Die Hängepartie dauert nun schon fast ein Jahr. Im vergangenen Oktober entschied der Bundesfinanzhof (BFH), dass Verluste aus privaten Darlehen steuerlich geltend gemacht werden können (Az. VIII R 13/15). Er stellte sich damit eindeutig gegen die bisher von den Finanzämtern gelebte Verwaltungspraxis. Entsprechend schwer fällt dem Fiskus das Umdenken. So teilte die Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen Anfang 2018 in einer Kurzinformation mit, dass die Finanzbehörden das Urteil des BFH über den entschiedenen Einzelfall hinaus vorerst nicht anwenden werden.

Ein offizielles Statement der Behörden zur neuen Rechtslage steht aus. Wie aus der Finanzverwaltung zu hören ist, berät man immer noch, wie man mit dem teuren Richterspruch umgehen möchte. Vielleicht hofft man auf einen zweiten, für den Fiskus positiveren Richterspruch. Denn vor dem BFH ist zu der gleichen Rechtsfrage ein weiteres Verfahren anhängig (Az. X R 9/17). Allerdings ist hier eher nicht zu erwarten, dass der zuständige zehnte Senat die vom achten Senat gerade neu ausgerichtete Rechtsprechung gleich wieder einkassiert.

Deswegen ist es wahrscheinlich, dass das BFH-Urteil irgendwann allgemeine Wirkung bekommt. Im konkreten Fall ging es um ein unter Privatleuten vergebenes, mit fünf Prozent pro Jahr verzinstes Darlehen in Höhe von rund 20 000 Euro, das der Schuldner am Ende nicht zurückzahlen konnte. Die Grundkonstellation betrifft auch zahlreiche Anleger am Kapitalmarkt, die Anleihen von Pleiteunternehmen gezeichnet hatten und hohe Verluste verbuchen mussten. Prominente Fälle sind beispielsweise Infinus, KTG -Agrar, German Pellets und Prokon. Hier dürfen Investoren auf ein Trostpflaster vom Fiskus hoffen.

Auf mehrere Jahre verteilen



Auch wer von einer neuen Geschäftsidee eines Start-ups überzeugt war und dem Firmengründer mit einem privaten Darlehen eine Anschubfinanzierung gegeben hat, kann spätere Verluste der Kreditsumme jetzt mit anderen Kapitaleinkünften wie Zinseinnahmen, Dividenden und realisierten Kursgewinnen aus dem Verkauf von Aktien und Fondsanteilen verrechnen. Das spart Abgeltungsteuer, Solidaritätszuschlag und eventuell noch Kirchensteuer.

Reichen die Kapitaleinkünfte nicht aus, um eine vollständige Verrechnung der ausgefallenen Kreditsumme zu ermöglichen, trägt man den diese übersteigenden Verlustbetrag einfach in die nächsten Jahre vor. Er mindert dann die Kapitalerträge späterer Jahre. Verloren geht also nichts. Eine Verrechnung mit anderen steuerpflichtigen Einkünften, zum Beispiel aus einem Gewerbebetrieb oder Vermietung, ist allerdings gesetzlich nicht möglich.

Bislang hatten die Finanzämter strikt zwischen der eigentlichen Kapitalanlage in der privaten Vermögenssphäre und den daraus resultierenden steuerpflichtigen Erträgen unterschieden. Verluste des Kapitals will die Finanzverwaltung bisher nicht mit anderen steuerpflichtigen Einkünften verrechnen (Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 18. Januar 2016, Bundessteuerblatt 2016 Teil I Seite 85, Rz. 60). Das sieht der BFH aber neuerdings komplett anders.

Allerdings hat auch das oberste deutsche Finanzgericht klargestellt, dass eine Verlustverrechnung erst möglich ist, wenn der endgültige Zahlungsausfall des Schuldners definitiv feststeht. Wann das allerdings genau der Fall ist, ließen die Richter offen. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens allein soll dafür ausdrücklich nicht ausreichen - es könnte ja noch eine kleine Rückzahlungsquote ausgezahlt werden. Ist der Schuldner dagegen tatsächlich zahlungsunfähig und lehnt das Gericht die Eröffnung eines Insolvenz-verfahrens mangels Masse von vornherein ab, sollten die Verluste beim Fiskus auch durchgehen.

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Forderung wiederholen



Tipp: Betroffene Anleger machen ihre Verluste konsequent in den noch offenen Steuerjahren geltend und verweisen auf die neue Rechtsprechung des BFH. Lehnt das Finanzamt die Verlustverrechnung ab, weil es meint, der Darlehensausfall stehe noch gar nicht fest, wiederholt man seine Forderung einfach in jeder weiteren Steuererklärung. Spätestens nach Abschluss eines Insolvenzverfahrens ohne Quote für die Gläubiger müsste das Finanzamt die Verlustverrechnung akzeptieren. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass wenigstens am Ende ein Teil des verlorenen Geldes in Form einer Steuerrückzahlung zurückfließt.

Wer Verluste in früheren Jahren erlitten hat, sollte versuchen, seine alten Steuerbescheide ändern zu lassen. Am einfachsten geht das, wenn das Finanzamt den Steuerbescheid "unter dem Vorbehalt der Nachprüfung" erteilt hat. Ist das nicht der Fall, kann der alte Steuerbescheid nur noch unter sehr engen verfahrensrechtlichen Voraussetzungen nachträglich geändert werden. Hier lohnt sich bei größeren Verlustbeträgen eventuell ein Gespräch mit einem versierten Steuerberater.

Ebenfalls wichtig: Heben Sie alle Unterlagen zu dem Darlehen auf, und weisen Sie erfolglose Zahlungsaufforderungen anhand von Mahnschreiben und E-Mails nach.