Am letzten Mittwoch kamen die US-Inflationsdaten für den Juni. 9,1 Prozent war das Ergebnis - die höchste Inflation seit 40 Jahren. Gegen so heiß gelaufene Zahlen muss die FED jetzt handeln und holt vielleicht zum ganz großen Schlag aus. Wie immer mehr Nachrichtensender und -portale berichten, wird bei der kommenden Sitzung der US-Notenbank wohl nicht mehr eine Erhöhung um 75, sondern 100 Basispunkte besprochen.
Auch der eher moderate Notenbankchef von Atlanta ließ vermelden, dass er eine Erhöhung um 100 Basispunkte nicht mehr ausschließe. Der allgemeine Markt sah dies ähnlich. Schon am Donnerstag stiegen die FED Funds Futures, welche ein Indikator für einen kommenden Zinsentscheid sind, auf 81 Basispunkte, also deutlich über der Marke von 75.
Der Markt erwartet also eine Anhebung höher als 75 Basispunkte und es wird immer deutlicher, dass er diese auch bekommen könnte. Wie aber wirkt sich diese Entscheidung auf Aktien, Immobilien, den Euro, Gold und Bitcoin aus?
Aktien
Für Aktien sind Zinserhöhungen grundsätzlich nie ein wirklich gutes Szenario. Gerade jetzt könnte es dazu führen, dass Anleihen attraktiver werden. Mit einer aktuell inversen Zinskurve notieren die kurz laufenden Anleihen höher als die lang laufenden, was Anleger dazu bewegen könnte in einer möglichen Rezession lieber auf Zinspapiere zu setzten statt auf produktive Anteile.
Auch für Unternehmen wird es zunehmend schwieriger, denn hier steigen die Refinanzierungskosten, die ohnehin vermutlich höher ausfallen werden, da Unternehmen in einer Rezession durch weniger Umsätze und Gewinne sich auch deutlich mehr Geld leihen müssen und weniger Investitionen aus dem eigenen Cashflow bezahlen können. Gerade die unprofitablen Tech-Titel sind hier wieder einmal im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Wer noch 2 oder 3 Quartale ohne neues Geld überleben kann, wird wohl in Zukunft öfter seine eigenen Anleger verwässern, statt Schuldverschreibungen einzugehen.
Immobilien
Im Zuge von Zinserhöhungen werden auch Immobilien weniger wert. Während wir in Deutschland langsam einen stagnierenden Häusermarkt mit hohen Preisen und ohne echtes Handelsverhalten sehen, könnte sich dies in den USA nochmals schlimmer auswirken. Grund dafür ist, dass es in Europa oftmals eine 10-jährige Zinsbindung gibt, was bedeutet, dass die ab 2015 zu besonders günstigen Konditionen finanzierten Immobilien erst ab 2025 zum Sorgenfall werden könnten. In Nordamerika herrscht allerdings das Prinzip der flexiblen Sollzinsen vor, d.h. die Bank bestimmt abhängig von der aktuellen Zinsentwicklung und dem Wert des Hauses kurzfristige, ständig wechselnde Zinssätze.
Für größere gut finanzierte Player im Immobiliensektor besteht also die Chance schlechter finanzierte Konkurrenten zu schlucken. Eine wichtige Komponente, auf die Anleger achten können, sind die Höhe der kommenden vom Unternehmen verlangten Rückzahlungen aus ausgegebenen Anleihen. Sind diese langfristig und niedrig finanziert, könnten gerade solche Unternehmen zu Profiteuren der Krise werden.
Devisen
Wer allerdings definitiv nicht von dieser Entwicklung profitiert, ist der Euro. Durch höhere Zinsen angelockt, strömt immer mehr Geld in den US-Raum, wo vor allem Pensionsfonds und Stiftungen eine gute Rendite mit kurz laufenden Anleihen machen können. Dadurch wird der US-Dollar zunehmend stärker, während der Euro zunehmend abwertet. Die kürzlich erreichte Parität der beiden Währungen spricht Bände für das Versagen innerhalb der Europäischen Union.
Die nicht zu unterschätzenden Effekte durch eine weitere Währungsabwertung sind unter anderem höhere Rohstoffpreise, die sich bald an den Tankstellen bemerkbar machen dürften, da die Ölpreise wie alle Devisenpreise in US-Dollar festgelegt werden. Auch die Importe von Produkten aus dem Rest der Welt wird teurer. Im Gegenzug kommen die vermeintlich steigenden Exporte durch eine schwache Währung wegen der beginnenden globalen Rezession und möglicherweise steigender Zölle nicht zum Tragen.
Edelmetalle & Kryptos
Wenn es also eine Krise gibt, sollte man doch in Wertspeicher flüchten, oder? Falsch! Sowohl Gold als auch sein digitales Pendant Bitcoin werden aus unterschiedlichen Gründen beide negativ beeinflusst. Aus dem Gold fließt viel Geld heraus, was man auch an der aktuellen Performance des Edelmetalls sehen kann. Gold zahlt keine Zinsen, kurz laufende Staatsanleihen und selbst inzwischen Festgeldkonten schon, was das Edelmetall für Anleger immer unattraktiver macht.
Den Bitcoin hingegen drückt es nach unten, da dieser noch 1 zu 1 mit hochspekulativen Tech-Werten korreliert. Die Idee dahinter scheint klar, auch Bitcoin zahlt keine Zinsen und in Zeiten, in denen es keine gibt, ist es mir fast egal, ob ich einen bestimmten Gewinn jetzt oder in 5 Jahren mache. Bei steigenden Zinsen muss der Investor aber abdiskontieren, wie viel er in dieser Zeit durch den Zins hätte verdienen können und abwägen, ob der Bitcoin wirklich so viel besser läuft.
Fazit
Rein theoretisch ist eine noch weitere Zinserhöhung schlecht für den Markt. Aber eben nur in der Theorie. Denn die aktuelle Inflation ist für die Unternehmen ein fast genauso großes Übel wie eine Rezession. Deswegen gibt es auch unter den Marktteilnehmern keine klare Meinung. Erhöht die FED die Zinsen stark, drängt sie - so hofft man - die Inflation zurück, doch ein "soft landing" ohne Rezession bleibt vermutlich aus. Erhöht man sie nicht, gibt es vielleicht keine schrumpfende Wirtschaft, aber eine Teuerungsspirale, die viele Unternehmen nicht überleben werden.
Egal, was also geschieht, nur die Glaskugel, die niemand hat, kann die Reaktion des Marktes absehen. Gerade jetzt ist es wichtig als Anleger seine eigenen Investmentansätze zu überprüfen und wenn diese noch intakt sind stur daran festzuhalten. Erhöhungen und Senkungen von Zinsen beeinflussen nur kurz- bis mittelfristig die Börsen, was bedeutet, dass der langfristige Anleger diesen Trend nicht verfolgen muss.