang an der ultralockeren Zinspolitik festhält. Die Märkte jedenfalls sind wieder euphorisiert, die Trendkurve weist deutlich nach oben. Etwas Sorge bereitet lediglich der wieder erstarkte Euro, der sich wegen der schlechten Daten aus den USA zu einem neuen Zwischenhoch aufgeschwungen hat. Setzt sich dieser Trend fort, wäre dies vor allem für exportorientierte Werte aus dem deutschen Leitindex ein Problem.

Keine Angst vor saisonalen Rückschlägen


Eine der wohl bekanntesten Börsenweisheiten lautet: "Sell in Mai and go away - but remember to come back in September." Welchen Wahrheitsgehalt diese Regel hat, untersuchte Sven Lehmann, Fondsmanager des HQT Global Dividend, auf Basis der Daten des S & P 500 seit 1872. Herausgekommen ist, dass dieMonate Mai und September tatsächlich keine Rendite erbrachten. Wären Anleger im Zeitraum von Mai bis September nicht investiert gewesen, hätten sie eine durchschnittliche Performance von 6,3 Prozent pro Jahr erzielt.

Bevor sich Anleger allerdings das Gehirn zermartern, sollten sie einfach investiert bleiben. Denn die durchschnittliche Rendite in den vergangenen 150 Jahren betrug jährlich 9,2 Prozent. Ohnehin haben unter Experten Börsenregeln einen schlechten Ruf: "Jede Anlagestrategie, die man in einem Reim zusammenfassen kann, ist wahrscheinlich eine schlechte Strategie", sagte Jonathan Golub, Chef-US-Aktienstratege der Credit Suisse. Denn klar ist, dass nicht jedes Jahr wie das vorherige läuft. Dieses Jahr wird ein ganz spezielles sein. Schon im ersten Quartal schnitten etwa US-Firmen deutlich besser ab als erwartet. Und dies wird sich aller Voraussicht nach im zweiten Quartal fortsetzen "Ich verkaufe nicht im Mai, und ich würde auch niemand anderem dazu raten", sagte Golub. "Ich denke, der größte Fehler, den man in einem Markt wie diesem machen kann, ist, sich zu früh zu verabschieden."

Urlaub vor der Tür


Es geht voran: Die Zahl der geimpften Personen nimmt stetig zu. Und damit können sich die Menschen wohl auch auf einen Sommerurlaub freuen. Entsprechend profitieren aktuell Unternehmen, die im Reiseumfeld tätig sind. Ob der Trend nachhaltig ist, bleibt abzuwarten. Es kommt jetzt auf die Impfstrategie, die Laune der Konsumenten und die Konjunkturentwicklung an. Für Anleger heißt es, die Titel sorgfältig auszuwählen. Nicht überall, wo Urlaub draufsteht, sind auch Kursgewinne drin.